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    Chuck Norris und der Kommunismus
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Chuck Norris und der Kommunismus
    Von Michael Meyns

    Ähnlich wie Sylvester Stallone und andere Action-Haudegen besiegte Chuck Norris Mitte der 80er Jahre auf der Leinwand immer wieder den Kommunismus. In der Wirklichkeit endete der nur bedingt real existierende Sozialismus dadurch, dass die Menschen im Ostblock unzufrieden über ihre Lebensverhältnisse waren und auf die Straße gingen. Dass es zwischen Chuck-Norris-Reißern wie „Missing In Action“ und den Umstürzen in den Warschauer-Pakt-Staaten einen Zusammenhang gibt, das legt Regisseurin Ilinca Calugareanu  mit ihrer  Dokumentation „Chuck Norris und der Kommunismus“ nahe. Genauer gesagt soll der Konsum von Videokassetten mit amerikanischen Filmen, der Mitte der 80er Jahre auch in Rumänien im Geheimen zunahm, einen so verführerischen Blick in die glitzernde Welt des Kapitalismus geliefert haben, dass die Menschen nicht mehr an sich halten konnten und ihren Diktator stürzten. Mit dieser in ihrer Einfachheit vielleicht verführerischen, aber eben auch unhaltbaren These taugt Calugareanus Film kaum als ernsthafte Auseinandersetzung mit historischen Zusammenhängen. Er ist vor allem dann sehenswert, wenn nicht Weltpolitik beschworen wird, sondern Zeitzeugen in nostalgischer Begeisterung von VHS-Kassetten und Videoabenden erzählen.

    Dass manche dieser Zeitzeugen kaum älter als Mitte, Ende 20 sind, sie zu Zeiten der Revolution um 1990 also gerade der Krippe entwachsen waren, lässt die steile Ausgangsthese noch unglaubwürdiger erscheinen. Dass Calugareanus Film zu gut zwei Dritteln aus nachgestellten Szenen besteht – in betont verschwörerischer Manier werden der Schmuggel der Filme und die im Geheimen veranstalteten Videoabende rekonstruiert – erinnert an die umstrittene Skater-Doku „This Ain’t California“, in der auf ähnliche Weise einer unverhohlenen Ostalgie gehuldigt wird. Immerhin erfindet Regisseurin Calugareanu keine Szenen und Figuren selbst, allerdings ist sie so sehr auf ihre plakative Ausgangsthese fixiert, dass andere Aspekte vernachlässigt werden. Wenn die Videofans von ihrer Faszination für den westlichen Lebensstil erzählen, dann blitzt etwas von einer Gemengelage aus Sehnsüchten und Träumen auf, die fernab von vereinfachender Zuspitzung sehr wohl etwas mit der politischen Entwicklung jener Zeit zu tun hatte.

    Fazit: Mit ihrer fragwürdig zugespitzten These, dass ins Land geschmuggelte Videokassetten zur Revolution in Rumänien führten, befindet sich Regisseurin Ilinca Calugareanu auf dem Holzweg. Aber die Faszination, die das Hollywoodkino in den 80er Jahren auf junge Rumänen ausübte, die wird in ihrer Dokumentation immerhin deutlich.

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