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    Hier spritzt das Blut literweise: Wahnwitzigen Mix aus Sci-Fi, Horror, Rock und Oper jetzt streamen!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Ob Showtunes im Broadway-Stil, zuckersüße Teenie-Pop-Revue oder bluttriefende Rock-Party: Sidney hat eine Schwäche für Musicals, die ihn bereits durch allerlei cineastische Höhen und Tiefen geführt hat.

    Der Regisseur hinter vier „Saw“-Filmen lässt es auch in „Repo! The Genetic Opera“ echt blutig zugehen, mischt aber Sci-Fi-, Gothic-, Rock- und Oper-Elemente hinzu. Das Ergebnis ist ein dystopischer, hypnotisierender Fiebertraum mit Paris Hilton.

    Wir schreiben das Jahr 2008: Der für mehrere Teile der Folterhorror-Reihe „Saw“ bekannte Regisseur Darren Lynn Bousman versammelt Klatschpresse-Dauerthema Paris Hilton, „Spy Kids“-Hauptdarstellerin Alexa Vega, „GoodFellas“-Veteran Paul Sorvino, „Buffy“-Star Anthony Head und Musical-Größe Sarah Brightman. Für eine blutige, mit Comic- und Gothic-Ästhetik durchzogene Dystopie, in der Organtransplantationen zum Fashion-Statement werden, und man Dialogpassagen mit der Lupe suchen muss: „Repo! The Genetic Opera“.

    Es gibt eine simple Faustregel, ob man mit dem gesungenen Sci-Fi-Horror etwas anfangen kann: Entweder ist man nach diesen Infos Feuer und Flamme und wird ihn feiern. Oder man hat noch nicht verstanden, was der Reiz daran sein soll – und so wird es auch nach Sichtung des Films bleiben.

    So weit der anekdotische Beweis des Verfassers dieses Artikels, der selbst durch die wahnsinnige Idee angefixt wurde und seither Missionsarbeit für „Repo! The Genetic Opera“ leistet. Erfolgreich bei Leuten, die schon den Pitch mochten, erfolglos bei jenen, die stutzig waren. Doch weshalb auf Anekdoten verlassen, wenn man ganz einfach herausfinden kann, ob man für dieses Virus anfällig ist: „Repo! The Genetic Opera“ ist bei Amazon Prime Video verfügbar.

    Übrigens: Wenn ihr MOVIECULT* bei Prime Video Channels abonniert habt, könnt ihr „Repo! The Genetic Opera“ sogar ohne Zusatzkosten abrufen.

    "Repo! The Genetic Opera": Ein Mordsgeschäft, das auf Toten ruht

    2056: Eine Epidemie hat den Großteil der Bevölkerung dahingerafft und den gigantischen Konzern GeneCo an die Spitze der Macht gespült. Um gegen das grassierende Organversagen vorzugehen (oder zu prahlen), kaufen sich zahlreiche Menschen GeneCo-Organe auf Raten. Doch sobald man in Zahlungsverzug gerät, werden sie beim lebendigen Leibe herausgerissen!

    Ironischerweise ist GeneCo-Boss Rotti Largo (Paul Sorvino) sterbenskrank und schwer verzweifelt: Seine Kinder Luigi (Bill Moseley), Pavi (Kevin Graham Ogilvie) und Amber (Paris Hilton) sind unfähig und verachtenswert, weshalb er die schüchterne, blutkranke Shilo Wallace (Alexa Vega) als Erbin ins Auge fasst. Shilo wiederum leidet unter der erdrückenden Fürsorge ihres Vaters Nathan (Anthony Head), weshalb sie auf heimliche Streifzüge geht.

    So lernt sie den Grabräuber (Terrance Zdunich) kennen: Eine unberechenbare Gestalt, die Toten illegal das Schmerzmittel Zydrate entnimmt. All diese Schicksale finden zu den Klängen der GeneCo-Werbesängerin Blind Mag (Sarah Brightman) auf drastische Weise zusammen...

    Musik, Musik – Da wackelt die Grabstätte!

    Paris Hilton mag in der Rolle einer skandalträchtigen Erbin „Repo! The Genetic Opera“ geholfen haben, Publicity zu erhaschen. Und glücklicherweise erwies sich ihre Besetzung nicht als reines Stunt-Casting, das dieses Film-Kuriosum streng datiert: Hilton fügt sich toll in die Nischenproduktion ein und liefert darin ihre mit Abstand beste Arbeit.

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    Trotzdem ist weder Hilton der Star der Show, noch sich die hier ihre Reife unter Beweis stellende Ex-Kinderdarstellerin Alexa Vega oder Spitzensopranistin Sarah Brightman, die mit ihrer Präsenz quasi Hiltons Außenwirkung ausgleicht und der bluttriefenden Freakshow Legitimität verleiht: Der Dreh- und Angelpunkt sind die einzigartigen Songs von Terrance Zdunich & Darren Smith.

    Sieben Jahre, bevor „Hamilton“ bewies, wie sehr ein durchkomponiertes Musical mit Hip Hop und R&B fetzt, schufen sie eines für das Zielpublikum solcher Bands wie Nightwish, Within Temptation oder Xandria: Extrem eingängig, laut, düster, voller Pathos, dramatisch und dennoch durchgeknallt, werden schwerer Schlagzeugeinsatz, scheppernder Bass und dröhnende E-Gitarren mit sinfonischen Elementen vereint.

    Ein futuristischer Gothic-Fiebertraum

    Smith und Zdunich erschaffen direkt zur Eröffnung eine eigene Welt, und bauen diese von Leid, Sehnsucht, Zorn und tief vergrabenen, sich mit Nachdruck freikämpfenden Geheimnissen geprägte Klangtemperatur energisch aus. Tonale Atempausen zwischen dramatischen Gothic-Rock-Nummern, fetzig angereicherten Arien und leidgeplagten, melodischen Unterredungen sind selten – aber denkwürdig.

    Wie „Zydrate Anatomy“, ein rockig-kindischer Merkreim über das begehrte Sucht- und Schmerzmittel, oder ein leichtgängiger Girl-Pop-Punk-Rebellensong inklusive Joan-Jett-Cameo. Diese Auflockerungen sind punktgenau dosiert: Noch mehr akustischer Vorwärtsdrang, und die Innovation könnte sich abnutzen. Mehr Atempausen, und die Sogwirkung dieser opernhaft-elektrifizierten Schreckenszukunft voller schwerer Schicksale reißt ab.

    So hingegen verschmilzt der Sound mit der Narrative und Ästhetik – derart, dass dieser manische Zusammenprall der Welten alternativlos erscheint: Selbstredend sieht eine turbokapitalistische, postapokalyptische Zukunft aus wie eine albtraumhafte Gothic-Vision! Wie sonst könnte eine konsumgierige Welt nach einem Massensterben auftreten, als leergefegt, übersät mit weitläufigen Friedhöfen, verfallenen Gassen, unförmigem Tech-Schnickschnack und staubigen, verwinkelten Häusern, in denen sich die Überlebenden verschanzen?!

    Einer der besten Filme aller Zeiten - eine absolute Wucht, die euch fix und fertig machen wird: Jetzt streamen!

    Diese konsequente Logik setzt sich bei Alex Kavanaghs Kostümdesign fort: Manche Figuren sind geschniegelt und gestriegelt, als gingen sie zur Operngala. Andere laufen herum wie aus einem futuristischen Underground-Comic gestiegen. Wieder andere scheinen sich für eine Fetischparty herausgeputzt zu haben. Hauptsache, auffällig das innere Wesen nach außen gekehrt!

    Dieses aufgepeitschte, mittels Comic-Panel-Rückblenden unterstrichene Treiben intensivieren Bousman und Kameramann Joseph White durch ein schummrig-schwammiges Bild der Widersprüche: Trotz ausgeblichener Farben und verwaschener Konturen ist „Repo! The Genetic Opera“ zugleich überbelichtet! Die raren hellen Flächen strahlen derart, dass dem Cast förmlich das Leben aus dem Gesicht geblendet wird. Das mag nach katastrophaler Lichtsetzung klingen, ist es in diesem Fall jedoch nicht:

    Die Welt von „Repo! The Genetic Opera“ scheint zugleich dahinzusiechen und uns aggressiv anzuspringen. Wie sich ins Gedächtnis ätzende, zunehmend einsamere Erinnerungsfetzen an einen konfusen Fiebertraum – und genau so wirkt „Repo! The Genetic Opera“ in all seinen Facetten. Wie schon festgehalten: Entweder springt man genau darauf an oder will es schnellstmöglich von sich schütteln. An alle aus der ersten Sparte: Willkommen im Kult.

    Streaming-Tipp: Einer der durchgeknalltesten deutschen Filme überhaupt - schräger geht wohl kaum!

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