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    Astronaut Farmer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Astronaut Farmer
    Von Christoph Petersen

    Es gab Zeiten, da war Billy Bob Thornton ein wirklich böser Junge. Da hörte man in den Nachrichten ständig von Sado-Maso-Spielchen mit seiner damaligen Ehefrau Angelina Jolie, und im Kino sorgte er als rassistischer Gefängniswärter in Marc Forsters Monster´s Ball für Aufsehen. Doch nach der Scheidung ist nicht nur Jolie plötzlich zur barmherzigen Retterin der Welt mutiert, auch Thornton scheint ein „besserer“ Mensch geworden zu sein. Und dieser Imagewandel hat sich auch auf seine Kinorollen ausgewirkt. Zwar wird Thornton immer noch regelmäßig als Bad Guy besetzt, doch gewann in Filmen wie Die Bären sind los, Mr. Woodcock und Der Date-Profi die liebenswürdige Note seiner Charaktere immer mehr an Bedeutung. In der Independent-Komödie „Astronaut Farmer“ von den Polish-Brüdern tritt diese warmherzige Attitüde nun endgültig in den Vordergrund. Ein mutiges Experiment, das sich aber voll auszahlt. Als charmant-schroffer Außenseiter trägt Thornton den Film nahezu im Alleingang. Dabei wäre dies gar nicht zwingend notwendig gewesen, sprechen doch auch noch einige andere Qualitäten für einen Kinobesuch.

    Nach dem Tod seines Vaters musste Charles Farmer (Billy Bob Thornton) einst seine Ausbildung zum Astronauten abbrechen, um den sicheren Ruin der elterlichen Farm abzuwenden. Und so kommt es, dass der Weltraumfan auch heute noch an eben diese Farm gebunden ist, wo er zusammen mit seiner Frau Audie (Virginia Madsen), seinem Schwiegervater Hal (grandios: Bruce Dern) und seinen drei Kindern lebt und arbeitet. Doch seinen Traum von Flug ins All hat Charles dennoch nie aufgegeben. Jeden Cent und jede freie Minute steckt der Familienvater in die selbstkonstruierte Rakete, an der er seit Jahren Tag und Nacht in seiner Scheune bastelt. Und obwohl das Geld zur Neige geht, die Bank keinen weiteren Kredit mehr gewähren will, scheint Charles sein Ziel tatsächlich erreichen zu können. Doch dann bestellt er 10.000 Liter speziellen Raketentreibstoff, was die nach 9/11 sensibilisierten Sicherheitsbehörden auf den Plan ruft. Sie verhängen ein absolutes Flugverbot. Gemeinsam mit den Medien, die den Astronauten-Farmer zu einem riesigen Ereignis hochstilisieren, kämpft Charles unerbittlich weiter, um seinen Traum doch noch zu verwirklichen...

    Nachdem sich die Polish-Brüder Michael (Regie, Drehbuch, Produktion) und Mark (Drehbuch, Produktion) mit ihren drei bisherigen Filmen, den Independent-Dramen „Twin Falls Idaho“, „Jackpot“ und „Northfolk“, eher an „schwereren“ Stoffen versucht haben, liefern sie mit „Astronaut Farmer“ nun ein federleichtes Märchen ab. Dabei setzen sie auf die altbekannte Geschichte vom amerikanischen Traum. Dennoch lohnt es sich, ihrer Erzählung zu folgen. Ohne jegliches Pathos wird das stimmige Bild eines aufbegehrenden, hartnäckigen kleinen Helden entworfen. So bleibt der Film trotz (aufwändig animierten) Raketenstarts stets bodenständig. Außerdem beweisen die Macher tiefes Einfühlungsvermögen in die verträumte Seele ihres Protagonisten, geben den spleenigen Farmer so nie der Lächerlichkeit preis. Im Gegenteil: Man kommt einfach nicht umhin, diesem übergeschnappten Weltraum-Cowboy bei seiner wahnwitzigen Mission die Daumen zu drücken.

    Und die Moral von der Geschicht‘...??? Oberflächlich natürlich die typische Variante, man möge doch bitte gegen alle Widerstände unbedingt an seinen Träumen festhalten. Daneben funktioniert „Astronaut Farmer“ aber auch noch als hintersinnige Parabel auf die aktuelle politische Situation. Immerhin sind es ausgerechnet jene Behörden, die im Kampf gegen den Terrorismus offiziell für die Freiheit eintreten, die hier einem einfachen Farmer seinen großen Traum vom Flug ins All (immerhin der amerikanische Traum schlechthin) verwehren. Selten wurde die Post-9/11-Panik der Amerikaner charmanter und leichtfüßiger in einen Film eingeflochten.

    Neben dem herausragenden Billy Bob Thornton (Zombie Town, Ein einfacher Plan, Armageddon) kann auch der übrige Cast überzeugen. Virginia Madsen (Sideways, Firewall, The Number 23) meistert die schwierige Aufgabe, die unendliche Geduld von Audie mit ihrem nach den Sternen greifenden Ehemann glaubhaft rüberzubringen. Mark Polish verkörpert gemeinsam mit Jon Gries (Men In Black, Napoleon Dynamite) ein herrlich schräges FBI-Duo – dabei sind wirklich gute Sidekicks in letzter Zeit ja eher Mangelware. Zu einem kleinen, aber feinen Auftritt als undurchsichtiger NASA-Experte ließ sich außerdem Hollywood-Star Bruce Willis (Stirb langsam, Pulp Fiction, The Sixth Sense) bewegen. Und zu guter Letzt gibt es auch noch den alten Schauspieler-Haudegen Bruce Dern (Familiengrab, Last Man Standing), dessen Darstellung des gealterten Farmers Hal in der letztjährigen Award-Saison sträflich übergangen wurde.

    Fazit: „Astronaut Farmer“ ist ein warmherziges, gut gelauntes „Lebe deinen Traum“-Märchen mit hintersinnigen Nuancen und einem liebenswürdigen Billy Bob Thornton in seiner Paraderolle als schroffer Außenseiter.

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