Mein Konto
    Ghost Game
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Ghost Game
    Von Jonas Reinartz

    Studenten werden in einem mit minimalem Budget realisierten Film durch einen finsteren Wald gehetzt? Moment. Dazu ist das Ganze auf Videomaterial gedreht? Das muss doch Blair Witch Project sein! Eben nicht. Zudem ist von der Qualität des großen Vorbildes aus dem Jahre 1999 so rein gar nichts zu spüren. Stattdessen hat Regisseur John Knee für seinen Horrorfilm „Ghost Game“ sämtliche Kapitel der bisher nur in diversen Geheimlogen zirkulierenden Dissertation „How not to make a good movie : 1001 ways to create boredom and agony“ von Dr. Uwe Boll genauestens durchgearbeitet und befolgt.

    Sieben Freunde haben beschlossen, auf einer kleinen Insel Urlaub zu machen und einfach auszuspannen. Plötzlich wird in ihrer Hütte ein mysteriöses Spiel entdeckt, das anstelle einer Anleitung lediglich folgende Warnung enthält: „Don’t play this Game!“ Was die Urlauber nicht wissen können, ist, dass 30 Jahre zuvor drei Hexen in der näheren Umgebung ihr Oberhaupt namens „Athena“ beschwören wollten. Dieses Ritual endete in einem grausamen Blutrausch. Nun harren die drei Verstorben darauf, endlich wiederbelebt zu werden. Wer sich auf das Spiel einlässt, ermöglicht jenen die Chance, wieder menschliche Gestalt anzunehmen und muss mit tödlichen Konsequenzen rechnen…

    Inhalt? Er macht nahezu keinen Sinn, strotzt nur so von Logikfehlern und ist ideenlos von „Blair Witch“ und Cabin Fever zusammengeklaut. Da ist jedes weiteres Wort genau eines zu viel. Schauspieler? Wenn man den Begriff etwas weiter fasst, könnte man sich durchaus zu der Aussage hinreißen lassen, diese Spezies wäre hier zu sehen. Menschen, die Sätze aufsagen, sind ja durchaus vorhanden. Allerdings halten diese Konstantin Sergejewitsch Stanislawski vermutlich für den aktuellen russischen Präsidenten. Jeder spielt sich selbst, so schlecht er bzw. sie kann. Auf jeden einzugehen, würde den Rahmen dieser Kritik sprengen und in Verleumdungsklagen enden. Curt Cornelius (Randy) beispielsweise könnte man sich als Tätowierer oder Mechaniker gut vorstellen, jedoch nicht als Philosophie-Student, es sei denn, es werden in den Vereinigten Staaten Seminare à la „Screwing is Being: Kama Sutra as an Existentialist Metaphor“ angeboten. Könnte ja sein.

    Die ausschließliche Reduzierung von Angehörigen des weiblichen Geschlechts auf den Status eines Sexobjektes macht aus „Ghost Game“ ohne Zweifel einen verachtenswürdigen Film und diese Feststellung hat nicht im Geringstem mit Puritanismus oder ähnlichem zu tun. Auch in einem American Pie und Konsorten wird mit einem politisch definitiv nicht korrekten Frauenbild gearbeitet, dort signalisieren jedoch stets der Kontext (Jugendliche versuchen, ihre eigene sexuelle Unerfahrenheit durch zotige Äußerungen zu kaschieren) und das Genre (Teenager-Komödie), dass das Gezeigte doch nicht allzu ernst zu nehmen sei. Davon ist hier jedoch nichts zu spüren. Wäre es lediglich bei einigen Bemerkungen seitens der männlichen Protagonisten geblieben, hätte man darüber hinwegsehen können. Wenn jedoch Frauen von ihren eigenen Partnern permanent als „Schlampen“ tituliert werden, die Wörter „Schwanz“, „Eier“ und „flachlegen“ ohne jegliche Ironie im Sekundentakt niederprasseln, sollten die Alarmglocken schrillen. Interessanterweise verhalten sich die Frauen des öfteren auch nicht gerade liebevoll, ihre Freunde sind eben „Loser“. Im Grunde verachtet hier jeder jeden. Die Männer betrachten die Frauen als Objekte, die ordentlich rangenommen werden müssen, untereinander stehen sie in permanenter Konkurrenz; ihre Partnerinnen sind ihnen gegenüber, wie bereits erwähnt, ebenfalls relativ negativ eingestellt und untereinander herrscht Zickenkrieg. Da dürfte selbst Paris Hiltons nächster Geburtstag in der High Society friedvoller verlaufen.

    Gerade Slasher-Franchises wie die „Friday The 13th“- Reihe gingen zunehmend dazu über, ihr Konzept so zu modifizieren, dass der Killer, in diesem Fall Jason Vorhees, zum eigentlichen Heroen wurde, und die eigentlichen Protagonisten so naiv und dümmlich gezeichnet waren, dass das Publikum zu großen Teilen auf der Seite des in die Ikonographie des Horrorgenres Einzug gefundenen Antagonisten stand. Sollte dieser Effekt bei „Ghost Game“ beabsichtigt gewesen sein, so ist er aus zweierlei Gründen völlig misslungen. Erstens sind die durch Rückblenden eingeführten drei Hexen, die ungefähr wie eine Kreuzung zwischen Xena und einer Gogo-Tänzerin aussehen, so fürchterlich gespielt und ihre Dialoge so schlecht geschrieben(„Gott sei Dank, wir sind da.“ – „Wo ist hier das Plumpsklo? Ich muss ganz dringend pinkeln!“), dass es schmerzt, von Sympathie kann keine Rede sein, und zweitens sind die Protagonisten dermaßen uninteressant, dass es dem Publikum schlicht egal ist, wie ihr Schicksal aussehen wird. Spannung oder Atmosphäre kann zu keinem Zeitpunkt aufkommen. Nervige Unsympathen, die ausschließlich Unsinn von sich geben, von drei irren Schicksen gejagt, die ebenfalls nicht den Mund halten können, vermögen einfach nicht zu fesseln.

    Dass die Kameraarbeit die meiste Zeit unterdurchschnittlich ist, dürfte nicht überraschen, allerdings sind die Möglichkeiten bei einem Budget von 200.000 Dollar arg eingeschränkt, dies sollte man berücksichtigen. Nun lassen sich auch mit preisgünstigen digitalen Kameras durchaus eindrucksvolle Eindrücke einfangen; damit sind weniger die populären Hollywood-Werke der letzten Zeit (etwa „Star Wars Episode II-III“, Collateral oder Superman Returns), sondern kleinere Filme aus Europa („Idioten“, „Der Felsen“, „24 Hour Party People“) gemeint. Wer Talent besitzt, den vermögen eingeschränkte technische Möglichkeiten sogar zu beflügeln. Joe Knee und sein Kameramann Brad Wiebe gehören augenscheinlich nicht zu dieser Kategorie. Die in der Gegenwart spielenden Szenen sind vornehmlich mit natürlichem Licht gedreht, ohne auch nur eine Nuance künstlerischen Anspruches, aber insgesamt kann man zufrieden sein. Kadrierung und Kamerabewegungen hingegen bewegen sich auf dem Niveau eines Urlaubsvideos. Wird der Zoom eingesetzt, (Unschärfen inklusive), was zum Glück nur sehr selten geschieht, so kommen Erinnerungen an letztklassige Italo-Western auf, die man eigentlich verdrängt hatte.

    Herrlich komisch sind die Flashbacks, in denen das Treiben der drei Hexen erklärt wird bzw. der hoffnungslose Versuch unternommen wird, dieses zu erklären. Alles ist einem fürchterlichen Grünstich gehalten, dazu kommen in der Postproduction hinzugefügte Dropouts. Wer schon mal ein Videospiel auf einem Amiga mit defektem Monitor gespielt hat, wird sich das hier Gebotene ausmalen können. Über die Montage zu sprechen, fällt denkbar leicht. Die Rückblenden sind ungünstig platziert, einige Versuche, „subliminal images“ (hat da etwa jemand zu häufig „The Exorcist“ gesehen?) zu kreieren, sind schlichtweg peinlich - genau wie alle restlichen Versuche, Bilder aneinanderzupappen. So hat sich Eisenstein sicherlich die Hölle vorgestellt.

    Nur für eingefleischte Allesgucker und Trash-Fanatiker geeignet, ist von einem Machwerk wie „Ghost Game“ eher abzuraten. Es gibt schlechte Filme, die Spaß machen, dieser gehört jedoch keinesfalls dazu. Tipp: Lieber einen Klassiker von Ed Wood („Plane 9 From Outer Space“, „Bride Of The Monster“) oder der Troma-Schmiede („You Better Watch Out“, „The Toxic Avenger I-IV“) ausleihen und damit einen vergnüglichen Abend verleben.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top