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    Die Biene Maja - Der Kinofilm
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die Biene Maja - Der Kinofilm
    Von Carsten Baumgardt

    Sie heißt Maja, ist die berühmteste Biene der Welt und hat eine wirklich lange Reise hinter sich - von den Roman-Anfängen 1912, als Schriftsteller Waldemar Bonsels das freche Nachwuchsinsekt erfand, über den Stummfilm „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ von Wolfram Junghans (in Kooperation mit Mastermind Bonsels) aus dem Jahr 1926 bis zur legendären österreichisch-japanisch-deutschen Zeichentrick-Serie von 1975. In ihr fand der Stoff seine mit Abstand bekannteste Form und sie begründet den heutigen Ruhm der gelb-schwarzen Ikone. Wenn Regisseur Alexs Stadermann („Kein Keks für Kobolde“) sich mit dem Animationsfilm „Die Biene Maja – Der Kinofilm“ nun an einer Wiederbelebung des Mythos versucht, lautet die wirklich spannende Frage daher: Schafft er es, den Geist der alten Serie zu erhalten und trotzdem etwas Eigenständiges für eine mehrere Generationen entfernte Zielgruppe zu schaffen? Die gute Nachricht: „Die Biene Maja – Der Kinofilm“ funktioniert… allerdings nur für neue, sehr junge Zuschauer, die mit keinerlei Maja-Vorerfahrung in den Film gehen. Alte Fans der inzwischen zum Kult gewordenen Serie werden enttäuscht sein.

    Eigentlich war ihre Zeit noch gar nicht gekommen, aber die Biene Maja (Stimme: Nina Schatton) hat es eilig, das Licht der Welt zu erblicken und aus ihrer Wabe zu schlüpfen. Das prägt: Maja ist laut, prescht überall ungefragt vor und kümmert sich nicht um die strengen Regeln im straff organisierten Bienenstock. Dieses ungestüme Verhalten führt sie durch Zufall sogar bis zur gutmütigen Bienenkönigin (Eva-Maria Hagen), bringt ihr aber gleichzeitig einen kräftigen Rüffel von deren hinterlistiger Ratgeberin Gunilla (Nina Hagen) ein. Die schmiedet finstere Pläne, die Königin selbst abzulösen. Sie lässt das für das Bienenoberhaupt überlebenswichtige Gelee Royal verschwinden und schiebt die Schuld dafür dem feindlichen Hornissenvolk in die Flügel, mit dem die Bienen in Zwietracht auf der Klatschmohnwiese leben. Maja beobachtet jedoch, wie die Intrige eingefädelt wird. Deswegen sorgt Gunilla dafür, dass die kleine Biene schutzlos in die Wildnis geschickt wird, wo viele Gefahren lauern. Aber Maja kann sich auf ihre Freunde verlassen – auf Flip, den Grashüpfer (Stimme: Cusch Jung) und Drohne Willi (Stimme: Jan Delay), ihren schusseligen, aber treuen Gefährten.

    Das „Biene Maja“-Revival begann bereits ein Jahr vor der 2014er Kino-Wiederverfilmung mit einer neuen TV-Animationsserie, die im ZDF in 78 elfminütigen Folgen lief. Ebenso wie die Macher der Fernsehneuauflage greift Regisseur Alexs Stadermann die Sehgewohnheiten der heutigen jungen Zuschauer auf und gestaltet die Figuren wesentlich schlanker und plastischer als in der Zeichentrickserie von 1975 - die fetten Jahre sind vorbei. Auch die Action steht höher im Kurs als zuvor, schließlich soll die 3D-Technik zur Geltung gebracht werden. Zwar ist die neue Optik gewöhnungsbedürftig (die dritte Dimension lässt die Figuren wie aus Plastik wirken), der Wiedererkennungswert ist jedoch vorhanden. Das trifft zumindest in abgeschwächter Form auch auf die Charakterzeichnung zu. War die Maja der 70er Jahre noch eine liebenswerte, dabei aber fast schon subversive, ungezogene Biene mit einem Riesendickschädel, der durch alle Mauern brummte, ist die 2014er Biene wesentlich milder und versöhnlicher.

    Die dem Zeitgeist geschuldete Zähmung nimmt der Titelfigur einiges von ihrem Charme, doch im Kern ist sie immer noch jene freche Sympathieträgerin von einst: Die Biene Maja macht, was sie will, und das ist auch gut so. Ihre Eigenwilligkeit ist die wichtigste Konstante im erzählerischen Bienenuniversum damals und heute, aber der anarchisch angehauchte Hintersinn der 70er-Jahre-Maja fehlt der Neuauflage zum größten Teil. Regisseur Stadermann kombiniert bekannte Themen aus der alten Serie wie das Eintreten für Individualität und den Kampf gegen Ungerechtigkeit stattdessen mit klassischer Märchenerzählweise. Die Figurenzeichnung speziell der Bösewichte und die Dramaturgie der Geschichte mit ihrer überdeutlichen Schwarz-Weiß-Zeichnung (nie gibt es einen Zweifel, was richtig und was falsch ist) wirken so, als ob die Macher der heutigen jungen Zielgruppe weit weniger zutrauen als ihre Kollegen vor knapp 40 Jahren den damaligen Kindern. Pädagogische Botschaften wie „Man muss seinen eigenen Weg gehen und darf sich nicht von der Masse vereinnahmen lassen“ sind hier so eindeutig formuliert, dass sie viel von ihrer Überzeugungskraft verlieren (nur die Ameisen sind hier noch schlimmer dran als die unter dem Joch ihres konformistischen Staates ächzenden Bienen).

    Immerhin haben die Beteiligten eine andere heikle Aufgabe gut gemeistert – die Modernisierung der Original-Stimmen. Die charakteristischen Organe von Scarlett „Maja“ Lubowski, Eberhard „Willi“ Storeck und Manfred „Flip“ Lichtenfeld passend zu ersetzen, war nicht einfach, aber Nina Schatton (Maja), Jan Delay (Willi) und Cusch Jung (Flip) schaffen es mit Esprit und Elan, den alten Stimmen zu huldigen, ohne sie platt zu imitieren. Positiv fällt dabei auch ins Gewicht, dass nicht versucht wurde, die Dialoge an die heutige Jugendsprache anzupassen. Vielmehr hat man sich auf eine altmodisch-behutsame Sprechweise besonnen, die zeitlosen Charme versprüht: Wenn Maja flucht, beschimpft sie eine Gegnerin schon mal als „freche Liese“ und ihr selbst wird dann gedroht mit Worten wie „Fern von Zuhaus‘ ist’s bald aus“. Vergleichsweise weniger gelungen ist die Neuaufnahme des Titelsongs durch Helene Fischer. Von Karel Gotts Kultversion ist sie weit entfernt, doch das fröhliche Lied erweist sich letztlich als ähnlich unverwüstlich wie die Bienenheldin selbst.

    Fazit: Alexs Stadermanns „Die Biene Maja – Der Kinofilm“ ist eine nett erzählte Animationskomödie für Kinder, die nicht an den unübertrefflichen Charme der 1975er TV-Serie heranreicht.

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