Mein Konto
    Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss
    Durchschnitts-Wertung
    2,8
    6 Wertungen
    Deine Meinung zu Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss ?

    1 User-Kritik

    5
    0 Kritik
    4
    0 Kritik
    3
    1 Kritik
    2
    0 Kritik
    1
    0 Kritik
    0
    0 Kritik
    Sortieren nach:
    Die hilfreichsten Kritiken Neueste Kritiken User mit den meisten Kritiken User mit den meisten Followern
    Michael S.
    Michael S.

    266 Follower 415 Kritiken User folgen

    3,0
    Veröffentlicht am 27. August 2015
    Genrefilme aus Deutschland? Achja, das alte Lied: Viel Potential, aber sonst wenig los. Einschlägig talentiertes Personal wandert entweder aus oder nimmt hin, in der hiesigen Filmlandschaft eben seltener zu Wort zu kommen. Immerhin in Form einer Komödie kann man hierzulande noch alles mögliche ausprobieren, Michael "Bully" Herbig hat es vorgemacht. Mit dem vorliegenden Titel hat es tatsächlich ein deutschsprachiger Actionfilm ins Kino geschafft. Oder eine Satire darauf. Oder von allem ein bisschen.
    Benno Fürmann spielt darin den Hauptcharakter Koralnik, seines Zeichens Auftragskiller für die EU. Als einer von wenigen auserwählten Attentätern wartet er seit Jahren vergeblich auf einen Auftrag. Nichtsdestotrotz ist seine Tarnung weiterhin intakt, inklusive marginaler sozialer Kontakte. Entsprechend wenig passt es ihm, dass eines Tages unverhofft Rosa (Mavie Hörbiger) in sein Leben platzt. Erst recht kompliziert wird es, als just in diesem Moment sein erster Auftrag bekannt gegeben wird. Aufgrund eines Missgeschicks gelingt es ihm nicht Rosa loszuwerden und so begeben sich die beiden ungleichen Charaktere auf eine abenteuerliche Reise.
    Darauf ist vermutlich noch keiner gekommen - der Europäischen Union analog zu den USA eine geheime Killertruppe anzudichten, die im Auftrag von "ganz oben" verdeckte Aufträge ausführt. Eine herrliche Idee, für die gerade Benno Fürmann exzellent besetzt ist. Er spielt den melancholischen, aber eleganten Profikiller, der geradewegs einem Film Noir entsprungen sein könnte, mit einer Intensität, wie es einer ernst gemeinten Variante dieses Films ebenfalls gut gestanden hätte. Aber auch in seinen eher belustigenden Szenen kann er überzeugen, vor allem wenn er allen Ernstes darum bittet, nicht allzu lange angesehen zu werden, da er ja gerade inkognito unterwegs ist. Mavie Hörbiger macht ihren Job ebenfalls gut, die auf den ersten Blick scheinbar unschuldige junge Frau nimmt man ihr ohne weiteres ab. Ob die im Vergleich zur Hauptrolle geringere Tiefe ihres Charakters an ihrem Schauspiel oder dem Drehbuch liegt ist nicht abschließend zu klären, sie fällt jedoch nicht durchweg negativ auf. Es dauert eine Weile, bis die Chemie zwischen beiden stimmt, doch dann kann man die Schicksalsgefährten wider Willen akzeptieren. Wolf Roth gibt einen überzeugenden General, der sich überaus ernst nimmt, NSA-Erinnerungsposter in seinem Büro hängen hat und mit seinen internationalen Partnern gepflegtes Business-Denglisch spricht.
    Formal lässt sich also kaum etwas bemängeln. Die Kamera gönnt sich immer wieder großformatige harmonische Aufnahmen, deren Hochglanzoptik jedem anderen (europäischen) Thriller ohne weiteres das Wasser reichen könnte. Gerade die in Actionszenen üblicherweise oft eingesetzte Wackelkamera glänzt durch Abwesenheit. Eine Wohltat. Auch wenn die Handlung offenbar im Herbst oder Frühling angesiedelt ist, gibt es noch die eine oder andere angenehme Landschaftsaufnahme dazu. Weitere interessante Drehorte tragen ihr übriges dazu bei.
    Ein schnelles Gesamturteil zu fällen, ist schwierig. Der Film versucht immer wieder den Spagat zwischen Charakterstudie, Satire und dem "Quäntchen Gesellschaftskritik", welches das DVD-Cover ankündigt. Der Stoff dafür ist vorhanden, die Darsteller sind von Qualität und das Thema beinahe zeitlos. Dennoch wird keine dieser Möglichkeiten voll ausgespielt. Mehrere Dialoge brauchen zu lange, um richtig in Fahrt zu kommen. Wenn ein Gag richtig gut inszeniert wurde, gleitet der filmische Tonfall wenig später, unterlegt mit schrillem Avantgarde-Jazz, wieder in eine Richtung ab, die auch einem aufgeschlossenen Publikum ein Stirnrunzeln entlocken dürfte. Die Prämisse bietet eine Menge Stoff, sich in alle möglichen Richtungen zu entwickeln. Allerdings werden Tempo und Stimmung zu oft gewechselt, als dass ein geradliniges Produkt dabei herauskommen könnte. Handwerklich und auch größtenteils schauspielerisch wirklich gut, in seiner Struktur aber ein wenig zerfasert.
    Für einen deutschen Genrebeitrag dennoch sehenswert. Allein die Grundidee ist einfallsreich genug, um über manchen anderen Schnitzer hinwegzutrösten. Kein neuer Tony Scott, aber ein seltener Vertreter einer vernachlässigten Art.
    Die DVD-Ausgabe liefert neben Bild und Ton in anständiger Qualität auch einiges an Bonusmaterial. Ein viertelstündiges Making-Of erläutert mit Blicken hinter die Kulissen und Interviews mit gut aufgelegten Schauspielern und dem Regisseur, wie der Film zustande kam. Dazu kommen einige nicht verwendete Szenen, die üblichen Promoclips und Trailer.

    Darsteller: Benno Fürmann, Mavie Hörbiger, Wolf Roth uvm.
    Regie: Florian Mischa Böder
    Jahr: 2014 (DVD: 2015)
    Label: Camino Filverleih
    Länge: 87 min
    FSK: ab 12 Jahren
    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Back to Top