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    Das erste Semester
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Das erste Semester
    Von Carsten Baumgardt

    Die Studenten-Komödie „Das erste Semester“ bedeutete für Filmemacher Uwe Boll den Durchbruch. Der mittlerweile gefürchtete Regisseur hatte mit der verunglückten, witzfreien Uni-Verlade zwar keinen Kino-Erfolg, aber den Verleih-Major UIP dazu gebracht, diesen Unsinn auf die deutschen Leinwände zu bringen. Das ist an sich schon ein so unglaubliches Kunststück, dass Boll alleine hierfür gehörigen Respekt verdient.

    Der angehende Student Andreas Schimmer (Christian Kahrmann) hat das große Los gezogen, denkt er zumindest. Opa Erwin (Hasso Degner) hat seinem Enkel eine großzügige finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt. 150.000 D-Mark will Opi springen lassen, knüpft die Auszahlung des Geldes allerdings an zwei Bedingungen: Andreas muss mindestens zwei Scheine im ersten Semester machen und eine feste Freundin vorweisen können. Beides erweist sich als äußerst schwierig. Zwar hat die intelligente Marlis (Yutah Lorenz) einen Blick auf Andreas geworfen, aber dieser sieht sie eher als Lernkumpel und versucht seinerseits, bei der üppigen Uni-Schönheit Lea (Radost Bokel) zu landen. Erschwerend hinzu kommt, dass sein neidischer Stiefvater Rolf (Willi Thomczyk), Andreas’ Studentenwohnheim-Kollegen Dietmar (Alexander Schottky) darauf ansetzt, dessen Versagen zu forcieren. Und bei den eingesetzten Mitteln ist das Duo nicht gerade zimperlich...

    Nachdem Uwe Boll mit seinen Kino-Versuchen German Fried Movie (1991), Barschel – Mord in Genf? (1992) und „Amoklauf“ (1993) verzweifelt und vergeblich nach einem willigen Verleih fahndete, klappte es mit „Das erste Semester“ endlich. Boll musste das Werk nicht wieder in Eigenregie herausbringen, hatte sogar einen starken Major im Rücken. Ob allerdings jemand bei der UIP im Vorfeld das Drehbuch gelesen hat, darf stark bezweifelt werden. Es bieten sich zwei populäre Herangehensweisen an diese Uni-Komödie. Nummer eins: Der Betrachter ärgert sich furchtbar über die erbärmliche Qualität des Films, der selbst im Fernsehen nicht einmal das schauderhafte Anti-Gütesiegel „Made by Pro Sieben“ verdient hätte. Oder, Nummer zwei: Der wahre Boll-Fan hat an „Das erste Semester“ einen riesigen Spaß, eben weil der Mann jegliches Gespür für das Filmemachen im Allgemeinen und seine Figuren im Besonderen vermissen lässt. Seine durch die Bank schlechten Filme haben Dr. Uwe Boll, dem promovierten Literaten, eine treue masochistische Fangemeinde beschert, die sich an der nicht vorhandenen Qualität weidet.

    Das Unheil beginnt mit der Geschichte, die seltsam antiquiert wirkt und den Stand des Jahres 1997 in keiner Weise widerspiegelt. Vielmehr schwingt der Geist der 50er und 60er Jahre mit, wenn Boll seinen Protagonisten wie einen Trottel durch die Handlung stolpern lässt und jeder vermutet, dass Heintje hinter der nächsten Ecke auftaucht oder Hansi Kraus sich plötzlich auf der letzten Bank lümmelt. Dieser Andreas Schimmer hat sich wahrscheinlich mit dem Ostfriesen-Abitur für einen Studienplatz qualifiziert. Die Überspitzungen der Situationen könnten bei einem gewieften Filmemacher als Satire durchgehen, aber bei Boll klappt gar nichts. Die Dialoge sind hölzern, haben mit dem Alltag an deutschen Universitäten nicht zu tun und glänzen durch ausgesprochene Witzfreiheit, die Geschichte holpert platt von einem Desaster ins nächste.

    Die Schauspielversuchsgrimassen, die Christian Kahrmann als Andreas Schimmer verzieht bzw. verziehen muss, haben schon ereigniswert. Was der Start einer Kinokarriere sein sollte, warf den Benny Beimer aus der „Lindenstraße“ in Wahrheit in seiner Entwicklung zurück. Immerhin kann Kahrmann mittlerweile eine launige Performance in Peter Thorwarths kultiger Krimi-Komödie „Bang Boom Bang“ sowie dem Nachfolger Goldene Zeiten aufweisen. Dazu spielte er kleine Rollen in internationalen Produktionen (wie Das Tribunal und Equilibrium). Radost „Momo“ Bokel geht mit ihrem Leinwandpartner unter und wird als Rollenklischee ohne jeglichen Tiefgang gnadenlos verheizt. Yutah Lorenz hat große Probleme, dem Publikum zu verstehen zu geben, warum die Uni-Streberin Marlis sich ausgerechnet in den tumben Loser-Dödel Andreas verliebt. Eine Reihe von illustren Gästen soll das Desaster zumindest noch ein wenig schmackhaft machen. Aber schon am Beispiel von Guildo Horn ist das Scheitern des Konzepts prima festzumachen. Er taucht plötzlich unvermittelt auf und trällert mit seiner Combo Die Orthopädischen Strümpfe ein Liedchen. Leider hat das mit der Handlung nichts zu tun und passt auch nicht zu dieser. Aber der Name Guildo Horn ließ sich somit auf den Kinoplakaten unterbringen. Bravo. Auch Katy Karrenbauer, Ralph Morgenstern, Sissi Perlinger, Hilmi Sözer, Tina Schanzara und Willy Thomczyk würden sicher gern den Mantel des Schweigens über ihr Mitwirken decken, wenn dies nachträglich noch möglich wäre.

    Musikalisch bietet der Film einen wilden Mix von den Fugees („Killing Me Softly“) bis Scooter. Diese Wüstheit passt sich nahtlos der Qualität des Werks an. Gelegentlich unterlegt Boll die Dialoge seiner Akteure mit einem merkwürdig belanglosen Musikgedudel, so dass sich der Zuschauer auch mal von den Phrasen der Protagonisten ablenken lassen kann. „Das erste Semester“ ist der klägliche Versuch, den Amerikanern und Briten nachzueifern und einen spritzigen Uni-Film, der in den Vorbild-Ländern Kultur hat, abzuliefern. Die im Ansatz erkennbaren Seitenhiebe auf männliches Imponiergehabe und den akademischen Studienbetrieb versanden unpräzise ohne jede Wirkung – lediglich die Grundidee ist noch wahrnehmbar...

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