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    Brave Story
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Brave Story
    Von Christoph Petersen

    Auf dem deutschen DVD-Markt bieten sich dem gemeinen Anime-Fan mittlerweile extrem breitgefächerte Möglichkeiten – auch die speziellsten Nischenangebote lassen sich heute problemlos auftreiben. Ganz anders sieht es mit Animes im Kino aus. Nachdem es zunächst nur die Leinwandableger der RTL-2-Serien „Pokemon“, „Digimon“ und Yu-Gi-Oh schafften, kommen inzwischen zumindest die Werke von Hayao Miyazaki (Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland, Das wandelnde Schloss, Das Schloss im Himmel) und seinem Studio Ghibli (Tales From Earthsea) regelmäßig in die Lichtspielhäuser. Doch nun macht sich der DVD-Verleih „AV Vision“ auf, diesen auf Dauer sicherlich unhaltbaren Zustand zu ändern – und bringt die vielversprechendsten seiner Animes vor der DVD-Auswertung in die Kinos: Im vergangenen Jahr wurde mit Mamoru Hosodas Zeitreise-Märchen Das Mädchen, das durch die Zeit sprang ein gelungener Anfang gemacht, nun geht das Projekt mit Kôichi Chigiras Fantasy-Abenteuer „Brave Story“ - bei gleichbleibender Qualität - in die zweite Runde.

    Wataru ist am Boden zerstört. Gerade musste er miterleben, wie sein Vater die Familie verlassen und seine Mutter daraufhin einen Zusammenbruch erlitten hat. Doch da eröffnet sich dem Fünftklässler die einmalige Gelegenheit, den ganzen Schlamassel wieder in Ordnung zu bringen. Mitsuo, der Neue aus der Parallelklasse, zeigt ihm den Weg in eine magische Welt: Jeder, der das Tor nach „Vision“ durchschreitet, erhält die Chance, sein Schicksal zu ändern. Hierfür muss derjenige nur fünf Diamanten finden und sich mit diesen zur Schicksalsgöttin durchschlagen. Wataru freundet sich schnell mit der Trapezakrobatin Meena, der Kriegerin Kattsu und dem riesigen Kee Keema vom Volk der Wasserleute an. Gemeinsam mit seinen neuen Kameraden stürzt sich der erst elfjährige Heldenlehrling in einen Haufen von Abenteuern. Doch auch Mitsuo will sein Schicksal ändern – im Gegensatz zu Waturu, der sein Ziel mit Mut und Freundschaft zu erreichen versucht, ist Mitsuo jedoch jedes Mittel recht, um in den Besitz der begehrten Diamanten zu gelangen…

    Die Abenteuer, die Wataru in Vision durchlebt, sind sicherlich nicht die ausgefallensten – er kämpft in der Höhle der Prüfungen gegen ein Wassermonster, bricht aus einem Gefängnis aus und rettet schlussendlich die ganze Fantasy-Welt. Dennoch macht es überraschend viel Spaß, Wataru bei seiner Reise zu begleiten. Die recht abwechslungsreichen Herausforderungen werden in einem so tierisch hohen Tempo nacheinander abgeschossen, dass man eh kaum zum Durchschnaufen beziehungsweise Nachdenken kommt. Besonders gelungen ist dabei die Verknüpfung von Watarus Heldendasein mit seinen Problemen in der realen Welt – sein Kampf um eine heile Familie wirft auch in Vision spannende moralische und praktische Fragen auf. Noch viel radikaler zeigt sich dieses parallele Vorgehen bei Mitsuo: (Spoiler!) Auch er ist nach Vision gekommen, um sein Schicksal zu ändern. Nur hat sein Papa die Familie nicht einfach nur verlassen, nein, sein Vater ist Amok gelaufen und hat seine Frau, Mitsuos Schwester und alle männlichen Bekannten seiner Gattin umgebracht. So Disney – nun kommst Du… (Spoiler Ende!)

    John Lasseters „Toy Story“ hat den Krieg Mitte der 1990er ausgelöst, der immer noch zwischen 2D- und 3D-Animationsfilmen tobt und der – zumindest wenn man nach den Box-Office-Ergebnissen geht – schlussendlich wohl recht eindeutig zu Gunsten der dritten Dimension ausfallen wird. Im Fall von „Brave Story“ herrscht jedoch Waffenstilstand und die beiden Animationsarten existieren friedlich nebeneinander. Während die Charaktere in der herkömmlichen Manga-Manier gezeichnet sind, wurden zahlreiche Hintergründe und einige Ungeheuer in 3D computeranimiert. Sicherlich ist „Brave Story“ beileibe nicht der erste Film, der diesen Mittelweg geht – dennoch sind einige aufregende Kompositionen dabei herausgesprungen: Die Stadt Lilith, die stark an das reale Venedig erinnert, bietet etwa einen ergiebigen Hintergrund für eine Handvoll Abenteuer. Und auch die Dämonenhorden, die im Showdown über Vision hereinbrechen, wirken eindrucksvoll. Am besten funktioniert das Animations-Mischmasch aber trotzdem immer dann, wenn 2D-Figuren gegen 3D-Kreaturen direkt antreten – beispielsweise beim Kampf zwischen Wataru und einer Gruppe von CGI-Laubmonstern.

    Fazit: „Brave Story“ ist ein spannendes Anime-Abenteuer, das vor allem mit seiner abwechslungsreichen 2D/3D-Optik und dem erfrischend ernsten Umgang mit den Problemen seiner kindlichen Protagonisten punktet.

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