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    Die Abenteuer des Huck Finn
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Abenteuer des Huck Finn
    Von Sophie Charlotte Rieger

    2011 begeisterten Produzent Boris Schönfelder und Regisseurin Hermine Huntgeburth mit ihrer Verfilmung von „Tom Sawyer" das Publikum, die darüber hinaus auch als Bester Kinderfilm für den Deutschen Filmpreis nominiert wurde. So hat sich der Optimismus gelohnt, die Fortsetzung „Die Abenteuer des Huck Finn" schon zu drehen, bevor der Erfolg feststand. Wieder orientieren sich die Filmemacher lose an dem Roman von Mark Twain, wobei man sich hier gerade zum Ende der Geschichte weiter von der Vorlage löst. Ging es im ersten Teil noch vornehmlich um Lausbubengeschichten, wird in „Die Abenteuer des Huck Finn" nun mit der Sklaverei ein sehr anspruchsvolles Thema auf ernstzunehmende, aber dabei stets auch unterhaltsame Weise behandelt.

    Nachdem sein Kumpel Tom Sawyer (Louis Hofmann) und er durch den Schatz von Indianer Joe zu großem Reichtum gekommen sind, lebt Huck Finn (Leon Seidel) ein vornehmes Leben bei der gutmütigen Witwe Douglas (Margit Bendokat) und der strengen Miss Watson (Rosa Enskat) in einer kleinen Stadt am Mississippi. Trotz aller Annehmlichkeiten sehnt sich der ehemalige Streuner nach Abenteuern und dem alten Gefühl der Freiheit. Jim (Jacky Ido), der Sklave des Hauses, fasst unterdessen den Entschluss, in den Norden zu fliehen, als er den Verkauf von Frau und Kind mitansehen muss. Zur selben Zeit taucht Hucks Vater, der Alte Finn (August Diehl), in der Stadt auf und will sich das Vermögen seines Sohnes unter den Nagel reißen. So finden sich Huck und Jim bald gemeinsam auf der Flucht vor Sklavenjägern und dem diabolischen Alten Finn.

    Wie schon bei „Tom Sawyer" sind die Mississippi-Kulissen und Flussaufnahmen in „Die Abenteuer des Huck Finn", die fernab der amerikanischen Südstaaten unter anderem in Rumänien und Brandenburg entstanden, überaus überzeugend gelungen. Durch die bis ins Detail stimmige Ausstattung und die stimmungsvolle Kameraarbeit wird die Atmosphäre von Mark Twains Süden hervorragend getroffen. Die unausweichlichen Anpassungen der im Grunde nicht für Kinder geeigneten Originalgeschichte von Hucks Flucht mit „Nigger" Jim für das heutige junge Publikum in Deutschland sind sehr behutsam ausgefallen. Drehbuchautor Sascha Arango („Tatort", „Die Stunde des Wolfes") hat Twains ungeschönte Darstellung der unmenschlichen Sklaverei kindgerecht abgemildert und sogar eine pädagogische Einführung in das heikle Thema vorangestellt. Dennoch packen die Filmemacher die kindlichen Zuschauer nicht in Watte: Die Misshandlungen an den Sklaven werden ebenso offenbar wie die Verachtung, die Hucks Vater seinem Sohn entgegenbringt. Die Gewaltdarstellung ist zwar moderat, die körperlichen und seelischen Grausamkeiten werden aber keineswegs ausgeblendet. Gerade dadurch sorgt Regisseurin Hermine Huntgeburth („Die weiße Massai", „Bibi Blocksberg") für Denkanstöße und zeigt, dass sie ihr junges ebenso wie ihr älteres Publikum ernstnimmt.

    Die dramaturgische Verdichtung der Romanvorlage ist rundum gelungen. Zwar werden einige Episoden des Buches komplett ausgelassen und auch Tom Sawyer spielt hier keine größere Rolle mehr, aber die einzelnen Abenteuer von Huck und Jim, deren Beziehung im Gegenzug mehr Tiefe bekommt, werden durch den übergreifenden Spannungsbogen der gemeinsamen Flucht umso überzeugender verbunden. Auch die Entscheidung, Hucks Vater größere Bedeutung einzuräumen, erweist sich als gute Idee: So bekommt der Film schnell zusätzliche Spannung und Dynamik, was auch August Diehl („Die kommenden Tage", „23") zu verdanken ist, der einen bedrohlichen Bösewicht abgibt – und er ist nur einer von mehreren namhaften Neuzugängen in der Besetzung, insbesondere Henry Hübchen („Alles auf Zucker") und Milan Peschel („Schlussmacher") als clowneske Sklavenjäger sorgen für Lacher. Nicht ganz so gelungen ist dagegen der Auftritt Kurt Krömer („Eine Insel namens Udo"), der in seiner Rolle als Schauspieler und Betrüger „Herzog" im Übrigen kaum zu erkennen ist. Der große Star bleibt aber ohnehin Hauptdarsteller Leon Seidel: Er besteht mit viel Verve und Charme gegen all die bekannten Stars und sticht sie oft sogar aus. Besonders hervorzuheben ist auch sein natürliches Zusammenspiel mit Jacky Ido („Inglourious Basterds") als Jim, als jugendlicher Freigeist und entlaufener Sklave geben sie dem Freiheitsthema des Films emotionale Resonanz.

    Fazit: Mit „Die Abenteuer des Huck Finn" sorgt Regisseurin Hermine Huntgeburth wie schon bei „Tom Sawyer" für Familienunterhaltung voller Spannung und Humor. Mit der kindgerechten Thematisierung der Sklaverei bekommt ihre zweite Mark-Twain-Verfilmung sogar noch einen pädagogischen Mehrwert.

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