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    Gamer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Gamer
    Von Christoph Petersen

    Peter Jackson musste zu Beginn des Millenniums noch die Herr der Ringe – Trilogie stemmen, um seinen Namen zu einer Marke zu machen. Inzwischen geht das natürlich alles viel schneller. Oren Peli gelang dies nun bereits mit seinem Debüt Paranormal Activity. Die Fans erwarten von seinem Folgeprojekt Area 51 nicht nur, dass es ähnlich gut wird, sie verlangen im Prinzip denselben Film einfach nochmal – nur eben mit Aliens statt eines Dämons. Auch das Regie-Duo Mark Neveldine und Brian Taylor hat bereits beim ersten Anlauf den Sprung zur Marke geschafft. Mit ihrem absurd-überhöhten Mit-High-Speed-durch-die-Popkultur-Erstling Crank schufen sie etwas vollkommen Neues, das sie mit dem Sequel Crank 2: High Voltage noch weiter auf die Spitze trieben. Es gab sogar einen – sehr guten – Nachahmer: Michael Davis‘ Shoot ‘Em Up. Doch ein solcher Segen kann auch schnell zum Fluch werden. Ihrem Science-Fiction-Actioner „Gamer“ nähern sich Neveldine und Taylor mit haargenau derselben Handschrift wie „Crank“, was nicht in allen Szenen gut geht.

    In naher Zukunft: Die Welt ist im Slayer-Fieber. Die gut betuchten Spieler erhalten mittels Nanotechnologie die absolute Kontrolle über eine Gruppe Todeskandidaten, die dann in einer Arena in einem Death Match gegeneinander antreten. Sollte einer der Gespielten 30 dieser Matches überleben, erwartet ihn die Freiheit. Der aussichtsreichste Anwärter auf eine Entlassung ist Kable (Gerard Butler), der sich seinen Weg bereits durch 27 Runden geballert hat. Ken Castle (Michael C. Hall), der Erfinder des Spiels, hat jedoch ganz andere Pläne, als einen seiner Schützlinge einfach laufen zu lassen. Zum Glück für Kable hat sich inzwischen eine breite Front gegen Castle gebildet, die sich Humanz nennt und ihm die Flucht aus der Slayer-Arena ermöglicht…

    Während das Second-Life-Phänomen schwer auf dem absteigenden Ast ist, nimmt Hollywood in Sachen virtueller Realität weiterhin eine Vorreiterrolle ein. In dem Sci-Fi-Thriller Surrogates mit Bruce Willis gehen die Menschen nicht mehr selbst an die frische Luft, sondern steuern bequem von Zuhause aus Roboter, die sie im alltäglichen Leben vertreten. Erschreckender als Slayer, dessen Prinzip ein wenig an den Jason-Statham-Actioner Death Race erinnert, ist jedoch jene virtuelle Realität, mit der „Gamer“-Bösewicht Ken Castle sein Vermögen gemacht hat. Society ist eine konsequente Weiterentwicklung von Second Life, bei der die User keine Avatare, sondern gemietete Menschen durch eine schöne neue Werbewelt lenken: bunt, sexy, futuristisch - Dark Rooms inklusive. Hier steuern schmierige Fettsäcke schöne junge Frauen, um sich dann von einem anderen Kerl mal ordentlich durchnudeln zu lassen.

    In „Gamer“ finden sich wieder jede Menge typische Neveldine/Taylor-Momente. Etwa wenn Kable erst eine Flasche Fusel auf ex leert, um dann den Tank eines Fluchtwagens mit seinem hochprozentigen Mageninhalt vollzukotzen. Oder eine jazzige Musical-Einlage, die in eine ähnlich choreographierte, sehr brutale Schlägerei ausartet. Bei den „Crank“-Filmen ging dieses Konzept, nur lose zusammenhängende Over-the-Top-Szenen aneinanderzureihen, voll auf. Schließlich bestand die Story nur darin, dass Chev Chelios auf der Suche nach Adrenalin oder Elektroschocks von einer absurden Situation in die nächste stolpert. „Gamer“ zeigt nun leider, dass diese Methode weit weniger dazu geeignet ist, tatsächlich eine Geschichte zu erzählen. Sicherlich machen die abgefahrenen Einfälle noch immer Laune, doch ein echtes Interesse am Fortgang der Handlung zu entwickeln fällt schwer. Nachdem sich die Form-über-Inhalt-Frage bei „Crank“ gar nicht stellen konnte, weil sich der Film jedes Inhalts verweigerte, drängt sie sich diesmal umso nachhaltiger auf.

    In der ersten Hälfte mäht Gerard Butler (300, Die nackte Wahrheit, Gesetz der Rache) seine Gegner fremdgesteuert nieder, in der zweiten tut er es dann freiwillig. Ein Profil entwickelt er dabei nicht, die Liebe zu seiner Frau - und damit sein Antrieb - bleibt nebulös. Die Serienstars Michael C. Hall („Six Feet Under“, serie,Dexter) als größenwahnsinniger Neo-Steve-Jobs und Kyra Sedgwick („The Closer“, Daddy ohne Plan) als Talkshowhost mit einer Vorliebe für Fastfood funktionieren als skurrile Charaktere, wie sie Chev Chelios in den „Crank“-Filmen zu Hauf über den Weg laufen. Vollkommen verschenkt sind hingegen die beiden Humanz-Mitglieder Ludacris (2 Fast 2 Furious, Max Payne) und Alison Lohman (Big Fish, Drag Me To Hell), wobei man zweitere auch hätte ersatzlos aus dem Drehbuch streichen können. Einzig Amber Valletta (Hitch, Die Vorahnung), die sich nach der Inhaftierung ihres Mannes von ekligen Typen durch die Welt von Society steuern lässt, um über die Runden zu kommen, entwickelt eine gewisse Tiefe.

    Fazit: „Gamer“ strotzt vor kleinen inszenatorischen Einfällen, doch der Erzählbogen bleibt zwischen den orgiastischen Schnittfolgen schnell auf der Strecke.

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