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    Lohnt sich Henry Cavills Abschiedsvorstellung als "The Witcher"? Unsere Serien-Kritik zu Staffel 3 auf Netflix
    Julius Vietzen
    Julius Vietzen
    -Redakteur
    Seit dem ersten "The Witcher"-Spiel ist Julius ein Fan, der natürlich auch die anderen Spiele, Bücher & Geschichten sowie die Serien verschlungen hat.

    In der dritten Staffel „The Witcher“ tritt Henry Cavill zum letzten Mal als Hexer Geralt auf. Nun sind die ersten fünf Folgen von Season 3 bei Netflix erschienen. In unserer Kritik erfahrt ihr, ob Cavills Abschiedsvorstellung gelungen ist oder nicht.

    The Witcher“ hat im Laufe von drei Staffeln eine interessante Entwicklung durchlaufen: Nach der packenden, actionreichen, aber erzählerisch teils vogelwilden ersten Staffeln folgte eine reifere, aber teilweise auch deutlich langweiligere zweite Staffel, die mit zahlreichen Änderungen zudem einige Fans der Bücher und Videospiele vergraulte. Bei Staffel 3, deren erster Teil am 29. Juni 2023 bei Netflix erschienen ist, müssen die Verantwortlichen um Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich nun einen schwierigen Balanceakt meistern:

    Season 3 orientiert sich nämlich wieder deutlich mehr an der Buchvorlage von Andrzej Sapkowski, setzt aber trotzdem eigene inhaltliche Schwerpunkte und muss zudem Action, Monster und Intrigen mit einem großem Figurenarsenal unter einen Hut kriegen. Das gelingt jedoch nur in der guten Auftaktfolge sowie im meisterlich erzählten (Halb-)Finale in Episode 5. Zwischenzeitlich bremsen die zahlreichen Handlungsstränge und Nebenfiguren „The Witcher“ immer wieder aus – und lenken vom emotionalen Kern der Handlung um Geralt, Yennefer und Ciri ab.

    Netflix/Susie Allnutt
    Ciri, Geralt & Yennefer sind das Highlight von Staffel 3.

    Nachdem sie Ciri (Freya Allan) vor der Wilden Jagd und der Dämonin Voleth Meir gerettet haben, ziehen Geralt (Henry Cavill) und Yennefer (Anya Chalotra) gemeinsam mit ihr über den Kontinent, immer auf der Suche nach neuen Verstecken vor den zahlreichen Königen, Zauberinnen und Bösewichten, die auf der Jagd nach Ciri sind. Dabei nähern sich der Hexer und Yennefer langsam wieder an. Doch ein gemeinsames Familienglück ist den Dreien nicht lange vergönnt...

    Nachdem der Versuch, dem Feuermagier Rience (Sam Woolf ersetzt Chris Fulton) eine Falle zu stellen, aufgrund der Einmischung von Elfenanführerin Francesca (Mecia Simson) nicht aufgeht, trennen sich die Wege des Trios: Während sich Geralt auf die Jagd nach Rience und dessen geheimnisvollen Meister begibt, machen sich Yennefer und Ciri auf den Weg in Richtung der Magie-Schule Aretuza. Hier soll Ciri endlich lernen, mit ihren gewaltigen Kräften umzugehen...

    Ungewohnter, aber gelungener Auftakt

    „The Witcher“ Staffel 3 beginnt ganz anders als man es bisher von der Netflix-Serie kennt – zumindest nachdem Geralt mit dem schurkischen Professor (Sunny Patel) und dessen Schergen in gewohnter Manier kurzen Prozess gemacht hat: In einer amüsanten und schön bebilderten Montage ziehen Geralt, Yennefer und Ciri von Versteck zu Versteck, wobei Geralt jedes Mal vergeblich versucht, mit einem Sack Gold das Schweigen ihrer Gastgeber zu erkaufen.

    Erst bei Geralts altem Freund, dem Zwerg Yarpen Zigrin (Jeremy Crawford), finden die drei eine Zeitlang so etwas wie ein Zuhause und wir können ihnen beim Vater-Mutter-Kind-Spielen zuschauen, was für einige sehr schöne, herzerwärmende Momente sorgt.

    Trotzdem kommen die bekannten Stärken von „The Witcher“ nicht zu kurz, wenn das Trio etwa gemeinsam ein Monster erledigt (quasi die böse Version von Gürteltier Tuk Tuk aus „Raya und der letzte Drache“). Zudem metzeln Geralt und (!) Ciri bei dem fehlgeschlagenen Hinterhalt für Rience gleich Dutzende von Gegnern nieder – und zwar ganz im Stile des Blaviken-Gemetzels aus Staffel 1 in einer einzigen langen Einstellung ohne sichtbare Schnitte.

    Altbekannte Probleme

    Ab Folge 2 zeigen sich dann jedoch die Probleme der dritten Staffel – und es sind größtenteils dieselben wie bei Season 2: „The Witcher“ schleppt einfach zu viele Figuren und Handlungsstränge mit sich herum! Während Yarpen Zigrin in Folge 1 noch einen kurzen Auftritt hat, ohne gleich seinen eigenen Handlungsstrang bekommen zu müssen, treten in den folgenden Episoden dann nämlich auch die zahlreichen anderen Nebenfiguren auf – und bekommen dabei fast durch die Bank viel zu viel Leinwandzeit.

    Das lenkt nicht nur von der Geschichte um Geralt, Yennefer und Ciri ab, sondern ist zumindest in diesen ersten fünf Episoden auch deutlich uninteressanter als dieser zentrale Handlungsstrang – egal ob nun Meisterspion Dijkstra (Graham McTavish) und Zauberin Phillipa Eilhart (Cassie Clare) Pläne schmieden oder Francesca und Neuzugang Gallatin (Robbie Amell) über das richtige Vorgehen im Elfen-Freiheitskampf streiten.

    Netflix/Susie Allnutt
    In "The Witcher" gibt es einfach zu viele Figuren.

    Auch wenn all diese Figuren im Staffel-Halbfinale (dazu später mehr) noch einmal wichtig werden, entsteht erst einmal der Eindruck, dass Personen wir Nilfgaard-Offizier Cahir (Eamon Farren) oder die in Ungnade gefallene Zauberin Fringilla (Mimi Ndiweni), die zur Vorkosterin degradierte wurde und deswegen ständig sturzbesoffen ist, als Altlasten oder Füllmaterial herumgeschleppt werden. Kein Vergleich zu „Game Of Thrones“, wo die Verantwortlichen scheinbar mühelos und größtenteils ohne Durchhänger Schauplätze, Handlungsstränge und Figuren jongliert haben.

    Auch der Spagat zwischen eigenen Schwerpunkten für die Serie und einer näheren Orientierung an der Buchvorlage gelingt in den mittleren Folgen nur selten. Wenn Ciri etwa mit Yennefer einen Markt besucht, wo die Zauberin einige Kolleginnen trifft und Ciri ein Monster bekämpft, wirkt das eher wie ein Abhaken der bekannten Handlungelemente aus dem Roman „Die Zeit der Verachtung“. Und Ciris anschließende Flucht vor der Wilden Jagd samt ihrer Rettung durch Geralt wird dann derart überhastet abgefrühstückt, dass es endgültig wie eine Pflichtübung wirkt.

    Was für ein Finale!

    Mit dem Finale von Folge 4 sowie vor allem der anschließenden fünften Episode findet „The Witcher“ Staffel 3 dann jedoch in die Spur zurück – und wie! Im Finale in Aretuza treffen nicht nur die (zu) vielen Handlungsstränge und Figuren endlich aufeinander, vor allem erweist sich diese Folge als inszenatorisches und erzählerisches Kunststück, wie man es gerade im Serienbereich viel zu selten sieht.

    Im Mittelpunkt der Folge stehen Yennefer und Geralt, die im Laufe eines Balls in Aretuza zahlreiche Figuren treffen, tanzen und versuchen, den wahren Drahtzieher hinter der Jagd auf Ciri zu entlarven. Dafür haben sich Regisseur Loni Peristere und Drehbuchautorin Clare Higgins einen ganz besonderen Kniff ausgedacht: Sie erzählen in einer Reihe von Rückblenden denselben Abend, und zwar in mehreren Durchläufen und aus unterschiedlichen Perspektiven, wobei jedes Mal neue Infohäppchen und Puzzleteile zusammenkommen.

    Susan Allnutt/Netflix
    Geralt und Yennefer auf dem Ball in Aretuza

    So kann das Publikum quasi gemeinsam mit Geralt und Yennefer, die zwischenzeitig immer wieder beim Sex in ihren Gemächern zu sehen sind und die Ereignisse auf dem Ball Revue passieren lassen, das Puzzle zusammensetzen. So fühlt sich Episode 5 wie ein Finale an, obwohl die Folge auf einem Cliffhanger endet und der eigentliche Höhepunkt der Staffel ja erst noch kommt...

    Der erste Teil von „The Witcher“ Staffel 3 ist wie eingangs erwähnt seit dem 29. Juni 2023 bei Netflix verfügbar. Teil 2 alias Ausgabe 2 folgt dann am 27. Juli 2023. Dann gibt es noch einmal drei neue Folgen der insgesamt achtteiligen Staffel.

    "The Witcher" ohne Henry Cavill – nicht das schnelle Aus, das Fans befürchteten: 5. Staffel der Netflix-Serie kommt

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