Culpa Mía auf Wish bestellt – oder doch eine halbwegs ordentliche Nummer?
Die London-Verfilmung von Culpa Mía ist ein interessantes Experiment: Im Grunde erzählt sie dieselbe Geschichte wie das spanische Original, aber mit einem veränderten Kontext, einer anderen Hintergrundgeschichte und einer veränderten Charakterdynamik. Doch statt einer echten Neuinterpretation fühlt es sich so an, als hätte sich eine kleine Personengruppe zusammengesetzt, das Skript und den Kontext des Originals durchgelesen und gesagt: „Wie können wir das verändern, ohne dass es nach Copy and Paste klingt?“ Das Ergebnis ist ein Film, der wirkt wie eine dieser Schulaufgaben, bei denen man einen Text abschreiben soll – aber nicht wortwörtlich. Also baut man einfach die Sätze um, ohne wirklich etwas Neues hinzuzufügen, und verändert dadurch automatisch den Hintergrund und die Tiefe der Geschichte. Und genau so fühlt sich dieser Film an.
Die Umschreibungen, die keinen Sinn ergeben:
Ein gutes Beispiel für diese „Text umgebaut, aber nichts Neues gesagt“-Mentalität ist die Szene beim illegalen Autorennen. In der spanischen Version wurde Noah durch eine Nachricht von ihrem Ex und ihrer besten Freundin verletzt, hat daraufhin getrunken und sich aus Trotz einen Typen zum Knutschen gesucht – woraufhin Nick auftaucht und sich einfach einmischt. In der London-Version hingegen
sagt Jenna, dass sie ein Kussbild zurückschicken soll. Daraufhin spricht Nick sie plötzlich richtig random an und fragt aus dem Nichts, ob er sie für ein Foto küssen soll.
Das wirkt nicht nur zufällig und unnatürlich, sondern nimmt der Szene auch die emotionale Motivation, die sie im Original hatte.
Ähnlich verhält es sich mit einer weiteren Schlüsselszene: Im Original sitzt Noah aus Versehen in Nicks Auto beim Start des Autorennens, löst dadurch eine Situation aus und gerät in Schwierigkeiten. In der London-Version
setzt sie sich bewusst hinein
– was die gesamte Szene unnötig verändert und ihre Konsequenzen künstlich erscheinen lässt. Diese Art von Umformulierung zieht sich durch den ganzen Film und sorgt dafür, dass manche Ereignisse nicht mehr so viel Sinn ergeben oder ihren ursprünglichen emotionalen Kern verlieren.
Ein weiteres großes Problem ist die Art, wie die Beziehung zwischen Noah und Nick dargestellt wird. Im Original basiert der Konflikt darauf, dass sie sich aus dem Weg gehen wollen und sich nur gegenseitig Ärger bereiten – das macht die später entstehende Spannung und Anziehung aus. In der London-Version sagen sie zwar, dass sie sich aus dem Weg gehen wollen, aber ihre Mimik, Gestik und Chemie sprechen eine völlig andere Sprache. Das ergibt auch in dem Kontext einfach keinen Sinn, weil es wieder richtig random wirkt. Einfach gesagt: Sie haben es nur eingebaut, um dem Original entsprechen zu wollen. Sie sind von Anfang an viel zu nett zueinander, wirken vertrauter, als sie es eigentlich sein sollten, und das nimmt dem Konflikt seine Glaubwürdigkeit. Es fühlt sich so an, als hätte man sich zwar am Original-Skript orientiert, aber vergessen, dass auch Körpersprache eine Rolle spielt. Dadurch wirkt ihr Verhältnis nicht authentisch, sondern eher wie eine Fehlinterpretation der ursprünglichen Dynamik.
Die umgekehrte Golden Retriever x Black Cat-Dynamik
Ein besonders auffälliger Unterschied ist die komplette Veränderung der Charakterdynamik zwischen Noah und Nick. In der Originalversion hatte Noah diese Golden Retriever-Energie – fröhlich, optimistisch, manchmal etwas impulsiv. Nick hingegen war die klassische Black Cat – geheimnisvoll, verschlossen und mit einer gewissen Coolness, die ihn unnahbar machte – der typische „Bad Boy“.
In der London-Version ist es genau umgekehrt: Noah wirkt auf einmal wie eine Black Cat – Draufgängerin, mit Adrenalin-Junkie-Vibes, als würde sie bewusst die Kontrolle behalten und das Spiel bestimmen. Nick hingegen ist plötzlich das komplette Gegenteil – er wirkt wie ein Golden Retriever, fast schon zu offen, zu nett und zu wenig wie der dominante Charakter aus dem Original. Zum Beispiel wirkt er von Anfang an wie ein kleines Mädchen neben Noahs Charakter. Diese Vertauschung der Rollen verändert nicht nur die Chemie zwischen ihnen, sondern auch das gesamte Feeling des Films.
Die Besetzung der Nebenrollen – passt das?
Auch bei der Besetzung der Nebenrollen gibt es einige fragwürdige Entscheidungen. Es gibt Figuren, die vom Äußeren an Charaktere aus dem Original erinnern, aber dann ganz andere Rollen haben. Das sorgt beim Schauen für Verwirrung. Besonders auffällig ist das bei Noahs Mutter – sie erinnert optisch an eine „Rafaela auf Wish bestellt“, während Nicks Vater dunkelhäutig ist. Das Problem hierbei ist nicht die Diversität an sich, sondern die fehlende Konsistenz zur Originalbesetzung, da er so gar nicht aussieht wie der Vater von Nick oder auch vom Charakter. Es passt einfach nicht in den Kontext des Originals und wirkt dadurch etwas willkürlich.
Eltern als Randfiguren – verschenktes Potenzial
Ein weiterer Punkt, der mir aufgefallen ist: Die Eltern werden extrem selten und kaum relevant gezeigt. In der Originalversion hatten sie zwar auch keine Hauptrolle, aber sie wurden sinnvoll in die Geschichte eingebunden. In der London-Version sind sie jedoch fast unsichtbar. Das ist eine vertane Chance, weil sie für die Handlung eigentlich eine wichtige Rolle spielen könnten. Gerade im Hinblick auf eine Fortsetzung hätte man hier deutlich mehr Tiefe schaffen können.
Holpriger Anfang, eigenständiges Ende
Zu Beginn des Films wirkt es so, als hätte man sich stark am Original orientiert – fast schon wie eine Kopie. Doch die Art, wie die Szenen umgesetzt wurden, passt einfach nicht zu Gestik, Mimik und Chemie der Schauspieler. Es fühlt sich abgehakt an: Plötzlich ist Noah im Club, dann ist sie wieder draußen – und das ohne einen richtigen Fluss in der Handlung. Es wirkt so, als hätte man Copy & Paste gemacht, aber nicht darauf geachtet, ob es in dieser Version auch harmonisch wirkt.
Gegen Ende entwickelt der Film dann mehr Eigenständigkeit, aber trotzdem bleibt das Gefühl, dass etwas fehlt. Es fühlt sich nicht mehr wie die Welt von Culpa Mía an, sondern wie eine alternative Realität, in der zwar dieselben Figuren existieren, aber völlig andere Persönlichkeiten haben.
Wie soll es mit Teil 2 weitergehen?
Die vielleicht größte Frage ist: Wie soll diese Version überhaupt einen zweiten Teil bekommen?
Denn durch das Umschreiben des Skripts verändert sich nicht nur die Chemie zwischen den Charakteren – es verändert sich auch ein großer Teil der Hintergrundgeschichte.
In der spanischen Originalfassung hat Nick keinen Kontakt zu seiner Mutter, was ein wichtiger Punkt für die Fortsetzung ist. In der London-Version wurde das jedoch völlig umgeschrieben –
er hat Kontakt zu ihr, und am Ende baut sich sogar ein gutes Verhältnis auf.
Aber genau hier liegt das Problem: In Teil 2 des Originals geht es vor allem um Nicks Mutter und den Rachezug. Wenn Nick in dieser Version jetzt aber eine positive Beziehung zu ihr hat, wie will man dann die gleiche Handlung für Culpa Tuya erzählen? Wird die Mutter einfach plötzlich rachsüchtig, nachdem sie sich im ersten Film versöhnt haben? Oder werfen die Produzenten die gesamte Original-Storyline über den Haufen?
Wer das spanische Original mochte, wird hier wahrscheinlich nur verwirrt den Kopf schütteln.
Fazit: Hassliebe trifft es wohl am besten
Es ist kein Film, den ich liebe. Es ist kein Film, den ich hasse. Und ich werde ihn mir auch nochmal anschauen. Es ist halt so eine Hassliebe. Ich sage, es ist ein guter Film, aber wenn man ihn im Zusammenhang mit den Büchern und der Originalverfilmung betrachtet, ist er eine gewisse Enttäuschung. Man stellt sich einfach die Frage: Warum? Warum hat man das getan?
Das ist die einzige Frage, die einem in den Kopf kommt, wenn man ihn im Zusammenhang mit dem Original sieht.
Gruß R. Dohm
P.S. Das Gute daran ist, dass Nick nicht so ein Lauch ist wie im Original 😉