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    Agora - Die Säulen des Himmels
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Agora - Die Säulen des Himmels
    Von Christian Horn

    Der Spanier Alejandro Amenábar hat bisher in jedem seiner Filme etwas Neues ausprobiert: Nach seinem Langfilmdebüt, dem psychologischen Thriller „Faszination", erlangte er mit dem vielschichtigen Thriller-Drama Öffne die Augen (das Original von Vanilla Sky) internationale Berühmtheit. Es folgten das subtile Gruselstück The Others und das oscarprämierte Biopic Das Meer in mir – beides veritable Erfolge. Mit seinem fünften Spielfilm wagt sich Alejandro Amenábar nun an ein Historien-Drama und zugleich in die Gefilde des Big-Budget-Kinos. Mit großem Ausstattungsaufwand erzählt „Agora – Die Säulen des Himmels" eine im Alexandria der Spätantike angelegte Emanzipationsgeschichte, die auf „wahren Ereignissen" beruht. Rachel Weisz (The Fountain, In meinem Himmel) dominiert den Film, der zwar viele Schauwerte zu bieten hat, aber – gerade weil er sich zu sehr auf diese verlässt – nicht vollends überzeugt.

    Im Jahr 291 nach Christus steht Ägypten unter der Herrschaft des Römischen Reichs, das sich gerade in der Auflösung befindet. In Alexandria lebt die ebenso schöne wie intelligente Hypatia (Rachel Weisz), die Tochter des Philosophen Theon (Michael Lonsdale, Goyas Geister) und eine begnadete Astronomin, die ihr Leben der Wissenschaft widmet und als Professorin lehrt. Vor dem Hintergrund eskalierender Straßenkämpfe zwischen Christen und Heiden verlieben sich zwei Männer in Hypatia: ihr Sklave Davus (Max Minghella, Syriana) und ihr Schüler Orestes (Oscar Isaac, Der Mann, der niemals lebte). Gleichzeitig muss sich Hypatia gegenüber den Stadtherren behaupten, die ihr die Leitung der renommierten Bibliothek von Alexandria nur deshalb nicht überlassen wollen, weil sie eine Frau ist...

    Das Kernthema von „Agora" ist der ewige Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft. Hypatia ist bekennende Atheistin und eine durch und durch rational denkende Wissenschaftlerin, die sich vornehmlich mit dem Sonnensystem beschäftigt. Das stößt nicht überall auf Beifall, besonders weil die junge Frau die Annahme anzweifelt, dass die Erde den Mittelpunkt des Universums darstellt. Der Wissenschaft (und damit Hypatia) gegenüber steht das noch junge Christentum, das sich gerade anschickt, seine Vormachtstellung gegenüber den polytheistischen Heiden zu auszubauen. Auf dem Marktplatz (griechisch: Agora) schaukeln sich die religiösen Debatten immer weiter hoch, bis sie in blutigen Auseinandersetzungen eskalieren. Davus etabliert sich dabei als Hoffnungsträger der Christen und wendet sich von Hypatia ab, auch wenn er sich zuvor in sie verliebt hat.

    Auch die zweite Liebesgeschichte des Films darf kein Happy End haben. Orestes verliebt sich in seine Lehrerin, die jedoch nur an die Wissenschaft und nicht an die Liebe glaubt. Schon an dem Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Hypatia und Orestes wird der emanzipatorische Gestus des Films deutlich. Die starke Frau verschmäht den Mann nicht nur, nein, sie ist ihm sogar überlegen. Dass sie in der Gesellschaft trotz ihrer ausgeprägten Fähigkeiten auf Widerstände stößt, unterstreicht den Emanzipationsaspekt weiter. Denn wann hat schon mal eine Frau die Hauptrolle in einem Historienschinken übernommen?

    Alejandro Amenábar inszeniert das alles als Big-Budget-Drama. Groß angelegte Kulissen, akkurate Kostüme, viele historische Details, ausschweifende Kamerafahrten (inklusive imposanter Vogelperspektiven) und der Einsatz dramatischer Orchestermusik unterstreichen den Willen zum Blockbuster. Leider geht bei all dem Pomp viel von der eigentlichen Geschichte verloren. Die Charaktere stehen hinter der Ausstattung oft nur an zweiter Stelle und es bleibt festzuhalten, dass Alejandro Amenábars bisherigen, eher reduzierten Filme besser funktioniert haben – schlicht, weil sie stimmiger daherkamen und nicht oberflächliche Schauwerte über innere Kohärenz stellten. Auch die Zwischenschnitte in die Weiten des Alls, die vereinzelt während Hypatias Astrologie-Vorlesungen vorkommen, sind Ausdruck dieser Schieflage. Diese sehen an sich zwar gut aus, stehen dem Film selbst aber eher im Weg, weil sie über den Status eines hübsch-belanglosen Ornaments hinaus nichts zu bieten haben. Ähnlich verhält es sich mit einigen Kamerafahrten, die kaum Hand und Fuß haben, sondern lediglich marktschreierisch verkünden: Seht her, wir waren teuer!

    Mit „Agora" wollte Alejandro Amenábar seiner Filmographie endlich einen Blockbuster hinzufügen: Die dahingehenden Ambitionen sind zumindest kaum zu verkennen. Auch die Tatsache, dass die spanische Produktion in englischer Sprache gedreht wurde, fügt sich in dieses Bild. Obwohl Alejandro Amenábar es nicht immer versteht, die für ihn neuen Möglichkeiten sinnvoll mit dem Inhalt zu verknüpfen, ist ihm insgesamt dennoch ein recht unterhaltsames Historienepos gelungen: Eine Vertiefung der in der Anlage spannenden Thematik hätte dem Film trotzdem gut zu Gesicht gestanden.

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