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    Kuma
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Kuma
    Von Christian Horn

    2012 eröffnete „Kuma“ die Berlinale-Sektion Panorama, eineinhalb Jahre später bekommt das auf einer ganzen Reihe internationaler Festivals ausgezeichnete Langfilmdebüt des österreichischen Regisseurs Umut Dag nun noch einen regulären deutschen Kinostart. Zu Recht, denn dank eines überzeugenden Ensemble und einer ebenso realitätsnahen wie dramatischen Geschichte gelingt dem Filmemacher ein Arthouse-Drama voller zwischenmenschlicher Konflikte, die ein authentisches Bild der Lebenswirklichkeit einer Einwandererfamilie liefern.

    Wegen einer Hochzeit reist Familie Yilmaz von Wien nach Anatolien. Zunächst scheint es so, als würde die neunzehnjährige Ayse (Begüm Akkaya) mit Hasan (Murathan Muslu) den ältesten Sohn der Familie ehelichen, doch bald stellt sich heraus, dass Ayse die Zweitfrau des Familienvaters Mustafa (Vedat Erincin) werden soll. Die Ehe wurde von Mustafas langjähriger Ehefrau Fatma (Nihal G. Koldas) arrangiert, die an einer Krebserkrankung leidet und die Familie nach ihrem Tod versorgt wissen will. Zurück in Wien erklärt Fatma Ayse den Ablauf einer ordentlichen Haushaltsführung, wobei die beiden Frauen so etwas wie Freundinnen werden. Die Töchter Kezvan (Alev Irmak) und Nurcan (Dilara Karabayir) begegnen Ayse hingegen mit unverhohlener Ablehnung.

    Bisweilen ermöglicht „Kuma“ (dt.: Zweitfrau) einen fast schon dokumentarischen Blick auf den Alltag der Einwandererfamilie Yilmaz, die zwar in Wien lebt, aber doch eigenen Regeln und Traditionen folgt. Eine besondere Rolle spielt dabei das konservative Frauenbild der türkischen Familie, das die Tochter Kezvan an ihren prügelnden Ehemann bindet und Ayse quasi zum Privateigentum der Familie werden lässt. Inwieweit der Film mit seiner Darstellung die tatsächliche Lebenswelt einer typischen Einwandererfamilie trifft, kann ein Außenstehender nur vermuten. Doch die starken Darsteller und die sorgfältige Ausstattung – erwähnt sei hier nur die stilechte Wohnung der Familie, in der ein Großteil des Films spielt – machen die Milieuschilderung durchweg glaubhaft.

    Seine stärksten Momente hat „Kuma“, wenn sich die familiären Machtstrukturen in kleinen Seitenblicken und bissigen Randbemerkungen äußern. Die junge Ayse fungiert dabei als Identifikationsfigur, während die beengte Wohnung als Hauptschauplatz mitunter Erinnerungen an ein Kammerspiel weckt. Im Wust der angeschnittenen Themen (darunter auch ein homosexuelles Outing) verliert Umut Dag zwar gelegentlich den Fokus. Doch nach einer besonders heftigen Konfrontation findet das stille Drama jedoch zu einem überaus treffenden Schlussbild, das die Essenz der Geschichte zusammenfasst und mit einfachsten Mitteln ein Gefühl der Beklemmung erzeugt.

    Fazit: „Kuma“ ist ein von starken Schauspielern getragenes Familiendrama, das tief in die Lebenswelt einer türkischen Einwandererfamilie vordringt, dabei zwar etwas überladen ist, aber immer von großer Authentizität.

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