Auf tauchte ein Artikel auf, der noch einmal herausarbeitete, dass alle sogenannten "Bibelfilme" im Prinzip nur einen Kontext für eine sehr klassisch gestrickte Heldengeschichte bzw. ein Heldenepos bieten. Manche machen das gut, manche weniger - manche schwarz-weiß, manche grauer. Zu letzterem zählt ohne Zweifel auch "Noah". Der Mix aus Fantasy und Drama, die entsprechende Archaik des Ganzen, ist beeindruckend, aber man muss erst einmal mit ihr warm werden. Tolle Bilder und eine teils bedrohliche Musik unterstützen die Darstellerschaft, an die man sich in ihren Rollen ebenfalls erst einmal - genau - gewöhnen muss. Aber irgendwann zündet der Funke und man ist bei "Noah" richtig drin. Die Darsteller liefern superbe Performances ab. Nur die Söhne Noahs bleiben mir in der schauspielerischen Umsetzung etwas zu limitiert.
Alles in allem funktioniert "Noah" also tadellos. Besonders nach der Sintflut kommt die spannende Weiterführung der Bibelgeschichte in Form eines Psychodramas daher, welches aber durchaus noch etwas mehr hätte ausgebaut sein können. Gleiches gilt auch für die Art des Glaubens, wie der Schöpfergott verehrt wird. Da schließt sich der Kreis zu meiner Einleitung.
Als Aronofsky-Kenner wird man allerdings das Gefühl nicht los, dass dieser eine komplexere Version - in jeglicher Hinsicht - vor Augen hatte, dies aber zugunsten des anvisierten Massenmarktes zurückfahren musste. Man sieht dies sehr gut an der Figur des Königs, verkörpert von Ray Winstone, der immer wieder implizit auf eine Aussage hindeutet, die auch schon andere Kritiker hervorgehoben haben: Gott erschafft die Welt, die Menschen wie sie sind, und lässt sie frei walten - und dann bestraft er sie für seinen eigenen Fehler? Außerdem spricht der König von Willen, von Verlangen - das könnten Anspielungen auf die Philosophien von Schopenhauer, aber auch Nietzsche sein. - Diese Zwischentöne, gerade bei dieser Figur, werden aber wirklich nur angedeutet und dann irgendwann zugunsten einer klassischen Bösewichtrolle verworfen. Das ist wirklich schade! Hier hätte ich mir gewünscht die frühen Gerüchte aus der Produktionsphase hätten sich bewahrheitet: Winstones (ehemals Liam Neesons) Rolle als die eines Zweiflers, aber nicht unbedingt Feindes von Noahs Vorhaben.
Fazit: Trotz dieser Kritik ist "Noah" ein guter Film. Gerade weil er das ist, wünscht man sich ja, er würde die erkennbaren Stärken noch weiter ausbauen. Was bleibt, ist ein beeindruckendes Epos mit einem wunderbaren Psychodrama-Anteil im letzten Drittel.
P.S. Über das Ende kann man sich streiten:
Noah scheint wieder zu glauben, was aber bedeutet, dass er seinen Gott auch nicht mehr kritisiert. Und Hamm? Der ist fort, wie damals Kain, was bedeutet, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Klar, auf den ersten Blick ist das Ende höchst optimistisch, aber man kann es eben auch finsterer sehen.