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    La última película
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    La última película
    Von Tim Slagman

    Der letzte Film also, „La última película“: So lautet beispielsweise auch der spanische Verleihtitel von Peter Bogdanovichs „The Last Picture Show“ (in Deutschland: „Die letzte Vorstellung“). Mehr Gemeinsamkeiten als mit jenem melancholischen Kleinstadtepos von 1971 hat die experimentelle Komödie von Mark Peranson und Raya Martin allerdings mit Dennis Hoppers „The Last Movie“ und seiner avantgardistischen Demontage der Erzählweise Hollywoods aus dem gleichen Jahr. Auch in „La última película“ erscheint nun die Verweigerung als ultimativer, stärker kaum denkbarer Bruch mit den Konventionen des narrativen Kinos, etwa wenn es dort zweimal heißt „scene missing“. Während solche Verweise einst bei den Künstlern der Gegenkultur immer auch den Produktcharakter der Filme hervorheben sollten und damit auch den kapitalistischen Machtverhältnissen galten, bleibt davon bei Peranson und Martin allerdings nur wenig: Hier ersetzt letztlich der clever inszenierte Insidergag den aufklärerischen Anspruch.

    Wenn sie erzählen, dann erzählen die beiden Regisseure von dem fiktiven amerikanischen Kollegen Alex (Alex Ross Perry), der 2012 in Mexiko einen Film drehen will, um die Apokalypse der Maya mit dem Ende des Filmemachens ineinanderfließen zu lassen. Doch er entpuppt sich als prätentiöser Schwätzer, der die vermüllten Hinterhöfe von Yucatán mit einem sinnlosen Interesse aufnimmt, über das sein mexikanischer Guide Gabino (Gabino Rodriguez) nur den Kopf schütteln kann. Für seine esoterisch inspirierten US-Landsleute, die in der berühmten Ruinenstätte Chichén Itzá ein hippieskes Happening veranstalten, hat der Filmemacher nur Verachtung übrig, ohne zu bemerken, wie sehr er ihnen in Wirklichkeit ähnelt. Iazua (Iazua Larios), eine einheimische Journalistin, wird in einer Kneipe als Darstellerin gecastet, sie selbst dreht gerade einen Fernsehbeitrag über einen Gourmet-Chef, in dem der echte dänische Sternekoch René Redzepi auftritt. Und ist das zärtliche Spiel von Reporterin und Filmregisseur in einem wunderschön klaren kleinen See nun doppelt inszenierte Handlung oder innerfilmische Wirklichkeit?

    Mit neun unterschiedlichen Kameras fangen Peranson und Martin Momentaufnahmen ein. Die Scheindokumentation der Dreharbeiten, die Handlung des Films im Film und kunsttheoretische Abschweifungen folgen ohne erkennbaren Plan in beliebig wirkender Reihenfolge aufeinander. Grobkörnige Bilder und gedämpfte Sprache aus dem Richtmikrofon wechseln sich immer wieder mit genau jener glasklaren Digitalästhetik ab, gegen die der Regisseur im Film so heftig polemisiert. So durchzieht den Film eine hintergründige Ironie, die sich bereits aus der Prämisse ergibt: Das Ende der Welt ist schließlich genauso ausgeblieben wie – dies freilich wohl nur bislang – das Ende des Zelluloids. Und wo gar nicht versucht wird, eine kohärente Erzählung aufzubauen, da ist das Insert „scene missing“ letztlich auch kaum mehr als eine melancholische Geste an eine Zeit, in der die Dekonstruktion des Kinos auch zu tun hatte mit der Dekonstruktion von dessen Produktionsbedingungen. So bleibt dieser Film über den angeblich letzten Film der Menschheit ein sympathischer Spaß für Insider, eine Verhohnepipelung des heiligen Ernsts, mit dem Industrieclowns ihre Rolle in der Arena abstreifen zu können glauben. Der wahrhaftig-wehrhafte kritische Blick aber spielt hier kaum noch eine Rolle – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der er angesichts der auf uns einprasselnden Bilderfluten besonders nötig scheint.

    Fazit: Das Regie-Duo springt in dieser „experimentellen Komödie“ durchaus humorvoll und selbstreflexiv zwischen Erzählebenen und Kameratechniken hin und her, bietet dabei aber nicht mehr als leidlich amüsante Unterhaltung für Kenner.

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