Von der Fast and the Furious-Reihe bis zu The Transporter, es gibt eine ganze Reihe, mal mehr mal weniger erfolgreicher Automobilfilme, die vor allem anderen auf Testosteron, Geschwindigkeit und den Geruch von Benzin setzen, um den Zuseher durch rasante Verfolgungsjagden und stahlharte Typen zu beeindrucken. Doch mit jedem Superlativ, mit jedem geradezu halsbrecherischen wie himmelsschreiend hanebüchenen Stunt, setzt ein Gewöhnungseffekt ein, der zwar ab und an nochmal das Adrenalin hochschnellen lässt, aber gleichsam dafür sorgt, dass wenige dieser Filme es schaffen eine Story zu kreieren, die dauerhaft im Gedächtnis bleibt, oder gar bei der Kritik zu punkten. Oftmals beschleicht einen das Gefühl das alles irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Mit Rush - Alles für den Sieg machte sich nun immerhin der Oscarpreisträger Ron Howard daran die Thematik der schnellen Männer und des PS-geladenen Risikos aufzugreifen und eine reale oder zumindest realistische Geschichte zu erzählen und dennoch einen Film zu schaffen, der abgesehen von stark gedrehten, wenn auch manchmal etwas zu bunten, Actionszenen, durch sein Drehbuch, seine Story und nicht zuletzt einen bärenstarken Daniel Brühl in Erinnerung bleibt und der es schafft gleichzeitig sowohl zu berühren als auch zu unterhalten, der den Zuschauer einerseits vor Spannung und Action in den Kinosessel drückt und ihn andererseits zur Empathie und zum Nachdenken anregt oder geradezu zwingt. Bei genauerem Blick fällt auf, dass der klassisch bedenkenlose Draufgänger ebenso fehlt, wie der krude Schurke, Rush schafft es seine Spannung nicht aus einem konstruierten Plot ziehen zu müssen, sondern durch seine Figuren zu begeistern und durch die Realität, die diesem Film zugrunde liegt.
Die erzählte Geschichte ist schnell zusammengefasst. Niki Lauda und James Hunt, zwei Ausnahmerennfahrer ihrer Zeit, deren Herangehensweise und Charakter gleichsam nicht unterschiedlicher sein könnten, eint der Griff nach dem Sieg und die gegenseitige Rivalität. So ist Hunt erst dadurch bereit seinen ausschweifenden Lebensstil dem professionellen Umfeld anzupassen, um „die Kartoffel“ schlagen zu können. Sie beide kämpfen um die Weltmeisterschaftskrone, die Lauda bereits in der Saison 1975 geholt hat und nach der Hunt ein Jahr später in einem endlich konkurrenzfähigen Wagen trachtet. So erzählt Rush hauptsächlich vom Formel-1 Jahr 1976, in dem der Widerstreit der beiden seinen Höhepunkt erreicht und das bis heute im Zeichen des Duells der beiden steht – und in dem des schrecklichen Unfalls von Niki Lauda auf der Nordschleife des Nürburgrings. Doch Rush – Alles für den Sieg ist keineswegs eine Dokumentation geworden, zwar werden durch schnelle geschickte Schnitte immer wieder Originalaufnahmen eingespielt, sondern ein Spielfilm, denn der Fokus bleibt stets fern von der nüchternen Ergebnisebene und richtet sich auf die Persönlichkeit und die inneren Kämpfe der Protagonisten. Somit dient der Film auch gewissermaßen als Geschichtsstück im Vergleich zur heutigen Königsklasse des Motorsports. War das Renngeschehen früher noch wild und geprägt von noch wilderen Typen, so wird die Mystik, die Emotion des Spektakels heute von Technik- und Reifenschlachten ersetzt und es scheint als habe der Sport seine Emotion zu einem großen Teil durch Perfektion ersetzt, was erneut die Beziehung der beiden unterschiedlichen Figuren des „Setup-Genies“ Lauda und des riskanten Lebemanns Hunt durch Geschichte und Film wie einen roter Faden ziehen lässt.
Der Film beginnt auf besagter Nordschleife, dem gefährlichen und ungezähmten Gesicht des Motorsports, der vielbeschworenen grünen Hölle, deren unnachgiebige Leitplanken schon so manchen Schaden gefordert haben, mit einem rückblickenden Monolog Niki Laudas. Gleich der erste Satz verrät, warum dieser Film es schafft eine großartige anstatt fade Richtung einzuschlagen. „25 Fahrer“ so lässt Lauda uns wissen, „gehen in jeder Formel-1 Saison an den Start. Jedes Jahr sterben 2 von uns. Was sind das für Menschen, die so einen Job machen?“ Ohne zu viel der Handlung vorweg nehmen zu wollen, beantwortet Howard diese Frage mit einem Ausspruch Hunts. „Es gibt eine Lüge, die sich jeder Fahrer selbst erzählt. Der Tod ist etwas, das nur den anderen passiert... Je näher man am Tod ist, desto lebendiger fühlt man sich. Aber stärker als die Angst selbst, ist der Wille zu gewinnen.“ Und dieser Wille, so zeigt ein schmerzverzerrter Lauda nach seinem Unfall, ist noch größer, wenn es einen gibt, der einen zur Höchstleistung anstachelt.
Und so schafft es Rush bereits mit seinem Titel darauf hinzuweisen, warum diese Menschen ihr Leben dabei riskieren im Kreis zu fahren, schließlich bedeutet Rush nicht bloß Eile, sondern ebenso Anstieg, jeder will den anderen übertrumpfen. Der Preis dafür ist alles, nötigenfalls das eigene Leben. Und beide können froh sein, dass Hunt seine Freude und Lauda seine Vernunft behalten können.
Rush ist einer der stärksten Filme des abgelaufenen Kinojahres, mit einem glänzenden Daniel Brühl als Niki Lauda, einem handwerklich hervorragend umgesetzten Film und einem treibenden Soundtrack, der erste gute Rennfilm seit langem. Denn eigentlich ist er ein Drama.