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    Cesars Grill
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Cesars Grill
    Von Jonas Reinartz

    Regisseur Darío Aguirre ist Vegetarier. Das ist einerseits nichts Außergewöhnliches, steht jedoch symbolisch für die fundamentalen Unterschiede zu seinem in Ecuador lebenden Vater. Der leitet seit Jahren das titelgebende Restaurant „Cesars Grill“, dessen Markenzeichen Fleischgerichte sind. Der Sohn dagegen wanderte mit 21 Jahren nach Deutschland aus, studierte an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und entwickelte sich zu einem bemerkenswerten Dokumentarfilmer mit gesellschaftspolitischem Engagement. Doch als Dario Aguirre ein Hilferuf des Vaters erreicht, kehrt er in die Heimat zurück: Das Restaurant steht kurz vor dem Ruin. Diese Sorgen um das Führen der Gaststätte bildet in der aus der Heimkehr entstanden Dokumentation „Cesars Grill“ nur den Hintergrund für eine behutsam geschilderte Annäherung zwischen Vater und Sohn, die zwar bisweilen etwas langatmig erzählt wird, durch seine sympathischen Protagonisten aber dennoch zu einer sehenswerten Schilderung unterschiedlicher Lebensansätze wird.

    „Mein Vater und ich sind Meister der Nicht-Kommunikation“, gesteht Dario Aguirre unverblümt – und versucht diesen Zustand auch mit diesem Film zu ändern. Zunächst dachte er noch, die Hilfe aus der Ferne würde genügen, um das Restaurant des Vaters zu retten, doch nachdem seine Mutter bei ihrem störrischen Gatten auszieht, dämmert es Dario, dass die Rückkehr nach Ecuador unausweichlich ist. Nach Jahren ohne Kontakt begegnet Dario seinem Vater wieder, und zeigt in seinem Film die vorsichtige Annährung zweier völlig unterschiedlicher Menschen, die sich im Kern dennoch ähneln.

    Eine derart private Geschichte hätte leicht zu einer unangenehm voyeuristischen Nabelschau geraten können, doch Aguirres unsentimentale Herangehensweise erstickt diese Gefahr im Keim. Selbst als die Mutter des Regisseurs lebensgefährlich erkrankt, nimmt er sich geschickt zurück. Trotz seines Themas verbreitet „Cesars Grill“ keineswegs Tristesse. Nicht zuletzt zahlreiche selbst komponierte Lieder, die Aguirre gekonnt auf seiner Akustikgitarre zum Besten gibt, lockern die Stimmung auf. Sie kommentieren das Geschehen und lassen eine humorvolle Distanz zu den oft schwer gewichtigen Ereignissen entstehen.

    Abgesehen davon ist die Inszenierung konventionell, sieht man einmal vom Beginn ab: Da sieht man Dario Aguirre im Park beim Grillen – von Gemüse wohlgemerkt. Ein etwas zu deutlicher Versuch, die Entfremdung zum Vater auf den Punkt zu bringen. Doch abgesehen von diesem inszenierten Moment schlägt Aguirre einen nüchternen Ton an, der den Alltag der Figuren sachlich dokumentiert. Manche Redundanz schleicht sich hier zwar ein, doch ein Straffen der Erzählung wäre wohl auch auf Kosten der Atmosphäre gegangen. Und gerade der Lokalkolorit zählt zu den Stärken des Films: Mit großer Sympathie und feiner Ironie zeigt Dario Aguirre seine ecuadorianische Heimat, das Leben, dass er hinter sich gelassen hat und nicht zuletzt seine Eltern. So ist „Cesars Grill“ auch die Geschichte einer vorsichtigen Wiederannäherung, in der Aguirre sich selbst und seine Familie auf sympathische Weise schildert.

    Fazit: „Cesars Grill“ ist ein gelungener Dokumentarfilm, dessen zentraler Vater-Sohn-Konflikt Allgemeingültigkeit besitzt und der dank einer zurückhaltenden Inszenierung berührt.

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