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    Anchorman - Die Legende kehrt zurück
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Anchorman - Die Legende kehrt zurück
    Von Andreas Staben

    Als „Anchorman - Die Legende von Ron Burgundy“ 2004 in die Kinos kam, war die Komödie vor allem in den USA ein Erfolg, zum Kult wurde Will Ferrells schnurrbärtiger Nachrichten-Macho aber erst so richtig auf DVD. Inzwischen ist die ungehobelt-eigensinnige Moderatoren-Figur in den USA ein Popkultur-Phänomen und selbst die hartgesottenen Navy SEALs aus „Lone Survivor“ haben die sprücheklopfende Quotenhure zu ihrer Heldin erkoren – eine angesichts der harten weltpolitischen Realität, mit der diese Elitesoldaten zu tun haben, vielsagende Wahl. Ron Burgundy steht nämlich nicht nur für respektlosen Humor und anarchischen Witz, sondern eben auch für die satirische Entlarvung der Mechanismen der Fernsehnachrichten. Das zeigt sich nun in „Anchorman 2 - Die Legende kehrt zurück“ noch deutlicher als im ersten Teil. Das bewährte Gespann aus Ferrell, Adam McKay (Regie und Co-Drehbuch) und Judd Apatow (Produktion) setzt in Sachen absurde Pointen und unverfrorene Unverschämtheit noch einmal einen drauf und sorgt für ebenso clevere wie komische Kurzweil.

    Die 80er Jahre stehen vor der Tür: Nachrichten-Moderator Ron Burgundy (Will Ferrell) bildet mit seiner Frau Veronica (Christina Applegate) bei einem New Yorker Sender ein Sprecher-Gespann. Alles läuft gut, bis Mack Tannen (Harrison Ford) das Paar in sein Büro rufen lässt: Er befördert Veronica zur Anchorwoman – und er feuert Ron! Der fühlt sich in seiner männlichen Ehre gekränkt und stellt seiner Frau ein Ultimatum, doch sie entscheidet sich für den neuen Job. Der verlassene Ron heuert als Animateur bei SeaWorld an, wo er jedoch ebenfalls rausfliegt. Als es für ihn schon keinen Ausweg mehr zu geben scheint, bekommt er schließlich unverhofft ein Angebot: Beim neuen Sender GNN, der erstmals rund um die Uhr Nachrichten ausstrahlen will, soll er ein News-Team als Moderator anführen. Ron trommelt seine alte Mannschaft aus San Diego zusammen, mit Reporter Brian Fantana (Paul Rudd), Sportmann Champ Kind (David Koechner) und Wetterfrosch Brick Tamland (Steve Carell) will er Veronica zeigen, wer der Herr im Nachrichten-Hause ist. Bei seiner Vorgesetzten Linda Jackson (Meagan Good) kommen seine Macho-Allüren allerdings zunächst gar nicht gut an und auch die interne Moderatoren-Konkurrenz in Gestalt des schnöseligen Schönlings Jack Lime (James Marsden) hat ihn schon auf dem Kieker. Doch dann kommt Ron auf einige Ideen, mit denen er die TV-Nachrichten für immer verändern wird...

    Im Vorfeld des Kinostarts konnte sich Will Ferrell gar nicht mehr von seiner Rolle trennen. Er gab nicht nur Inteviews als Ron, sondern der nahm auch die Auszeichnung einer Journalistenschule an und moderierte tatsächlich die Nachrichten bei einigen lokalen Sendern. Das ist sehr komische und zugleich clevere Werbung, denn sie illustriert die Themen des Films und untermauert den dort skizzierten Befund noch. In Zeiten, in denen eine Kino-Figur wie Burgundy eine Nachrichtensendung moderieren darf, ohne dass diese Vermischung von Unterhaltung und Information, Fakten und Fiktion irgendjemanden stört, erinnern Adam McKay und Will Ferrell daran, dass dies nicht immer so war. Wenn Ron im Film in der News-Flaute der Nachtschicht auf patriotische Parolen und niedliche Tiergeschichten verfällt, dann wird sowohl die Inhaltsleere der 24-Stunden-Pseudo-Nachrichten-Dauerberieselung, die sich mit dem Erfolg des damals neuen Senders CNN etablierte, als auch die allmähliche Aufgabe jeglicher Überparteilichkeit, die (nicht nur) das US-Fernsehen von Fox News und Co. heute prägt, auf die Schippe genommen. Dieser Wandel bildet den Hintergrund für allerlei Nonsens und dadaistische Eskapaden, wobei insbesondere die politisch betont unkorrekten Provokationen manchmal allzu bemüht wirken.

    In den Szenen zwischen Ron und seiner afroamerikanischen Chefin gehen Rassismus und Frauenfeindlichkeit Hand in Hand und wenn er bei ihr zum Familienessen eingeladen ist, dann ruft sein Versuch schwarzen Slang zu imitieren eher Irritation als Lachen hervor. Die Übertreibung einer Beleidigung bleibt schließlich eine Beleidigung. Solche kleineren Entgleisungen bleiben indes nicht aus, wenn man so aufs Ganze geht wie McKay und Ferrell, dafür zahlt sich diese Lust am Risiko an anderer Stelle aus und gerade die legendäre Titelfigur lebt auch von ihrer Unausstehlichkeit (die auch bei der Erblindung Rons geradezu schmerzhaft zum Tragen kommt). Fast unbeschreiblich ins Anarchische entrückt sind daneben vor allem die Szenen mit Steve Carell („Crazy Stupid Love“). Schon sein erster Auftritt als phobienbeladener Wettermoderator ist ein Meisterstück absurden Humors: Da taucht er als Grabredner auf seiner eigenen (!) Beerdigung auf, ohne es zu merken. Später ist seine Artikulationsfähigkeit deutlich eingeschränkter und er äußert sich fast nur noch durch eine Mischung aus Grunzen und Stammeln. Der Höhepunkt dieses Porträts eines hochgradig Gestörten ist seine Romanze der Radikal-Neurotiker mit der ähnlich kommunikationsunfähigen Sekretärin (Kristen Wiig), die nicht einmal weiß, wie sie auf das Klingeln eines Telefons reagieren soll.  

    Carell und Ferrell sorgen für die meisten Höhepunkte, während Paul Rudd (der hier zwischendurch als Katzenfotograf Karriere macht), diesmal eher im Hintergrund bleibt. Ähnliches gilt für David Koechner („Paul“), der einem als Vierter aus dem alten Nachrichten-Quartett als Betreiber eines Fast-Food-Restaurants den Hähnchen-Genuss verleidet (Stichwort: „Chicken of the cave“). Die Parade der Seltsamkeiten ist extrem abwechslungsreich und mit viel Detailfreud im exzentrisch-hässlichen Look der Handlungszeit gehalten. Kleinere Durststrecken macht McKay mit inszenatorischen Bravourstücken wie einem in Zeitlupe gefilmten Unfall von Ron und Co. mit einem Wohnmobil wett. Die mit „Muskrat Love“ unterlegte Sequenz ist eine graziös-schmerzhafte Studie physikalischer Unausweichlichkeit. Und wenn der von Veronica interviewte Jassir Arafat das Gespräch abbricht, weil er die von Ron improvisierte Live-Autoverfolgung auf dem Konkurrenzsender verfolgen will, dann sind absurder Witz und treffende Satire perfekt vereint. Am Ende gibt es als Bonus dann noch ein unerwartetes Stelldichein der Superstars im Central Park. Wer diese Gäste aus Kanada, Großbritannien und sonstwo sind, die um die Vorherrschaft im Nachrichtenbusiness kämpfen, entdeckt man aber am besten selbst.

    Fazit: Eine Legende kehrt zurück: Der Untertitel ist wörtlich zu nehmen, denn „Anchorman 2“ ist ein wahres Fest für die Fans von Will Ferrells Ron Burgundy. Und nebenbei ist die stargespickte Komödie auch noch eine weitere gelungene Satire aufs Nachrichtengeschäft.

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