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    Vacation - Wir sind die Griswolds
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Vacation - Wir sind die Griswolds
    Von Carsten Baumgardt

    Die Komödie „Vacation – Wir sind die Griswolds“ ist Sequel, Remake und Reboot in einem: Man knüpft chronologisch an die vier alten Griswold-Filme mit Chevy Chase als verplantem Familienoberhaupt („Die schrillen Vier auf Achse“, „Hilfe, die Amis kommen“, „Schöne Bescherung“, „Die schrillen Vier in Las Vegas“) an, wiederholt größtenteils die Handlung des Originals und hat trotzdem eine (fast) komplett neue Besetzung. Die „Kill The Boss”-Autoren John Francis Daley und Jonathan M. Goldstein mögen bei ihrem Regiedebüt zwar auf vorhersehbare Witze, reichlich geschmacklosen Humor und Fremdschäm-Charme bis zum Abwinken setzen, aber sie bringen trotzdem eine Menge Gags zum Zünden. „Vacation“ ist vielleicht kein im herkömmlichen Sinne guter, aber dafür zumindest ein ziemlich lustiger Film.

    Der Regional-Pilot Rusty Griswold (Ed Helms) will wie einst sein Vater Clark (Chevy Chase) vor 30 Jahren einen Trip von Chicago in den Vergnügungspark Walley World in Kalifornien unternehmen, um so den Zusammenhalt in seiner Familie zu stärken. In die Ehe mit Debbie (Christina Applegate) ist nämlich eine ernüchternde Routine eingekehrt und auch die beiden Söhne bereiten Probleme: James (Skyler Gisondo) ist (über)sensibel und künstlerisch veranlagt, während sein jüngerer Bruder Kevin (Steele Stebbins) sich zunehmend zu einem Nachwuchs-Psychopathen entwickelt, der James ständig aufzieht, attackiert und traktiert. Auf der mehrtätigen Reise in den Freizeitpark wollen die Griswolds auch einen Zwischenstopp bei Rustys Schwester Audrey (Leslie Mann) und ihrem erfolgreichen Mann Stone (Chris Hemsworth) einlegen. Aber schon bevor sie dort ankommt, stürzt die Familie ins pure Chaos – alles, was nur schief gehen kann, geht auch schief…

    32 Jahre nach „Die schrillen Vier auf Achse“ und 17 Jahre nach „Die schrillen Vier in Las Vegas“ schickt das Studio Warner Bros. seine Chaosfamilie erneut ins Rennen - dieses Mal allerdings ohne die Beteiligung von National Lampoon, also dem gleichnamigen Satire-Magazin, dessen Macher vor allem in den späten 70er und 80er Jahren auch mit allerlei Hollywoodproduktionen den guten Geschmack auf eine harte Probe stellten. Aber keine Sorge, auch der neue „Vacation“ ist absolut geschmacksfrei! Ob Fäkalhumor (die Familie beim Exkrementenbad in einer heißen Quelle) oder Gewalt gegen Tier (Ed Helms fährt eine Kuh buchstäblich zu Brei) und Mensch (der Road Trip der Griswolds kostet mindestens zwei Menschenleben) – die Regisseure machen hier definitiv keine Gefangenen. Wer damit ein Problem hat, sollte ruhig draußen bleiben. Der Rest darf sehr wohl drüber lachen.

    „Vacation“ hat keine echte Handlung, sondern ist aufgebaut wie eine Sketchparade. Die chaotischen Griswolds durchleben ein Fiasko nach dem anderen - und doch findet der Film nach einem allzu formelhaften Beginn (inklusive Fremdschämen bis zur Schmerzgrenze) irgendwann einen eigenen Rhythmus. Zwar sind die Gags zumeist vorhersehbar, aber nicht selten auch entwaffnend lustig und absurd komisch. Christina Applegate („Eine schrecklich nette Familie“) ölt die zunächst noch stotternde Lachparade mit einem beispiellos peinlichen Auftritt an ihrem alten College, wo sich die vermeintlich brav-biedere Ehefrau als frühere Debbie Does Anything entpuppt und mit den halb so alten Collegemädchen einen Sauf-und-Lauf-Wettkampf veranstaltet – natürlich mit verheerenden Folgen. Als effektiver Running Gag erweist sich auch das albanische Mietauto der Griswolds: Es ist zwar hässlich wie die Nacht, hat aber auch einige eigenwillige James-Bond-Extras zu bieten, die immer wieder für Lacher (Highlight: der extrem aggressive koreanische Navi-Sprecher) sorgen.

    „Hangover“-Star Ed Helms ist als peinlicher Familienvater gut besetzt, selbst wenn ihm der satirische Unterton eines Chevy Chase als Hauptdarsteller völlig abgeht. Man schämt sich für diesen Fettnäpfchenjäger Rusty Griswold, der immer das Falsche macht, obwohl er nur Gutes bewirken will. Der Rest der Familien-Besetzung ist ebenfalls solide, wobei der Auftritt von Chris Hemsworth („Thor“) noch am schillerndsten ausfällt: Die Episode mit ihm und Leslie Mann („Beim ersten Mal“) zählt zu den Höhepunkten des Films, weil sich der aktuelle Sexiest Man Alive brutal selbst auf die Schippe nimmt und „Vacation“ in diesem Abschnitt die stärkste satirische Schlagkraft besitzt. Die Ur-Griswolds Chevy Chase („Fletch - Der Troublemaker“) und Beverly D’Angelo („American History X“) schauen auch mal kurz für einen Cameo vorbei, setzen dabei aber kaum humoristische Akzente – da zählt allein der Nostalgiefaktor.

    Fazit: Geschmacklos? Peinlich? Politisch inkorrekt? Ja, ja und nochmals ja! Aber eben oft auch erstaunlich lustig: „Vacation“ ist eine Chaos-Komödie, die sich dieses Prädikat mehr als verdient. Wer will, darf ruhig lachen!

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