Mein Konto
    Albino Alligator
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Albino Alligator
    Von Björn Becher

    Kevin Spacey auf dem Regiestuhl? Was kann man davon erwarten, wenn der zweifache Oscargewinner und einer der besten Schauspieler unserer Zeit zum ersten Mal (2004 legte er mit dem Musikerbiopic Beyond The Sea eine weitere Regiearbeit vor) hinter die Kamera geht? Recht viel, denn Spacey hat zudem noch für die Rollen vor der Linse ein Staraufgebot versammelt. Sogar kleine Nebenrollen sind mit bekannten Namen besetzt. Vor allem die Hauptdarsteller prägen den Thriller „Albino Alligator“, der sich als geschicktes, doppelbödiges Experiment auf engem, die Spannung konzentrierenden Raum erweist.

    Der Film spielt fast ausschließlich in einer kleinen Bar. Dorthin flüchten sich die drei Kleinganoven Dova (Matt Dillon), Milo (Gary Sinise) und Law (William Fichtner), als ein Einbruch schief läuft. Innerhalb von wenigen Minuten ist das Gebäude von Polizei und FBI umstellt, es gibt keinen Hinterausgang, und Milo ist schwer verletzt. Eine Geiselnahme ist die einzige Rettung der drei. Was sie allerdings nicht wissen: Die Polizei war nicht hinter ihnen her, sondern hat sie nur verwechselt. Sie wollten eigentlich den Waffenschieber Guy Foucard (Viggo Mortensen) schnappen. Dieser ist nun auch in der Bar: als Geisel. Unter dem Druck der Polizeibelagerung droht die Situation immer mehr zu eskalieren. Law ist bereit, Geiseln zu töten, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Milo will dagegen alles tun, um zu verhindern, dass Menschen zu Schaden kommen und Dova sitzt zwischen den Stühlen. Konflikte entstehen...

    Kevin Spacey konzentriert sich fast ausschließlich auf das Geschehen in der Bar und dort auf den psychologischen Konflikt der drei Geiselnehmer und auf die Streitigkeiten zwischen ihnen. Geschickt nutzt er die Protagonisten als Symbole für die drei Stufen der Pyramide des Freudschen Instanzenmodells. Der von William Fichtner (Prison Break, Heat, Contact) gespielte Law ist das „Es“, der von Gary Sinise (Kopfgeld, Apollo 13) gespielte Milo das „Über-Ich“. Matt Dillon (Verrückt nach Mary, L.A. Crash) verkörpert das „Ich“. Er wird beeinflusst und schwankt zwischen beiden Seiten, zwischen der Vernunft seines Bruders Milo zum einen und Laws niederen Instinkten zum anderen. Aber, wie es so oft ist, wird das andere stärker, attraktiver, das „Es“ übt den größeren Druck aus.

    Diese Art der Schilderung ist ein geschickter Schachzug, der dem Film eine tiefere Ebene gibt und die Konflikte zwischen den Personen interessant macht. Zum Glück können die drei Darsteller in diesen Rollen vollauf überzeugen. Leider verkommt das Randgeschehen auch wirklich zum Rand. Die Spannung erzeugt sich nicht mehr direkt durch die Frage, wie die Geiselnahme ausgeht, sondern eher dadurch, wie sich Dova entscheiden wird. Es werden keine weiteren Spannungselemente von außen herein getragen. Vor allem von der Rolle Viggo Mortensens (Tödliche Versprechen, A History Of Violence, Herr der Ringe - Trilogie) hätte man sich da etwas mehr erhofft. Er ist der eigentlich von der Polizei Gesuchte und müsste sich theoretisch etwas einfallen lassen, um sich selbst aus der Patsche zu helfen. Er reagiert lange Zeit aber zu passiv und auch gegen Ende ist sein Handeln eher unverständlich.

    Die restlichen Nebenrollen stehen allzu sehr im Hintergrund, sind fast nur Statisten. Einzig und allein Faye Dunaway (Chinatown, Bonnie And Clyde) kann sich als vorlaute Kellnerin zu Beginn des Streifens noch etwas profilieren. Die Aufgabe von Skeet Ulrich (Scream, Besser geht´s nicht) und John Spencer (Cop Land, The Rock) beschränkt sich hauptsächlich aufs still herumsitzen.

    Nichtsdestotrotz legte Kevin Spacey 1996 mit „Albino Alligator” nicht nur ein ambitioniertes Filmprojekt mit einer guten Ausgangsidee vor, sondern überzeugte auch weitestgehend bei der Umsetzung. Die Konzentration auf die drei Hauptfiguren funktioniert hervorragend, allerdings hätte man trotz dieser Ausrichtung den Nebengeschehnissen noch etwas mehr Aufmerksamkeit widmen müssen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top