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    "Zu meiner Zeit drehte man einfach die Liebesszene und ging weiter": Michael Caine rätselt über Intimitätskoordinatoren in Hollywood
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

    Gerade hat Michael Caine seine Schauspielkarriere beendet. Der 90 Jahre alte Lieblingsstar von Christopher Nolan (u. a. „The Dark Knight“-Trilogie) geht wohl zur richtigen Zeit. Denn mit einigen Neuerungen kann er nicht mehr viel anfangen.

    Wild Bunch Germany

    Dass es Veränderungen und Modernisierungen gibt, hat oft seinen Grund und ist dann auch eine gute Sache. Doch nicht allen fällt es einfach, mit der Zeit zu gehen und diese Neuerungen zu akzeptieren – gerade, wenn sie jahrzehntelang nur einen einzigen, anderen Weg kennengelernt haben und vielleicht gar nicht mitbekommen haben, dass dieser Weg Probleme verursacht hat. Ein sehr gutes Beispiel ist Michael Caine und seine Meinung zur Rolle von Intimitätskoordinatoren und Intimitätskoordinatorinnen in Hollywood.

    In einem seiner letzten Interviews wurde der kürzlich in Rente gegangene Caine von der Daily Mail darauf angesprochen und nach seiner Meinung gefragt.

    "Gott sei Dank spiele ich keine Liebhaber mehr!"

    Offensichtlich war ihm dieser auch als Intimitätscoach bezeichnete Job bislang gar nicht bewusst und so fragte erst einmal nach: „Wirklich? Ernsthaft? Was machen die?“. Dann machte er deutlich, dass er wenig davon hält:

    „Das hatten wir zu meiner Zeit nie. Gott sei Dank bin ich 90 Jahre alt und spiele keine Liebhaber mehr, das ist alles, was ich sagen kann. Zu meiner Zeit drehte man einfach die Liebesszene und ging weiter, ohne dass sich jemand einmischte. Das hat sich alles geändert“.

    Michael Caine: Bereit zu Lernen

    Caine macht allerdings deutlich, dass er kein alter Dinosaurier sein will, der solche Veränderungen verteufelt. Er versuche Dinge wie eine sich verändernde Sprache zu lernen, es sei aber in seinem Alter „hart“. Als Hilfe erweisen sich dabei seine sieben Enkelkinder und jüngere Freund*innen.

    Da der zweifache Oscarpreisträger (1987 für „Hannah und ihre Schwestern“, 2000 für „Gottes Werk und Teufels Beitrag“) keine weiteren Filme drehen wird, dürfte Michael Caine nicht mehr viel Bedarf haben, etwas über die Rolle und den Nutzen von Intimitätskoordinator*innen zu lernen. Falls ihr euch aber fragt, was das genau für ein Job ist, folgt eine kurze Beschreibung mit einem aktuellen Film-Highlight als Beispiel.

    Darum sind Intimitätscoachs so wichtig

    Solche Intimitätscoachs haben nicht etwa die Aufgabe. Sexszenen zu verhindern, zu zensieren oder zu entschärfen. Nein, es geht darum, mit allen Beteiligten gemeinsam sicher zu stellen, dass eine intime Szene so gedreht wird, dass sich alle dabei wohlfühlen. Dabei werden schon so grundlegende Dinge angegangen wie die Frage, wer bei Dreharbeiten von zum Beispiel Nacktszenen überhaupt am Set sein muss.

    Und im Detail geht es auch darum, wie die Szene abzulaufen hat, sie also zu choreografieren. Man kann diesen Teil der Tätigkeit durchaus mit der Arbeit von Stunt-Koordinator*innen vergleichen. So wie diese vorher mit allen Beteiligten genau austüfteln, wie jede Bewegung abzulaufen hat, sodass nicht plötzlich ein schmerzhafter Volltreffer landet, wird auch hier verhindert, dass plötzlich eine Hand oder andere Körperteile an einer Stelle sind, wo sie nichts zu suchen haben und ein sexueller Übergriff erfolgt.

    Es ist daher eigentlich ein Wunder, dass es so lange gedauert hat und diese Stelle erst seit sechs bis sieben Jahren immer häufiger an Sets anzutreffen ist. Wie wenig diese Arbeit übrigens Freizügigkeit einschränkt, sondern sogar besser machen kann, könnt ihr in einem preisgekrönten Film in Kürze in den Kinos sehen. Die gerade bei den Golden Globes frisch als Beste Komödie ausgezeichnete Sci-Fi-Fantasy-Geschichte „Poor Things“ bietet reichlich nackte Haut und sehr viel Sex.

    Poor Things
    Poor Things
    Starttermin 18. Januar 2024 | 2 Std. 21 Min.
    Von Yorgos Lanthimos
    Mit Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe
    User-Wertung
    4,1
    Filmstarts
    5,0
    Auf Disney+ streamen

    Sowohl Regisseur Yórgos Lánthimos wie auch Hauptdarstellerin und Produzentin Emma Stone waren zuerst skeptisch, ob sie noch eine weitere Person an Bord brauchen. Doch die Intimitätskoordinatorin Elle McAlpine überzeugte sie von der Wichtigkeit ihrer Rolle. Seitdem haben beide in Interviews deutlich gemacht, dass die Szenen niemals so gut geworden wären ohne McAlpines Hilfe.

    Das von uns mit der Höchstwertung von 5 Sternen bedachte Meisterwerk „Poor Things“ startet am 18. Januar 2024 in den deutschen Kinos.

    Dieser Artikel ist von einem Beitrag inspiriert, der zuvor auf unserer spanischen Schwesternseite Espinof.com erschienen ist.

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