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    Semi-Pro
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Semi-Pro
    Von Julian Unkel

    Will Ferrell hat sich in den vergangenen Jahren als einer der beliebtesten US-Komiker etabliert. Den Durchbruch schaffte das ehemalige Mitglied der legendären Sketch-Comedy „Saturday Night Live“ mit der Komödie Der Anchorman, die viele seiner Fans weiterhin für seinen bester Film halten und die sich trotz eher durchwachsenen Kritiken in der kürzlich veröffentlichten Liste der 500 besten Filme aller Zeiten des englischen Filmmagazins Empire überraschend auf Platz 113 findet. Das Konzept von „Der Anchorman“ erwies sich als so erfolgreich, dass sich Ferrell mit einer ähnlichen Herangehensweise nun schon an drei Sportkomödien machte. Auf Fußball (Fußballfieber - Elfmeter für Daddy), NASCAR (Ricky Bobby) und Eiskunstlauf (Die Eisprinzen) folgt nun mit „Semi-Pro“ Basketball. Leider geht dem Konzept inzwischen merklich die Puste aus.

    1976: Funktionäre der National Basketball Association und der American Basketball Association beschließen die Fusion beider Ligen, wobei lediglich vier ABA-Teams in die NBA übernommen werden. Für das schlechteste Team der ABA, die (fiktiven) Flint Tropics, bedeutet dies das sichere Aus. Mit Clarence (André Benjamin, Idlewild, Be Cool) besitzen die Tropics zwar ein echtes Talent, ansonsten bringt die Mannschaft außer Pausenschlägereien jedoch nichts zustande. Jackie Moon (Will Ferrell) - Besitzer, Trainer und Point Guard in Personalunion - träumt aber seit jeher von der NBA und will keineswegs aufgeben. Mit der Verpflichtung des ehemaligen NBA-Spielers Monix (Woody Harrelson, der bereits in „Weiße Jungs bringen’s nicht“ einen Basketballer spielte) will er das Unmögliche erreichen: Bis Saisonende soll der vierte Platz und damit der Aufstieg in die NBA gesichert werden.

    Lässt man die Sportart mal beiseite, ist „Semi-Pro“ kaum von anderen Sportkomödien zu unterscheiden: Natürlich wächst das Chaotenteam nach einigen Reibereien zusammen, natürlich gibt es kurz vor Schluss noch einmal den großen Rückschlag, natürlich triumphieren die Außenseiter am Ende (auch wenn das obligatorische Happy End hier sogar ein wenig variiert wird). Im Prinzip unterscheidet den Film von „Ricky Bobby“ und „Die Eisprinzen“ lediglich das Seventies-Setting – und das kennen Ferrell-Fans bereits aus „Der Anchorman“. Die Formelhaftigkeit der Geschichte ist aber nicht das Problem von „Semi-Pro“, schließlich funktionieren geschätzte 95 Prozent aller Underdog-Filme nach demselben Schema. Viel eher stört, dass auch innerhalb dieses Musters kaum Variation geboten wird und Ferrell hier nun zum vierten Mal praktisch die gleiche Rolle spielt: Sein Jackie Moon ist ebenso ein selbstverliebter, nicht allzu heller Macho wie zuvor auch schon der Phil Weston in „Fußballfieber“, der titelgebende Ricky Bobby, Nachrichtensprecher Ron Burgundy und Eiskunstläufer Chazz Michael Michaels. Dabei hat Ferrell doch schön öfter gezeigt, dass er auch in für ihn untypischen Rollen (Schräger als Fiktion, Melinda und Meldinda) überzeugen kann.

    Daher werden Ferrell-Fans einige Szenen bekannt vorkommen: Jackie versteht einfache Fremdwörter nicht oder benutzt sie falsch; er trichtert seinen Jungs eigentlich sentimentale Botschaften durch lautes Schreien ein; er wird trotz seines alles andere als idealtypischen Aussehens als Sexsymbol gefeiert. Diese Szenen lassen sich jeweils auch in mindestens zwei der drei vorher genannten Komödien finden. Das soll nicht heißen, dass es nichts zu lachen gäbe - ganz im Gegenteil: Wenn Jackie etwa, um mehr Zuschauer ins Stadion zu locken, ankündigt, vor dem Spiel mit einem Bären zu ringen, und das dann auch noch umsetzt, ist das zum Brüllen komisch. Nur finden sich solche Momente leider viel zu selten, zu oft wird stattdessen auf die bewährt-absurden Wortwechsel gesetzt, die einem inzwischen aber maximal noch ein Schmunzeln entlocken. Und noch ein weiteres Problem plagt „Semi-Pro“: Wo „Der Anchorman“, „Die Eisprinzen“ und mit Abstrichen auch „Ricky Bobby“ durch nicht enden wollende Zwerchfellattacken von der seichten Geschichte ablenkten, haben sich in „Semi-Pro“ doch einige fühlbare Längen eingeschlichen.

    Das alles ändert natürlich nichts daran, dass Will Ferrell weiterhin ein großartiger Komiker ist. Kaum ein anderer Comedian schafft es, selbst den (im positiven Sinne!) größten Blödsinn mit ernster Miene und so perfektem Timing vorzutragen. Zur Seite gestellt bekommt Ferrell dieses Mal den Outkast-Rapper André Benjamin und Woody Harrelson, die zwar keine wirklich anspruchsvollen Rollen ausfüllen, denen ihre Spielfreude aber deutlich anzumerken ist. Das trifft auch auf den restlichen Cast zu. Herausstechen hier vor allem noch Earle Haley (Oscar-nominiert für Little Children) als arbeitsloser Hippie sowie Rob Corddry (Harold And Kumar Escape From Guantanamo Bay), der mit wunderbar bescheuerter Perücke seine Freundin an sein Idol Monix verliert und sich darüber auch noch freut. In Cameo-Rollen finden sich außerdem noch bekannte Gesichter aus anderen Ferrell-Komödien wieder: Will Arnett („Die Eisprinzen“) als schnurrbärtiger Kommentator, David Koechner (The Comebacks) als Funktionär und Andy Richter („Ricky Bobby“) als bester Freund von Jackie.

    Wirklich gelungen ist die Ausstattung des Films: Ob die geschmacklosen Frisuren und Klamotten, die alten Muscle Cars oder die abgefahrenen Einrichtungen - kombiniert mit dem guten Soundtrack passt alles perfekt in das überzogene Seventies-Setting. Schwächen offenbart die Inszenierung von Regiedebütant Kent Altermann lediglich in den Basketballszenen, die im Vergleich zu den spannenden Rennen in „Ricky Bobby“ und den herrlich absurden Küren in „Die Eisprinzen“ deutlich abfallen. Doch gut aufgelegte Schauspieler hin, schicke Ausstattung her – am Ende entscheidet der Witz über die Qualität einer Komödie. Und in dieser Hinsicht ist „Semi-Pro“ eben nur semi-lustig.

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