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    Trauzeuge gesucht!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Trauzeuge gesucht!
    Von Björn Becher

    Paul Rudd und Jason Segel spielen die Hauptrollen in einer Komödie über Männer, die trotz fortgeschrittenem Alter einfach nicht erwachsen werden wollen und sich stattdessen wie Kinder gebären. Dazu einen Haufen anzüglicher Gags, eine Prise (weicher) Drogen, Sprüche für Erwachsene und ein paar schräge Nebenfiguren. Das klingt im ersten Moment verdächtig nach dem Rezept der Erfolgskomödien von Judd Apatow (Superbad, Beim ersten Mal, Ananas Express, Jungfrau (40), männlich, sucht…). Doch bei „Trauzeuge gesucht!“ hat der US-Comedy-Guru seine Finger definitiv nicht im Spiel gehabt. Verantwortlich zeichnet vielmehr Komödienspezialist John Hamburg, der bisher Drehbücher zu solchen Lachgaranten wie Zoolander, Meine Braut, ihr Vater und ich und Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich) verfasst, mit seinem vorherigen Regieprojekt Und dann kam Polly…) dieses Niveau aber nicht halten konnte. Dass Hamburg sich bei „Trauzeuge gesucht!“ lange Zeit von einer Szene zur nächsten hangelt, ohne dabei im herkömmlichen Sinne eine Geschichte zu erzählen, erweist sich schnell als Vorteil. Denn gerade die von jeglicher Dramaturgie befreite erste Hälfte macht einen Höllenspaß. Dass sich später doch noch eine Story im klassischen Sinne entwickelt, die dem Film ein wenig von seinem Tempo nimmt, verzeiht man dem Autor und Regisseur in Personalunion da nur zu gerne.

    Peter Klaven (Paul Rudd) ist oben auf. Der Immobilienmakler hat den Auftrag an Land gezogen, das mondäne Anwesen von TV-„Hulk“ Lou Ferrigno zu verkaufen. Mit der Provision will er endlich seinen Traum von einem eigenen Bauprojekt verwirklichen. Außerdem hat die wunderschöne Zooey (Rashida Jones) gerade seinen Heiratsantrag angenommen. Doch bei den Planungen zur Hochzeit fällt Peter auf, dass er sein ganzes Leben lang immer nur mit Frauen rumhing und gar keinen besten Freund hat, den er nun zum Trauzeugen küren könnte. Per Internet macht er sich auf zum „Man-Dating“. Doch trotz der Tipps seines homosexuellen kleinen Bruders Robbie (Andy Samberg) endet jedes Date mit einem Fiasko. Als Peter die Hoffnung schon aufgegeben hat, läuft ihm Lebemann und Slacker Sydney Fife (Jason Segel) über den Weg. Nach ersten schüchternen Annäherungsversuchen glaubt Peter, den „Mann fürs Leben“ gefunden zu haben. Doch die intensive Freundschaft mit Fife stellt die Beziehung zu seiner Verlobten auf eine harte Probe...

    Das Strickmuster romantischer Komödien ist altbekannt: Das Paar begegnet sich. Es gibt erste zaghafte Annäherungsversuche, bei denen sich meist eine Partei besonders tollpatschig anstellt. Die Verliebten finden zueinander. Ein Zwischenfall droht das frische Glück zu zerstören. Doch das Happy End lässt schließlich nicht lange auf sich warten. John Hamburg und sein Co-Autor Larry Levin Dr. Dolittle 2) kennen diesen immer gleichen Ablauf natürlich aus dem Effeff und spielen in „Trauzeuge gesucht!“ frech mit ihm herum: Sie übertragen das bekannte Muster einfach eins zu eins auf die Beziehung zweier heterosexueller Männer. Ein genialer Schachzug - vor allem in der ersten Hälfte, in der Skript und Akteure frei von allen Zwängen so richtig die Sau rauslassen.

    Gerade in den Eröffnungsminuten reiht sich ein komödiantischer Höhepunkt an den anderen. Das Autorenduo verzichtet glücklicherweise auf ein einengendes dramaturgisches Konzept und rast stattdessen in einer höchst amüsanten Nummernrevue von einer Pointe zur nächsten. Nach dem romantischen Einstieg samt Heiratsantrag erweist sich Hamburg bald als Seelenverwandter von Judd Apatow, der mit seinen Filmen anzüglichen Humor auf der Kinoleinwand endgültig salonfähig gemacht hat: Als die überwältigte Zooey ihren besten Freundinnen (Jaime Pressly, Sarah Burns) am Telefon die Neuigkeit von der anstehenden Vermählung unterbreitet, kramen diese kurzerhand das komplette bisherige Sexualleben der beiden Frischverlobten hervor, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und da Peter das freizügige Gespräch über sein eigenes Sexleben über die Freisprechanlage mit anhören muss, sind die ersten Lacher vorprogrammiert.

    Dann legt Paul Rudd (Vorbilder?!, Der Anchorman, Hauptsache verliebt) richtig los. Als smarter Wunschschwiegersohn von nebenan brilliert er in einer Reihe von ineinander geschnittenen „Man-Dates“, die ihn mit allerhand skurrilen Gestalten zusammenbringen. Bis zum ersten Auftritt von Jason Segel (Nie wieder Sex mit der Ex, serie,27) wärmt „Trauzeuge gesucht!“ die Lachmuskeln des Zuschauers so schon mal gehörig vor. Derart präpariert kann der richtige Spaß endlich beginnen. Segel und Rudd mutieren – nach ersten schüchternen Annäherungsversuchen – zum anarchischen Kindskopfduo, das bei allerlei Männerkram ordentlich auf die Kacke haut. Erst in der zweiten Hälfte treten die beiden ein wenig auf die Bremse. Denn dann beginnt Regisseur Hamburg, die Story weiter zu erzählen.

    Die Seelenverwandtschaft von Hamburg und Apatow ist übrigens kein Zufall. Denn neben Greg Mottola (Superbad, Adventureland) und Jay Chandrasekhar (Bierfest, Ein Duke kommt selten allein) zählte auch Hamburg zu den Regisseuren der unterschätzten Serie „American Campus - Reif für die Uni?“, die Judd Apatow erfand und bei der auch Jason Segel eine wiederkehrende Gastrolle besetzte.

    Obwohl Rudd und Segel klar im Mittelpunkt stehen, bleibt genug Platz für einige höchst amüsante Nebenfiguren. Den Vogel schießt dabei mal wieder J.K. Simmons (Spider-Man, Burn After Reading) ab, der als Peters Vater immer wieder die Freundschaft zu seinem homosexuellen Sohn heraus posaunt. Daneben sorgen vor allem Iron Man-Regisseur Jon Favreau (Very Bad Things) und Jaime Pressly (Dead Or Alive, Hart am Limit) als dauerstreitendes Ehepaar sowie Rob Huebel (Der Love Guru) als nervender Immobilienmakler mit perlweißen Zähnen für unverhohlenen Frohsinn. Die aus der US-Erfolgsserie „The Office“ bekannte Darstellerin Rashida Jones versprüht in ihrer ersten großen Kinorolle viel Charme und verkörpert als Zooey den weiblichen Kumpeltyp, den sich wohl jeder Mann zur Frau/Freundin wünscht - übrigens eine weitere Parallele zu Apatow, in dessen Beim ersten Mal Katherine Heigl einen ähnlichen Typ Frau vertrat.

    Fazit: „Trauzeuge gesucht!“ ist eine sympathische Komödie mit eingebauter Ablachgarantie, die nicht nur für beste Männerfreunde in diesem Kinofrühjahr zum Pflichtprogramm gehören sollte.

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