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    Winnetou und sein Freund Old Firehand
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Winnetou und sein Freund Old Firehand
    Von René Malgo

    „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ gefällt als typisch deutscher Abenteuerfilm, garniert allerdings mit einigen Italo-Western-Anleihen. Mit den vorangegangenen Karl-May-Verfilmungen hat Alfred Vohrers („Unter Geiern“) Werk aber kaum mehr etwas gemein.

    Apachen-Häuptling Winnetou (Pierre Brice), seine Schwester Nscho-tschi (Marie Versini) und einige indianische Begleiter treiben eine Mustangherde in ihre Weidegründe. Unterwegs werden sie von Silers (Harald Leipnitz) Verbrecherbande überfallen. Der Trapper Old Firehand (Rod Cameron) und seine Männer kommen ihnen zur Hilfe. Sie reiten in das Städtchen Miramonte, dort will Winnetou Gerechtigkeit verlangen. Doch die Bewohner haben selbst ein Problem mit den brutalen Gangstern - insbesondere nachdem der Bruder von Silers erschossen wurde. Milizhauptmann Mendozza (Rik Battaglia) bittet Old Firehand und Winnetou um Hilfe. Von der Außenwelt abgeschnitten beginnt mit den blutrünstigen Desperados ein Kampf auf Leben und Tod…

    „Nach Motiven von Karl May“ heißt es im Intro. Während sich die anderen Filme rund um Winnetou noch mit der Parole „nach einer Erzählung von Karl May“ schmücken, darf und kann „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ das nicht mehr behaupten. Regisseur Alfred Vohrer allein steht schon für eine zwar reifere Regie gegenüber z. B. Harald Reinls charmant-trashigen Winnetou-Reihen-Beiträgen, aber auch für mehr, viel mehr Brutalität. Auch hat sich das Setting gegenüber allen anderen Werken deutlich geändert. Die mexikanischen Milizsoldaten anstelle eines Sheriffs und seine Deputys, das aus Pueblos bestehende Städtchen, die karge Gegend; sie stehen im deutlichen Kontrast zu den gängigen, wildromantischen Abenteuersettings der Karl-May-Reihe.

    Befremdlich ist auch Winnetous neue, bzw. andere Synchronstimme und das in der Filmreihe einmalige Auftauchen von Old Firehand. Wie schon die Figur des Old Surehand hat der vom Amerikaner Rod Cameron gemimte Trapper mit dem Held der Buchvorlagen nichts mehr gemein. Im Fall von „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ gibt es denn auch keine eigene Buchvorlage. Zeitlich ist die Geschichte wohl vor Winnetous Begegnung mit Old Shatterhand anzusiedeln, denn Schwesterlein Nscho-tschi lebt noch. So dürfen sich Fans zumindest am nochmaligen Auftauchen der schönen Französin Marie Versini erfreuen.

    Inszenatorisch hält sich „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ auf solidem Niveau. Die Actionszenen erweisen sich als für die Reihe überdurchschnittlich; der wunderbar naive, wildromantische Charme fehlt dagegen aber. Im Film beißen viele ins Gras. Die Banditen schlachten kaltblütig Miramontes Bewohner ab - Frauen, Kinder, Priester - es werden keine Unterschiede gemacht. Nicht nur das Setting, auch die Brutalität lässt den Zuschauer an Italo-Western denken. Das diesen Filmen eigene Flair erreicht „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ allerdings nicht. Die Banditen sind wirklich erbarmungslos, entsprechend spannend entwickelt sich die Story. Auch wenn das Blut nicht effektvoll spritzt, der Film nimmt auf den Sanftmut eines möglichen Stammpublikums keine Rücksicht. Das spannende Finale überzeugt, der Kampf um Miramonte ist ansehnlich in Szene gesetzt und auch schon zuvor mag der eigenwillige Western unterhalten.

    Gänzlich unterscheidet sich der Film aber nicht von anderen Beiträgen der Reihe. Der Ölprinz, Harald Leipnitz, ist in einer anderen Rolle wieder mit von der Partie, entspricht aber dem typischen, skrupellosen Karl-May-Bösewicht. Sein verrückter Handlanger und Rivale dürfte dem Winnetou-Film-erprobten Zuschauer qua Auftreten und Persönlichkeit auch bekannt vorkommen. Der edle Häuptling der Apachen ist hölzern und erhaben wie eh und je, profitiert aber nicht gerade von der veränderten Synchronstimme. Mit Old Firehand unterscheidet sich der neue, von Rod Cameron dargestellte Held in Sachen Souveränität, Integrität und Überblick nicht von den anderen, großen weißen Brüdern an Winnetous Seite. Was die legere Art angeht, erinnert der Trapper an Old Surehand. Englische Lords scheinen in der Winnetou-Reihe ganz besonders gefragt zu sein. Viktor de Kowa, ein beliebter Komiker vor allem des deutschen Vorkriegsfilms, gibt sich in „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ in seiner letzten Rolle als typisch britischer Lord die Ehre. Das ist zwar nichts Neues, oder für die Serie besonders innovativ, die Lacher hat de Kowa nichtsdestotrotz auf seiner Seite.

    Die Glaubwürdigkeit der Story hält sich stark in Grenzen. Es überrascht schon ein wenig, wie viele Bekannte sich im kleinen Städtchen Miramonte mehr oder wenig zufällig treffen. Das und weitere sicherlich leicht festzustellende Logikfehler tun dem Unterhaltungswert der Geschichte aber keinen Abbruch. Einige Irrungen und Wirrungen hätten viel Kitsch und große Emotionen versprochen, doch der Film geht mit den ganz großen Gefühlen sehr locker und einer gehörigen Portion Humor um. Das ist auch der charmanten Nadia Gray als die Französin Michelle und sitzen gelassene Mutter von Old Firehands Sohn zu verdanken. Sie legt ihre Rolle sehr humoristisch aus, was andere Akteurinnen durchaus auch mit etwas mehr Dramatik hätten erledigen können. Solches ist auch dem Drehbuch von David DeReske, C.B. Taylor und Harald G. Petersson zu verdanken, die zwar einige für die Winnetou-Filme typische Emotionen und unfreiwillig komische Dialoge bieten, insgesamt aber mehr Wert auf den bloßen Spaßwert und die Action legen. Winnetous Mörder ist auch wieder mit von der Partie, doch Rik Battaglia darf dieses Mal ein sympathischer Good Guy und aufrechter Kämpfer für das Recht mimen.

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