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    Erich Mendelsohn - Visionen für die Ewigkeit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Erich Mendelsohn - Visionen für die Ewigkeit
    Von Thilo Podann

    Im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahre 1933 trieb es viele jüdische Künstler und Intellektuelle aus Deutschland ins Exil. So erging es auch dem visionären deutschen Architekten Erich Mendelsohn. Er floh im Frühjahr 1933 auf dem Höhepunkt seiner Karriere vor dem antisemitischen Naziregime nach England und sollte von da an kein Gebäude mehr auf deutschem Boden errichten. Der israelische Regisseur Duki Dror zeichnet in seinem Dokumentarfilm „Erich Mendelsohn – Visionen für die Ewigkeit" ein einfühlsames und facettenreiches Porträt des berühmten Architekten und erzählt zugleich die Geschichte einer großen, ungewöhnlichen Liebe .

    Erich Mendelsohn wird 1887 im ostpreußischen Allenstein (heute das polnische Olsztyn) als Sohn des jüdischen Kaufmanns David Mendelsohn und dessen Frau Emma geboren. Nach seinem Abitur und einer abgeschlossenen Kaufmannsausbildung studiert er zunächst Volkswirtschaftslehre in München, dann in Berlin Architektur. Zwei Jahre später zieht er zurück nach München, wo er sein Studium mit der Auszeichnung „cum laude" abschließt. 1915 heiratet er die sehr junge Cellistin Luise Maas und muss kurz darauf in den Ersten Weltkrieg ziehen. Mit diesem Ereignis in Mendelsohns Leben beginnt Duki Drors Film. Von der Front schickt Erich seiner Geliebten immer wieder Skizzen seiner Visionen, die er großspurig mit philosophischen Texten erläutert. Manche dieser Skizzen sind wegen des Papiermangels nur so groß wie eine Briefmarke. Trotz der widrigen Umstände ist schon in diesen frühen Arbeiten der unverkennbare organische Stil zu sehen, durch den Mendelsohn wenige Jahre später zu einem der weltweit erfolgreichsten Architekten werden sollte.

    Auf den Spuren des Architekten besucht Regisseur Dror Schritt für Schritt dessen wichtigste Wirkungsstätten in England, Israel und den USA. Neben den Briefen von der Front, die er streckenweise wörtlich zitiert, konstruiert Dror von der Korrespondenz der Mendelsohns und den später erschienenen Memoiren Luises ausgehend fiktive Gedankengänge des (Ehe-)Paars, die er von Schauspielern aus dem Off vortragen lässt und die dem Film durchgehend eine melancholische Note geben. Über diese Worte entsteht im Zusammenspiel mit den Bildern von Bauten und Inspirationen Erich Mendelsohns eine poetische Doppelbiografie, die zugleich eine Liebesgeschichte und die Werkdokumentation eines außergewöhnlichen Architekten ist.

    Dror präsentiert dem Zuschauer zahlreiche der von der Natur inspirierten Gebäude aus Mendelsohns Schaffen, bei seiner Herangehensweise ist dem Regisseur indes der emotionale Gehalt wichtiger als die dokumentarische Strenge. Im Zentrum des Films steht die untrennbare Verbindung von Mendelsohns Arbeit und der Liebe zu seiner Frau. Das Besondere in der Beziehung des Paars zeigt sich insbesondere, als der Architekt durch Krankheit eines seiner Augen verliert und in allen Lebenslagen auf Luise als sein „zweites Auge" angewiesen ist – gerade und vor allem auch für die Arbeit. Dror betont die prägende Rolle der geliebten Frau für Mendelsohns Schaffen, alle anderen Freunde und Weggefährten des Architekten, denen wir im Film begegnen, stehen deutlich in ihrem Schatten. Auch eine Berühmtheit wie Albert Einstein, für den Mendelsohn zwischen 1919 und 1922 in Potsdam den Einsteinturm entwarf, hat in dieser Dokumentation, die gleichzeitig auch ein filmisches Liebesgedicht ist, nur eine Nebenrolle.

    Fazit: „Erich Mendelsohn – Visionen für die Ewigkeit" ist ein poetischer Dokumentarfilm über den Architekten und sein Schaffen sowie vor allem auch über die Liebe zwischen dem Ehemann Erich Mendelsohn und seiner Frau Luise.

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