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    Cut Snake
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Cut Snake
    Von Michael Meyns

    As mad as a cut snake – so beschreibt man in Australien umgangssprachlich eine Person, die kurz vor der Explosion steht und der man lieber nicht zu nahe kommen will. Bei Pommie (Sullivan Stapleton), der in Tony Ayres‘ Thriller-Drama „Cut Snake“ gerade aus dem Gefängnis gekommen ist und seinen Knastkumpel Sparra (Alex Russell) aufsucht, ist das fast schon ein Dauerzustand. Er ist so unberechenbar, dass er in den ersten Filmminuten gleich eine ältere Dame umbringt und eine Schwulenbar überfällt, womit er Sparras inzwischen geregeltes Leben binnen Kurzem aus den Fugen hebt. Aber so berechtigt die Bezeichnung Cut Snake anfangs auch scheint, so wird doch bald deutlich, dass Pommie eine komplexere Figur ist, als zunächst anzunehmen. Und was als harter Thriller mit Film-noir-Anklängen beginnt, erweist sich als faszinierender Genregemix.

    Zunächst wirkt der im Jahr 1974 angesiedelte Filme mit seinen wunderbaren Synthetikklamotten und der Seventies-Musik wie ein ebenso lässiger wie kompromissloser Neo-Noir-Thriller, in dem Pommie die heile Welt eines inzwischen auf dem Pfad der Tugend wandelnden Ex-Knackies zerstört. Nach und nach kommt jedoch das eigentliche Thema ins Spiel: Vertrauen und Eifersucht. Denn Pommie und Sparra waren im Gefängnis ein Paar, wobei lange offenbleibt, wie genau ihre Beziehung aussah. Hier spielt es durchaus eine wichtige Rolle, dass homosexuelle Beziehungen zur Handlungszeit vor 40 Jahren gerade in ländlichen Regionen noch keineswegs so akzeptiert waren, wie sie es heute sind. Langsam entwickelt sich „Cut Snake“ nun in einen erstaunlich dramatischen, berührenden Film über unterdrückte Leidenschaften und Gefühle. Besonders Hauptdarsteller Sullivan Stapleton („300: Rise Of An Empire“, „Königreich des Verbrechens“) trägt mit seiner vielschichtigen Darstellung dazu bei: Sie ist zu Beginn ausschließlich von viriler Gewalt geprägt, weist bald aber erstaunlich zarte, emotionale Züge auf. So wird „Cut Snake“ zu einem erzählerisch bisweilen zwar etwas holprigen, aber definitiv ungewöhnlichen Film.

    Fazit: „Cut Snake“ ist eine reizvolle und weitgehend gelungene Genremischung: Aus einem klassischen Thriller wird mit zunehmender Dauer ein emotionales Drama über unterdrückte Gefühle und homoerotische Anziehung.

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