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    Feast
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Feast
    Von Jens Hamp

    Während Deutschland immer noch verzweifelt den nächsten Musiksuperstar sucht, sind die Amerikaner bereits einen entscheidenden Schritt weiter. Bereits mehrfach haben Matt Damon und sein Busenfreund Ben Affleck in der TV-Reihe „Project Greenlight“ den nächsten Amateur-Filmhit gesucht. Zahllose Skripte wurden eingesandt und nach der Gewinnerwahl wurde von den Dreharbeiten berichtet. Während aus den ersten beiden Staffeln noch dramatische Stoffe („Stolen Summer“, „The Battle Of Shaker Heights“) als Gewinner hervorgingen, wurde im Frühjahr 2005 das Drehbuch für eine überspitzte Horrorkomödie zum Sieger erkoren. Das von den Autoren Marcus Dunstan und Patrick Melton (Saw 4 und Saw 5) ersponnene „Feast“ hatte grünes Licht – und herausgekommen ist ein blutig-schleimiger Spaß für zwischendurch, der das Rad des Genres zwar nicht neu erfindet, aber mit seinen zahlreichen kleinen Einfällen kurzweilig zu unterhalten versteht.

    Mitten in der texanischen Wüste trifft eine wild zusammengewürfelte Gruppe von Verlierern in einer staubigen Kneipe zusammen. Es wird Pool gespielt und gemütlich Alkohol getrunken – bis plötzlich ein bewaffneter Mann in den Schankraum platzt und einen abgetrennten Monsterkopf präsentiert. Er und seine Frau konnten sich vor den angreifenden Biestern gerade noch retten, dummerweise steuert die hungrige Brut nunmehr direkt auf die Bar zu. Den Gästen scheint ihr letztes Stündchen geschlagen zu haben. Doch bevor sie ihrem Schöpfer gegenübertreten treten, verteidigen sie sich standhaft…

    Auf den ersten Blick wirkt es so, als sei das Drehbuch der siegreichen Autoren nicht mit übermäßigem Einfallsreichtum gesegnet. Die mit leichtem Westernflair angereicherte Handlung erinnert nicht nur an den Monsterfilmklassiker Tremors – Im Land der Raketenwürmer, wenn etwa die wieselflinke Monsterbrut plötzlich aus dem Untergrund angreift, sondern bedient zunächst auch sonst die üblichen Klischees. Ohne große Umschweife wird das „Feast“ auf das Geschehen in der Kneipe gelenkt. Auf Charakterzeichnung wird gleich gänzlich verzichtet. Dieses Szenario entspricht daher nicht unbedingt dem klassischen Bild eines Gewinners – aber auch die Sieger der deutschen Castingshows sprachen ja bisher nicht unbedingt immer für künstlerische Kreativität.

    Im Falle des blutigen Festmahles dürften wohl eher die kleinen Feinheiten, mit denen Dunston und Melton das Skript würzen, ausschlaggebend gewesen sein. Um dem Zuschauer wenigstens kleine Anhaltspunkte zu den Figuren zu geben, werden diese in Standbildern hastig vorgestellt. Die eingeblendeten Texttafeln können vor allem mit ihren ironischen Angaben zu den Lebensprognosen punkten. Insbesondere ermöglicht diese oberflächliche Charakterisierung, die sogar in überwiegender Namenlosigkeit der Figuren gipfelt, auch ein gelungenes Spiel mit den üblichen Genreklischees. Hier ist wahrlich niemand vor einem fiesen Tod gefeit: sei es der Rollstuhlfahrer, der farbige Soldat, der Dorftrottel oder das unschuldige Kind, dessen Mutter im Nebenzimmer mit dem übergewichtigen Boss schläft.

    Obgleich diese Verstöße gegen die ungeschriebenen Filmgesetze durchaus erfrischend sind, wirkt „Feast“ zeitweise zu gewollt auf Coolness getrimmt. Insbesondere die vorstellenden Texteinblendungen entfalten nach einer gewissen Zeit eher eine enervierende als eine unterhaltende Wirkung. Diese Mängel des Drehbuchs versucht Regiedebütant John Gulager, mit einer rasanten Inszenierung in den Hintergrund zu drängen. Eine Taktik, die über weite Strecken voll aufgeht. Obgleich das Budget verhältnisgemäß spärlich ausfiel, wirkt der Film optisch wie aus einem Guss. Ihre visuelle Kreativität leben die Filmemacher natürlich insbesondere bei den zahlreichen Tötungsmethoden voll aus. Mit viel Überspitzung und – was äußerst erfreulich ist – nahezu ohne Computereffekte wird das Kunstblut gleich literweise verspritzt. Aber selbst wenn hier Köpfe zerplatzen und Beine gekürzt werden, steht „Feast“ in keinem Zusammenhang mit der aktuell grassierenden „Torture Porn“-Welle. Das comichafte Augenzwinkern ist einfach nicht zu übersehen.

    Schließlich tragen zu dem ironischen Unterton auch die überraschend namhaften Darsteller bei. Balthazar Getty (serie,2, „Der Herr der Fliegen“) wirft sich als Taugenichts in den Kampf mit den bizarren Monstern, Stiernacken-Rocklegende Henry Rollins (Wrong Turn 2, Lost Highway) schlüpft zwangsweise in eine rosa Jogginghose und Jason „Jay“ Mewes (Clerks 2, Jay & Silent Bob schlagen zurück) spielt der Einfachheit halber sich selbst – und geht mit seinem filmischen Ego bereits nach wenigen Minuten über den Jordan. Sicherlich werden während der achtzigminütigen Tour de Blood an die Darsteller keine erhöhten Anforderungen gestellt, das Ensemble hat aber sichtlich Spaß bei der Arbeit und belebt die hauchdünnen Charaktere auf vergnügliche Weise.

    They're hungry. You're dinner.

    Das nicht zimperliche Festmahl ist angerichtet. Mit großer Freude verstoßen die Drehbuchautoren gegen zahlreiche Genrekonventionen und können so den Zuschauer trotz gewöhnlichen Storygerüstes immer wieder überraschen. Obgleich dem Projekt nur wenige Dollars zur Verfügung standen, werden die Effektmängel mit schnellen Schnitten übertüncht. Unter dem Strich entdeckt „Feast“ das Genre sicherlich nicht neu und kann der noch abstruseren Genregröße From Dusk Till Dawn nicht annähernd das Wasser reichen. Der prominent mit seinen namhaften Produzenten Damon/Affleck werbende Film bereitet aber unzweifelhaft Spaß und das haben in der letzten Zeit nur wenige Horrorfilme geschafft.

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