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    In diesem Skandalfilm trifft Mafiakino auf Pornografie – jetzt kommt der Klassiker uncut zurück ins Heimkino
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Im preisgekrönten Skandalfilm „Nachtblende“ bekommt es Romy Schneider mit dem Pornosumpf und der Mafia zu tun. Nach einer limitierten Heimkino-Auflage erscheint der ebenso gefeierte wie heiß debattierte Klassiker nun auch als reguläre HD-Edition.

    +++ Meinung +++

    Der Schatten der „Sissi“-Filme war für Romy Schneider enorm: Obwohl die Schauspielerin zahlreiche Filme fernab des Heile-Welt-Kitsches gedreht hat, war es zu ihren Lebzeiten immer wieder aufs Neue ein Skandal, wenn sie sich brisanteren Stoffen näherte. Und trotz der durchaus beachtlichen Liste an Filmen voller Sex und Gewalt in Schneiders Vermächtnis, wird diesen Werken heute viel weniger Beachtung geschenkt, als sie es verdient hätten. Stattdessen herrscht in vielen Köpfen noch immer das Bild Romy Schneiders als Heimatfilm-Kaiserin vor.

    Einer von Schneiders gewagtesten Filmen ist „Nachtblende“, eine blutige und freizügige Dreiecksgeschichte, die in den deutschen Kinos selbst mit einer FSK-Freigabe ab 18 Jahren nur gekürzt zu sehen war. Mittlerweile ist „Nachtblende“ uncut ab 16 Jahren freigegeben. Die Blu-ray-Erstauflage des Films ist längst vergriffen, diesen April erschien jedoch ein limitiertes Mediabook in restaurierter Bildqualität auf DVD & Blu-ray. Falls euch das Mediabook zu kostspielig ist, kommt nun eine preiswertere Alternative hinzu: Am 26. August 2022 erscheint „Nachtblende“ als reguläre Blu-ray-Edition sowie erneut auf DVD.

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    Die Neuauflagen basieren auf demselben restaurierten Bildmaster, das die Mediabook-Edition verwendet. Egal, ob ihr euch für die neue DVD, die Blu-ray oder das im April veröffentlichte Mediabook mit DVD & Blu-ray entscheidet: „Nachtblende“ ist überall in voller Länge enthalten.

    "Nachtblende": Eine Schauspielerin am Tiefpunkt

    Schauspielerin Nadine Chevalier (Romy Schneider) ist in einer Karrieresackgasse: Mangels seriöser Engagements verdient sie sich ihren Lebensunterhalt mit Softpornos. Nadines Gagen reichen gerade so, um sich und ihren manisch-depressiven sowie impotenten Mann Jacques (Jacques Dutronc) über Wasser zu halten. Während eines Drehs macht sie Bekanntschaft mit Porno-Fotograf Servais Mont (Fabio Testi), der sich in sie verliebt und ihr zusammen mit Karl-Heinz Zimmer (Klaus Kinski) eine Rolle in einer Theater-Produktion von „Richard III.“ beschaffen will. Dazu muss Servais jedoch in das Stück investieren. Also leiht er sich Geld beim hochgefährlichen Mafia-Paten Mazelli (Claude Dauphin)...

    Dieser lange indizierte Skandalfilm vereint Erotik mit Horror – nun erscheint er uncut ab 18 in drei (!) Fassungen im Heimkino

    Andrzej Zulawskis Drama „Nachtblende“ sorgte zwar für Empörung, wurde aber alles in allem warmherzig entgegengenommen. Schneider gewann für ihre Rolle einer Schauspielerin, die sich für freizügige Stoffe hergeben muss, weil sie nicht mehr in ernsten Stoffen besetzt wird, einen César – also das französische Pendant zum Oscar. Zulawskis opulente Inszenierung, die bei Szenen mit Sex, Gewalt oder Gefühlsausbrüchen bewusst etwas greller wird, wurde wiederum manchmal als etwas dick aufgetragen bezeichnet. Andere Stimmen befanden sich mit dem Regisseur auf einer Wellenlänge und lobten ihn für seinen konsequenten Ansatz.

    Letztendlich setzt er seine Figuren genauso obsessiv in Szene, wie sie selbst sind – und wie Nadine Chevalier, schwankt auch Zulawski dabei zwischen anrüchigem Schund und getragener Theatralik. „Nachtblende“ vermag heute aufgrund geänderter Sehgewohnheiten nicht mehr derart schockieren wie einst, was sich bereits an der geänderten FSK-Freigabe ablesen lässt. Doch wie sich die romantische Dreiecksbeziehung und das Milieu-Dreieck aus Pornografie, Kriminalität und (dem Versuch) hoher Kunst erzählerisch ergänzen, während tonal dadurch Reibung entsteht, muss man einfach anerkennen.

    Hinzu kommt eine intensive Performance Schneiders, die als Nadine so lange eine galante Miene zum tragischen Spiel macht, bis sie endgültig nicht mehr die Kraft dazu hat. „Nachtblende“ ist außerdem einer der eher raren Fälle, in denen Kinski in einer Randrolle nicht nur den Manischen gibt, sondern sogar kurz so etwas wie Fürsorge aufblitzen lässt.

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