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    Neu im Heimkino: Dieser finstere Mix aus Horror, Fantasy und Dystopie ist völlig unbekannt – und ein radikaler Spalter!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Eine finstere Zukunft, religiöser Fanatismus und manisch ausartende Gewalt: Der satirische Horrorfilm „Medusa“ ist wahlweise einer der besten Filme seines Jahrgangs oder eine filmische Beleidigung. Jetzt neu im Heimkino.

    Eine von Gewalt besessene Gang, bestehend aus Selbstjustiz ausübenden, jungen Frauen. Eine düstere Zukunft, in der religiöser Fundamentalismus ein ganzes Land beherrscht. Und jede Menge Wahnsinn, der zwischen zappenduster und knallbunt schwankt: Das sind die Zutaten des Genre-Hybriden „Medusa“.

    Die Verschränkung aus Horror, dystopischer Satire und mythologischen Fantasy-Elementen lief in wenigen deutschen Kinos, wo sie bloß ein sehr kleines Publikum erreichte. Dennoch ist die Hommage ans drastische Giallo-Kino ein heiß diskutierter Film, der euphorisches Lob und miese Bewertungen einsackt. Jetzt ist es leichter denn je, mitzureden: Seit dieser Woche ist „Medusa“ im Heimkino auf DVD und Blu-ray erhältlich.

    Der Fairness halber hier ein kleiner Hinweis: Von „Medusa“ existiert keine Synchronfassung. Alle Filmfans, deren brasilianisches Portugiesisch zu wünschen übrig lässt, sind also auf die optionalen Untertitel der DVD und Blu-ray angewiesen.

    "Medusa": Katholische Jugendgangs im Gewaltrausch

    In einer nicht genauer bestimmten Zukunft übernimmt die Kirche das Sagen über Brasilien – und Mariana (Mari Oliveira) zählt zu den religiösen Fanatikerinnen des Landes: Sie zieht nachts als Teil einer maskierten, fundamentalistischen Girl-Gang durch die Straßen und attackiert andere Frauen, die sich in ihren Augen als Sünderinnen schuldig machen. Etwa, weil sie vorehelichen Sex haben und/oder homosexuell sind. Als sich eines von Marianas Opfern mit Nachdruck wehrt, bleibt bei ihr eine deutlich sichtbare Narbe im Gesicht zurück. Daraufhin ist Mariana nicht mehr dieselbe und wird von Albträumen verfolgt...

    Regisseurin und Autorin Anita Rocha da Silveira knöpft sich in „Medusa“ gesellschaftliche Doppelzüngigkeit vor und verlegt Elemente des antiken Medusa-Mythos ins (mehr oder minder) gegenwärtige Brasilien. Die beißenden Seitenhiebe auf tief verinnerlichte, religiös motivierte Vorurteile sowie auf absurde Schönheitsideale, die sie in ihrem mystischen Horrorthriller verteilt, lassen sich aber mühelos auf unsere Breitengrade übertragen.

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    Visuell ist „Medusa“ eindeutig vom italienischen Horror- und Thriller-Subgenre des Giallo inspiriert, was nicht nur harte Gewaltspitzen und feiste Charakterzeichnungen nach sich zieht, sondern vor allem eine manische Optik: Der Film ist finster und farbenfroh zugleich, und somit ein bedrückender Bilderrausch, auf den man sich einlassen können muss.

    Das dürfte erklären, weshalb „Medusa“ die Gemüter derart spaltet: Filmdienst etwa bezeichnet ihn als „stylisch-tiefgründigen Film“, der sich mit David Lynchs Arbeit vergleichen ließe und sogar „einer der besten Filme des Jahres“ sei. Bei epd Film wurde der Thriller zudem als „minuziös komponierter Bilderrausch“ bezeichnet, der visuell an „The Neon Demon“ und inhaltlich an „Promising Young Woman“ erinnere.

    Doch mit schwachen 32% positiven Publikumsbewertungen bei RottenTomatoes und ernüchternden 5,8/10 Punkten bei IMDb ist auch klar: „Medusa“ schmeckt wahrlich nicht allen – wenngleich es ein Fehler wäre, den Film als reinen Köder für die Filmpresse abzutun. Immerhin gewann er beim von Horrorfans hoch angesehenen Filmfestival in Sitges den Preis für die beste Regie. Genrefans sollten sich also nicht so leicht abschrecken lassen!

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