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    Der Mondmann
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Mondmann
    Von Petra Wille

    Der Mann im Mond ist eine ebenso legendäre Figur wie etwa der Weihnachtsmann. In Märchen und Schlafliedern existiert er schon lange, auch ins Kino hat er es mit „Die Reise zum Mond" von Georges Méliès bereits in den Anfangsjahren des Mediums geschafft. Nun ist er einmal mehr auf der Leinwand zu bestaunen: „Der Mondmann" von Stephan Schesch ist ein farbenfroher Animationsfilm für Kinder, der das gleichnamige Buch von Tomi Ungerer poetisch und berührend umsetzt. Nach Geschichten mit einem bedrohlichen Mondmann („Peterchens Mondfahrt") oder Adaptionen der Ungerer-Geschichte mit einem unförmigen Schauspieler als Mondmann (wie in Fritz Böhms Kurzfilm von 2007) begegnet uns hier eine durch und durch freundliche Figur, die zu Projektionen einlädt.

    Der Mann im Mond (Stimme: Katharina Thalbach) fühlt sich allein. Dass Kinder auf der ganzen Welt jede Nacht zu ihm aufschauen und ihn lieben, weiß er nicht. Er möchte endlich einmal etwas erleben. Als ein Komet vorbeisaust ergreift er die Gelegenheit und fliegt an dessen Schweif zur Erde. Dort entdeckt er begeistert bunte Blumen, Tiere im nächtlichen Wald und einen Fluss, der ihn zum Haus des Wissenschaftlers Bunsen van der Dunkel (Thomas Kästner) bringt. Dieser wurde gerade erst vom Präsidenten der Welt (Ulrich Tukur) aus einem jahrelangen Schlaf geweckt. Zur Eroberung des Mondes soll ihm der Erfinder eine Rakete bauen. Während die Rakete entsteht, freundet der sich mit dem Mondmann an und schließlich begreifen die beiden, dass der Mond durch die Pläne des Präsidenten bedroht ist. So setzen sie alles daran, den Mondmann zurück in seine Mondkugel zu bringen. Die Kinder auf der ganzen Welt vermissen ihn nämlich sehr und können nicht mehr schlafen...

    Stephan Schesch hat bereits „Die drei Räuber" auf Vorlage eines Tomi-Ungerer-Buches als Produzent realisiert. Jetzt führt er auch Regie und verantwortet diesen sehr stimmigen Film mit seiner eigenen Produktionsfirma. Der weiße Mondmann ist von großer Schlichtheit und ungemein freundlichem Wesen. Die „guten" Menschen sind einfach, eher kindlich gestaltet, während der Präsident und seine Entourage skurrile Details und oft grimmige, fast schon groteske Gesichter haben. Im Kontrast dazu steht die poetisch gezeichnete, meist nächtliche Umgebung: Blumen, Wald, Wasser funkeln im Mondlicht und entfalten ihre ganze Farbenpracht. Immer wieder erfreuen dabei Details an den Bildrändern, etwa krabbelnde Wesen oder auffällige Blüten.

    Bereits das erste Bild zeigt die Freude der Macher an filmischen Perspektiven: Wir blicken von der Seite auf ein Autokino, dessen flimmerndes Projektionslicht sich klar vom Nachthimmel abhebt. Das Loch, das der Komet beim Landen in die Krone der Bäume brannte, dient in beiden Richtungen als interessanter Durchguck: von der Erde in Richtung des hellen, „leeren" Mondes, oder von oben auf die Erde, wo der Mondmann inzwischen von den Soldaten des Präsidenten gesucht wird. Der Gesuchte lernt derweil anschaulich, was „Freundschaft" ist und wie Freunde einander helfen können. Nachdem Bunsen van der Dunkel die finsteren Pläne des Präsidenten durchschaut hat, tut er alles für seinen neuen Freund. Als der Mondmann wieder erfolgreich in seiner Mondkugel angekommen ist, entsteht sogar eine Art „Dialog" zwischen dem Mann im Mond und seinen Freunden auf der Erde, damit es ihm nicht so langweilig ist.

    Der Professor lässt sich zwar erst beeindrucken, weil der Präsident ihm eine Medaille verleiht; eine Manipulierbarkeit die auch Kindern negativ auffallen wird. Kurz darauf aber erkennt der eitle Wissenschaftler seine Schwäche und hilft fortan mit zu verhindern, dass „dieser Knilch nicht auch noch den Mond zu seinem Untertanen macht". Er erkennt, dass ihn der präsidiale Knilch nur ausnutzen wollte und gewinnt auch seine schrullige Art mehr und mehr an Courage. Der Präsident dagegen entlarvt seine Dummheit und seinen Größenwahn selbst. Seine Schulterabzeichen etwa sind aufrecht stehende Fähnchen – was außerordentlich albern aussieht. Der Einsatz von Soldaten und schwerem Gerät bei der Suche nach dem „Außerirdischen" ist nicht minder chaotisch und sorgt für herzhaften und kindgerechten Witz. Für Lacher sorgen auch der schusselige und gleichzeitig geniale Bunsen van der Dunkel und freilich der naive Titelheld selbst, der Selbstverständliches erst brummelnd entdecken muss.

    Erwachsene im Publikum werden sich außerdem über spaßige Details und Anspielungen freuen, wie etwa ein paar Schritte des Michael-Jackson'schen Moonwalks, wenn der Mondmann die ersten Schritte auf der Erde geht. Der berühmte Satz „Ein kleiner Schritt für die Menschheit..." wird mehrfach zitiert bzw. parodiert, und der Hund eines Mädchens heißt Laika, so wie der russische Hund, der als erstes Lebewesen die Erdumlaufbahn gen Weltraum verließ. Ein erotisches Intermezzo einschließlich der Verführung des Präsidenten ist zwar unterhaltsam, wäre aber nicht nötig gewesen. Unter den durchgängig sehr passend besetzten Sprecherstimmen fällt vor allem Katharina Thalbach auf: Anfangs kommuniziert der Mondmann kaum, so dass nicht erkennbar ist, wessen Stimme hier brummt. Später spricht sie ganze Sätze und zitiert mit „Nach Hause..." unter anderem Steven Spielbergs ikonisches Alien E.T.! Die sehr passend eingesetzte Musik reicht von Jazz (unter anderen sind Jun Miyake und Louis Armstrong mit „Moon River" zu hören) bis zum 60er Jahre-Sound von Iron Butterfly.

    Fazit: Auch wenn eine Logikfrage offen bleibt (wie schlafen Kinder bei Neumond oder wenn der Nachthimmel bewölkt ist?): „Der Mondmann" ist ein fast nur nachts spielendes Abenteuer, das sehr poetisch und mit viel Gespür für Atmosphäre inszeniert ist. Die Umsetzung der Buchvorlage beeindruckt durch die stimmige Verbindung von Figurenzeichnung, Farbigkeit und Sprecherstimmen.

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