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    Schenk mir dein Herz
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Schenk mir dein Herz
    Von Christian Horn

    Regisseurin Nicole Weegmann war an der Filmakademie in Ludwigsburg, erfuhr also eine Ausbildung, die viel Wert auf handwerkliche Präzision und Unterhaltungsqualität legt. Ihr klar erzähltes Kinodebüt „Schenk mir dein Herz" profitiert von diesem technischen Hintergrund. Hinzu kommt die Erfahrung, die Weegmann bei ihren Arbeiten fürs Fernsehen sammelte – zuletzt gewann sie mit ihrem TV-Drama „Ihr könnt euch niemals sicher sein" den Adolf-Grimme-Preis in der Kategorie Beste Regie, was wohl dazu beitrug, dass ihr neuer Fernsehfilm einen außerplanmäßigen Kinostart erfährt. Wenngleich „Schenk mir dein Herz" durchaus auf der großen Leinwand funktioniert, so markiert der Mainstream-nahe und Format-orientierte Inszenierungsstil auch einen Verlust: „Schenk mir dein Herz" verfügt zwar über den sprichwörtlichen Feinschliff, erscheint dadurch aber auch ein wenig stromlinienförmig.

    Der egozentrische Schlagerstar Alexander Ludwig (Peter Lohmeyer) erleidet einen Herzinfarkt-bedingten Gedächtnisverlust: Die Erinnerung an die vergangenen zehn Lebensjahre sowie das Kurzzeitgedächtnis sind weg. Die Reha-Klinik hält der Star wiederholt für ein Tour-Hotel, seine zweite Ehefrau Maria (Mina Tander) erkennt er nicht; stattdessen erinnert er sich an seine längst verlassene erste Ehefrau (Catrin Striebeck) – eine Liebesverwirrung vom Feinsten. In der Klinik lernt Alexander den gealterten Pianisten Heinrich (Paul Kuhn) kennen, der ihm die Jazzmusik näherbringt. Gemeinsam mit Heinrichs Oldie-Kumpels wollen die beiden in der traditionsreichen Jazzbar „Blue Note" auftreten, die kurz vorm Ruin steht und einen Auftritt des Boulevardstars Alexander Ludwig gut vertragen könnte. Doch das geschädigte Kurzzeitgedächtnis des Musikers und dessen private Nöte erschweren die Umsetzung des Vorhabens.

    Nicole Weegmann macht aus dieser Geschichte eine wohl austarierte Mischung aus Drama, Komödie und Liebesfilm. Gleich in mehrfacher Hinsicht löst der Film seinen bieder wirkenden Titel „Schenk mir dein Herz" ein: Alexander verliebt sich in den Jazz, lernt seine Ehefrau neu lieben und zeigt seit Jahren erstmals Interesse am vernachlässigten Sohn aus geschiedener Ehe. An allen erzählerischen Fronten erhalten die Figuren gegen anfängliche Widerstände eine zweite Chance, wobei „Schenk mir dein Herz" allzu reibungslos zusammenbringt, was zusammen gehört. Glücklicherweise sorgt die Amnesie Alexanders für eine gewisse erzählerische Unzuverlässigkeit, die fast anarchisch aus dem dramaturgischen wie thematischen Einerlei ragt und dem Film eine dringend benötigte eigene Note verleiht.

    Bei alldem fällt „Schenk mir dein Herz" durch seine ausgefeilte Inszenierung auf. In unaufgeregten Bildern und Szenen entwickelt die Tragikomödie eine präzise und konzentrierte Erzählweise. Der gelungene Soundtrack von Paul Kuhn gibt dabei gewissermaßen den Rhythmus vor: Alles bleibt gemächlich im Fluss – „Schenk mir dein Herz" ist jazziger als sein Titel vermuten lässt, was ihn recht charmant macht. Wie erwähnt raubt das Geschliffene der Tragikomödie gleichzeitig ein wenig Charakter, da die glatte Erzählung in der Gesamtschau allzu harmlos ausfällt. Wenn Paul Kuhn, Peter Lohmeyer und die alten Jazz-Haudegen mit Bravour zur zarten Stimme von Mina Tander swingen, gerät dieser Einwand jedoch vorübergehend in selige Vergessenheit. Zuletzt sind es nämlich auch die Schauspieler, die „Schenk mir dein Herz" trotz der konfektionierten Umsetzung Charme verleihen. Während der 83-jährige Paul Kuhn und seine Freunde mit einem gerüttelt Maß Charisma überzeugen, liefern die professionellen und durchweg gut gecasteten Darsteller überzeugende Leistungen; vor allem die reizende Mina Tander, die neben Lohmeyer die interessanteste Figur verkörpert, fällt hier ins Auge.

    Vermutlich ist ein Gutteil der inhaltlichen Schlichtheit dem Umstand geschuldet, dass „Schenk mir dein Herz" ursprünglich fürs Fernsehen konzipiert wurde. Aber immerhin funktioniert die leichte Tragikomödie auch in der vorliegenden Form als kleiner Publikumsliebling mit Herz, was keinesfalls verkehrt ist.

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