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    Das Talent des Genesis Potini
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Das Talent des Genesis Potini
    Von Thomas Vorwerk

    Wie zuletzt „Freeheld - Jede Liebe ist gleich“ basiert auch „Das Talent des Genesis Potini“ nicht nur auf einer „wahren Geschichte“, sondern auf einem bereits existierenden Dokumentarfilm (hier: „Dark Horse“ von 2003). Während es Peter Sollett in „Freeheld“ nicht wirklich gelang, seiner Story um ein lesbisches Pärchen, das um Gleichberechtigung kämpft, eine neue Dimension abzugewinnen, legt James Napier Robinson mit seinem neuseeländischen Spielfilm um unterprivilegierte Jugendliche und einen manisch-depressiven Schachlehrer eine mitreißende und eigenständige Dramatisierung vor. „Das Talent des Genisis Potini“ besticht dabei insbesondere durch Cliff Curtis‘ kraftvolle Darstellung der 2011 verstorbenen Titelfigur und das Gespür des Regisseurs für lokale Besonderheiten und Eigenarten.

    Dieser Genesis Potini ist im weiteren Sinne ein Protagonist zwischen „Genie und Wahnsinn“ - eine im Grunde nicht gerade ungewöhnliche Figur, wie man sie sonst bevorzugt in Wissenschaftsdramen wie etwa Ron Howards oscargekröntem „A Beautiful Mind“ zu sehen bekommt. Cliff Curtis (der Travis Manawa in „Fear The Walking Dead“) gewinnt der Rolle indes ganz eigene faszinierende Facetten ab und wirkt mit seiner beachtlichen Statur und dem fast kahlen Schädel eher wie ein indigener Krieger als wie ein Schachspieler und -lehrer. Einst zählte Genesis selbst zu den ganz großen Talenten des königlichen Spiels und war unter dem Namen „Dark Horse“ bekannt. Nun wird er nach einem längeren Psychiatrieaufenthalt von seinem Bruder Ariki (Wayne Kapi) aufgenommen und stößt auf der Suche nach Kontakt in dem ungewohnten neuen Umfeld auf eine Schachgruppe für Jugendliche, der er sein Wissen und Können weitergeben kann.

    Genesis findet bei den jungen Schachspielern eine neue Aufgabe und schließlich interessiert sich auch sein Neffe Mana (James Rolleston) für die Gruppe. Nur hat Ariki ganz andere Pläne für seinen Sohn: Die Initiation bei den „Vagrants Gisborne“ steht an, einer Art regionaler und ähnlich kriminell durchsetzter Version der Hells Angels. Diverse naheliegende Konfliktsituationen, Genesis‘ generelle Überforderung (nebenbei will er auch noch seine Medikamente absetzen) und ein nationales Nachwuchs-Schachturnier sorgen für Spannung und Dramatik auf ganz verschiedenen Ebenen und dabei klingen dann auch unterschiedliche Genres an. Wenn Genesis für seine (unterschiedlich begabten, aber zumindest ambitionierten) Kids einsteht, erinnert dies an bestimmte Schulfilme mit prägenden Lehrerfiguren, aber schon durch die Wettbewerbssituation hat „Das Talent des Genesis Potini“ auch etwas von einem klassischen Sportfilm.

    Vor allem aber überzeugt „Das Talent des Genesis Potini“ als ungewöhnliches Familien- und Sozialdrama, das psychologisch ebenso glaubwürdig ist wie in der Milieuzeichnung. Der noch nicht ganz erwachsene Mana ist hin- und hergerissen zwischen zwei eher ungeeignet wirkenden Vorbildfiguren, und über die nicht eben zimperlichen Bikertypen kommt auch ein sehr reales Gefahrenpotenzial in die ohnehin komplizierten Beziehungen. Dass Regisseur Robertson nicht nur die richtige Balance zwischen den einzelnen Aspekten seiner Erzählung findet, sondern nebenbei  auch noch unaufdringlich die Mythologie Neuseelands einflicht, adelt diesen unkonventionellen Film.

    Fazit: In „Das Talent des Genesis Potini“ wird auf ungewöhnliche und ziemlich ungezähmte Weise von einem außerordentlichen (Anti-)Helden und seinem Leben erzählt.

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