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    Karo und der liebe Gott
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Karo und der liebe Gott
    Von Jens Hamp

    Bereits vor über einem Jahr lief der österreichische Kinderfilm „Karo und der liebe Gott“ völlig verdient mit großem Erfolg auf internationalen Filmfestivals (u.a. gabs Preise in Würzburg, Augsburg und im kanadischen Rimouski). Trotz dieser Auszeichnungen hat sich aber erst jetzt ein Verleih gefunden, der das äußerst sympathische Kinodebüt Danielle Proskars in die deutschen Lichtspielhäuser bringt. Hoffentlich erhält diese phantasievolle und amüsante Lehrstunde über das Leben und die Liebe auch hier die gerechte Anerkennung des Publikums.

    Am Tage ihrer Erstkommunion bricht für die achtjährige Karo (Resi Reiner) eine Welt zusammen. Die Unstimmigkeiten ihrer Eltern eskalieren und schon wenige Tage später wohnt Karo mit ihrer Mutter (Petra Morzé) in einer neuen Wohnung. Zuflucht glaubt die Kleine beim lieben Gott zu finden. Fleißig betet sie und nutzt zur Verständigung ein altes Walkie-Talkie, dessen Gegenstück sie während des Umzuges verloren hat. Lange erhält Karo keine Antwort, sie beginnt gar den lieben Gott zu verfluchen. Doch gerade in dem Moment, als Karo ihren Unmut mit dem Walkie-Talkie Luft macht, meldet sich wie durch ein Wunder auf der „anderen Seite“ eine brummige Stimme. Das muss Gott sein, der endlich die zahllosen Gebete erhört hat. Und bald schon entdeckt Karo zudem, dass Gott (Branko Samarovski) nicht im entfernten Himmel residiert, sondern in der Wohnung unter ihr. Doch ganz so, wie sie sich den Allmächtigen vorgestellt hat, scheint dieser doch nicht zu sein. Die Kleidung ist vergammelt, er ist stets grantelig und dem Alkohol ist er auch keineswegs abgeneigt. In der Zwischenzeit zerbröckelt das einst harmonische Familienleben sehr zum Missfallen der kleinen Titelheldin immer mehr. Vater Peter (Markus Gertken) hat bei seiner Arbeit als Fernsehmoderator einer Datingshow die junge Visagistin Lizzy (Marie-Christine Friedrich) kennen und lieben gelernt. Und auch Karos Mutter scheint in dem Musiker Max (Markus Meyer) einen neuen Freund gefunden zu haben. Mit Hilfe des lieben Gottes hofft Karo aber, ihre einst heile Familienwelt wieder zusammenfügen zu können…

    Mittlerweile werden in Deutschland und Österreich fast 50 Prozent der Ehen geschieden. Immer mehr Kinder sind von den Trennungen ihrer Eltern betroffen – und genau diese können in „Karo und der liebe Gott“ einen ersten Anhaltspunkt für das kommende Leben entdecken. Denn Danielle Proskar erzählt die Geschichte der kleinen Karo mit großem Einfühlungsvermögen und nimmt dabei das vorwiegend angestrebte Zielpublikum ernst. Die Schlichtungsversuche sind einfallsreich und könnten geradezu den Gedanken eines Kindes aus der Nachbarschaft entstammen. Von trotzigen Reaktionen gegenüber den Eltern und den neuen Freunden bis zu clever ausgeheckten Plänen, die das Liebesglück wieder entfachen sollen. Das Maß des real Nachvollziehbaren wird nie überschritten, so dass sich die kleinen Zuschauer bestens in die Lage und das Handeln der Protagonistin hineinversetzen können.

    Herzhaft wird Karo beim Schmieden ihrer Pläne von „Gott“ unterstützt. Mit dieser göttlichen Figur reiht sich der österreichische Kinderfilm allerdings nicht in die Reihe der religiösen Belehrungsfilme ein. Vielmehr muss die Kleine im Verlauf erkennen, dass ihr Leben auch nach der Trennung ihrer Eltern glücklich weitergehen kann. Nicht alle Menschen sind dafür bestimmt, auf ewig zusammen zu bleiben. Der Weg zu dieser Erkenntnis führt allerdings nur über die Freundschaft zu dem alternden „Gott“, sehr zum Entsetzen der Eltern, die ihr den Umgang mit diesem Stadtstreicher verbieten.

    Diese Momente der sich langsam entwickelnden Freundschaft zwischen dem alternden „Gott“ und der kleinen Karo sind spürbar die Kernstücke des Films. Der Theaterschauspieler Branko Samarovski („Opernball“ und „Wolfszeit“) harmoniert bestens mit der kleinen Schauspieldebütantin Resi Reiner. Zunächst ist die Annäherung der beiden äußerst zaghaft. Resi Reiner geht mit kindlichem Charme in die Offensive und erweicht schließlich das Herz des alten Grantlers. Die Auswirkungen dieser Freundschaft auf die Handlung kann man schließlich auch an der Figur des „Gottes“ festmachen, denn dieser scheint im Finale die Fähigkeit zu haben, genau an den Ort zu gehen, an dem er am meisten benötigt wird. Durch diese Entwicklung muss „Gott“ aber nicht zwangsläufig zu einer übermenschlichen Figur werden – vielmehr scheint er sich auch durch die Freundschaft zu der kleinen Karo verändert zu haben. Sie scheint ihn gezähmt zu haben, so dass dieser wieder sein Leben in den Griff zu bekommen scheint.

    Lustig, ohne die notwendige Ernsthaftigkeit vermissen zu lassen, wird den kleinen Zuschauern schließlich eine Geschichte ohne den rosaroten Anstrich des Hollywoodkinos erzählt. Diese lehrreiche, aber nicht moralinsaure Erzählung kann den Kleinen sicherlich helfen, neue Perspektiven zu entdecken. Aber auch Zuschauer, die den Kinderschuhen bereits entwachsen sind, sollten große Freude an der wundersamen Freundschaft zwischen Karo und dem lieben Gott haben. Denn der charmanten Erzählweise und dem herrlich granteligen und im Wienerischen Dialekt sprechenden Gott kann man auch im fortgeschrittenen Alter nur schwer widerstehen.

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