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    In the Name of the Son
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    In the Name of the Son
    Von Gregor Torinus

    Die Katholische Kirche steht in diesen Tagen stark unter Beschuss. Dabei sind die jüngsten Aufregungen um den Limburger (Ex-)Bischoff Tebartz-van Elst wegen dessen teurer Residenz fast schon vergessen. Aber immer wieder aufkommende Skandale um Themen wie Pädophilie haben das Ansehen der Katholischen Kirche bei einem Großteil der Bevölkerung nachhaltig beschädigt, wozu zusätzlich beiträgt, dass sich einzelne Kirchenvertreter auch mal gerne mit veralteten Anschauungen zu gesellschaftlichen Themen melden. Da verwundert es nicht, dass sich schon seit je her auch Filmemacher an der Katholischen Kirche reiben. Nachdem im August 2014 erst in Deutschland „Gott verhüte!“ in den Kinos startete, eine kroatische Tragikomödie, in der Regisseur Vinko Bresan einen katholischen Priester Kondome durchlöchern ließ, um in seiner Gemeinde das göttliche Vermehrungsgebot durchzusetzen, folgt nur zwei Monate später schon die nächste kirchenkritische Satire. Der Belgier Vincent Lannoo („Vampires“) macht in dem bitterbösen „In The Name Of The Son“ dabei dort weiter, wo der vergleichsweise harmlos-gefälligere „Gott verhüte!“ aufhörte.

    Elisabeth (Astrid Whettnall) ist eine glückliche Mutter und eine treue Ehefrau. Die gläubige Katholikin arbeitet als Moderatorin eines christlichen Radioprogramms, wo sie gemeinsam mit einem Priester dringende Glaubensfragen der Zuhörer beantwortet. Als die Kirche private Unterkünfte für ihre Mitarbeiter sucht, bietet Elisabeth Pfarrer Achille (Achille Ridolfi) ein Zimmer in ihrem Haus an. Als ihr Mann bei einem Jagdunfall ums Leben kommt, findet Elisabeths 13-Jähriger Sohn Julien bei dem Priester Trost. Als der Pfarrer mehrere Monaten später wieder abreist, kommt es zur nächsten Katastrophe: Julien erschießt sich vor den Augen seiner Mutter. Es stellt sich heraus, dass er und der Priester eine erotische Beziehung hatten. Als Elisabeth beim Bischof um Hilfe sucht, beißt sie bei dem alten Mann auf Granit. Der beschimpft sie als Denunziantin, die einen treuen Diener der Kirche ohne klare Beweise in den Schutz zieht. Davon abgesehen sei für ihren Sohn als Selbstmörder und als Homosexueller sowieso kein Platz im Himmel frei. Auch habe er eine ganze Akte voll mit solchen völlig unbewiesenen Fällen, in denen gute Kirchendiener verunglimpft werden. Fassungslos erschlägt Elisabeth den Bischof, nimmt die Liste mit potenziellen Pädophilen an sich und startet einen blutigen Rachefeldzug.

    Der Film beginnt mit einem Hilfsaufruf der Katholischen Kirche in Form eines Fernsehwerbespottes, in dem zwei Kirchenvertreter ihre Schäfchen um ganz massive Zuwendungen bitten. Sie kündigen auch an, dass zur Kostenersparnis Tausende von Kirchenvertretern für drei Jahre umsonst privat untergebracht werden sollen. Dies alles wirkt wie ein unverfrorener Rückfall in mittelalterliche Zeiten, als die Kirche ihre Schäfchen mit massiven Ablasszahlungen geschröpft hatte. Doch anstatt dies von vornherein als einen Schenkel klopfenden Klamauk zu inszenieren, geht Regisseur Vincent Lannoo genau den gegenteiligen Weg. Dieser Spot ist so nüchtern dargestellt, dass man, wenn man nicht auf den Inhalt des Gesagten hört, anfangs glatt denken könnte, es handle sich um eine dokumentarische Aufnahme. Dies ist exemplarisch für Lannoos gesamte Inszenierung, die sehr unaufgeregt, oft fast schon spröde ist.

    Genau hierdurch entfaltet „In The Name Of The Son“ seine subversive Kraft. Während der Inhalt immer grotesker und böser wird, behält der Regisseur selbst inmitten der unglaublichsten Szenen seinen zurückhaltenden Tonfall. Wenn in surrealen Szenen dann eine paramilitärische Katholische Wehrsportgruppe auf Pappkameraden mit Osama-Bin-Laden-Aufdruck ballert, werden sogar Erinnerungen an Satire-Klassiker wie Monty Pythons „Der Sinn des Lebens“ oder Jean-Luc Godards groteskes Meisterwerk „Weekend“ wach. In der Liga dieser prominenten Vorbilder spielt „In The Name Of The Son“ aber nicht. Denn die Kehrseite der ungemein schlichten und unaufgeregten Inszenierung ist offensichtlich: „In The Name Of The Son“ ist dann bisweilen so trocken, dass eine Vereinnahmung des Zuschauers ausbleibt. Der wird auf Distanz gehalten, gerade emotional überhaupt nicht involviert.

    Fazit: Die belgische Groteske „In The Name Of The Son“ macht mit der Katholischen Kirche kurzen Prozess. Eine eigentlich strenggläubige Mutter mutiert zum Racheengel und jagt pädophile Priester mit der Knarre. Nur nimmt die spröde Inszenierung viel Fahrt aus dieser bösen Satire heraus.

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