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    Fast verheiratet
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Fast verheiratet
    Von Christoph Petersen

    Die Jungs von der Kult-Sitcom „How I Met Your Mother" brauchen scheinbar alle ein bisschen länger, um in die Puschen zu kommen. Josh Radnor sucht als Architekt Ted Mosby inzwischen schon seit sieben Staffeln nach der zukünftigen Mutter seiner Kinder. Und auch Jason Segel zählt offenbar nicht gerade zu den Schnellsten, wie bereits der Originaltitel der neuen romantischen Komödie seines Schreibpartners und Regisseurs Nicholas Stoller verrät: Im Englischen heißt „Fast verheiratet" nämlich „The Five-Year Engagement" (also „Die fünfjährige Verlobung"). In etlichen Filmromanzen gibt es den Heiratsantrag erst am Ende, es folgt ein Schnitt und wir sehen das Brautpaar vor dem Altar beim Ja-Wort. Was sonst mit diesem einen Schnitt im Handumdrehen erledigt ist, wird in „Fast verheiratet" nun auf zwei Stunden ausgedehnt. Dass sich zwar die Verlobung, aber keinesfalls der Film selbst wie Kaugummi in die Länge zieht, liegt neben der perfekten Chemie zwischen Jason Segel und Leinwandpartnerin Emily Blunt vor allem an den saustarken Nebenfiguren.

    Koch Tom (Jason Segel) und Verhaltensforscherin Violet (Emily Blunt) sind auf einer Neujahrsparty zusammengekommen. Genau ein Jahr später will Tom seine Freundin mit einem Heiratsantrag überraschen – und obwohl das mit der Silvesterüberraschung in die Hose geht, sagt sie sofort ja. Die Hochzeitsvorbereitungen sind schon fast abgeschlossen, da platzt Violets Traum von einer Anstellung in San Francisco. Stattdessen muss sie für zwei Jahre an die Universität in Michigan ausweichen, um dort mit dem renommierten Professor Winton Childs (Rhys Ifans) Verhaltensstudien mit alten Muffins durchzuführen. Doch in Michigan ist es nicht nur arschkalt, es gibt auch keine passenden Jobs für Tom, der statt als Restaurantleiter in einem Nobelschuppen plötzlich als Sandwichmacher in einem Ecklokal arbeiten muss. Die Hochzeit wird also - im wahrsten Sinne des Wortes - erst einmal auf Eis gelegt. Aber auch zwei Jahre später kommt erneut etwas dazwischen...

    Jason Segel („Bad Teacher") wirkt mit seinen schlaksigen 1,93 Metern manchmal etwas ungelenk und sein Dackelblick passt eher zu einem Riesenbaby als zu einem Verführer. Aber es ist wohl gerade seine Normalität, die ihn so sympathisch und damit attraktiv macht – immerhin ist er im wahren Leben schon seit einiger Zeit mit Michelle Williams („My Week With Marilyn") zusammen, da fällt es überhaupt nicht schwer zu glauben, dass sich auch die wieder einmal umwerfende Emily Blunt („Der Plan") für ihn begeistert. Und auch sonst stimmt die Chemie zwischen den beiden Stars einfach. Von der ersten Minute drückt man ihnen die Daumen, dass das mit der Hochzeit möglichst bald hinhaut (selbst wenn der Titel bereits anderes verrät und der Film sonst auch nach 20 Minuten schon wieder vorbei wäre). Dabei gibt es nicht nur einige unvergessliche Szenen (Segels Gesichtsausdruck beim Vortäuschen eines Orgasmus brennt sich unwiderruflich ins Hirn des Zuschauers ein), es werden mitunter auch Konflikte in einer Ausführlichkeit angegangen, wie man es von romantischen Komödien absolut nicht gewöhnt ist. Darunter vor allem Toms „Entmannung" infolge von Violets beruflichem Erfolg, die modisch unhaltbare Strickpullover-Konsequenzen hat.

    Es ist nicht leicht, einen Film über etwas zu drehen, das dann eben gerade nicht passiert (in diesem Fall die Hochzeit). Deshalb behilft sich das Autorenduo Jason Segel/Nicholas Stoller, das unter anderem bereits die Drehbücher zu „Nie wieder Sex mit der Ex" und „Die Muppets" gemeinsam verfasste, mit einem kleinen Trick. Es bevölkert seinen Film mit grandios komischen Nebenfiguren, die das Geschehen immer wieder an sich reißen und so Pfeffer in die bewusst stagnierende Handlung bringen. „How I Met Your Mother"-Star Segel hat für die Besetzung ausgiebig bei anderen Sitcoms gewildert und dabei ein ausgesprochen gutes Gespür bewiesen: Ob Chris Pratt aus „Parks And Recreation", Alison Brie aus „Community" oder Brian Posehn aus „The Sarah Silverman Program." – Segel und Stoller fahren genügend starke Sidekicks für mindestens eine Handvoll romantischer Komödien auf. Nun wäre es ein Leichtes ihnen diesen Überfluss vorzuwerfen und festzustellen, dass sie wohl besser die eine oder andere dieser Figuren herausgestrichen hätten. Aber wir wüssten auch nicht, auf wen wir am ehesten verzichten könnten. Deshalb freuen wir uns einfach, dass die Autoren den eigentlich gebotenen Rotstift diesmal nicht angesetzt haben.

    Fazit: Die Erzählung läuft aus dem Ruder und eine Kürzung um 15 Minuten hätte dem Film auch gut getan. Aber zugleich ist „Fast verheiratet" dermaßen charmant und lustig, dass die mangelnde Stringenz am Ende kaum negativ ins Gewicht fällt.

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