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    Overboard
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Overboard
    Von Asokan Nirmalarajah

    2014 erklärte das Branchenmagazin Variety Eugenio Derbez zum einflussreichsten männlichen Hispanic der Unterhaltungsindustrie. Eugenio wer? Der 56-jährige Mexikaner, Familienvater von zwei Töchtern und zwei Söhnen, ist hierzulande nahezu unbekannt. Für das Publikum in Mexiko und die hispanische Gemeinde in den USA aber ist Derbez einer der größten Kinohelden. Seine Familienkomödie „Plötzlich Vater“ von 2013 – unter eigener Regie, nach eigenem Drehbuch und mit sich selbst in der Hauptrolle – avancierte zur erfolgreichsten spanischsprachigen Produktion aller Zeiten (und wurde anschließend auch in Frankreich mit Omar Sy als „Plötzlich Papa“ neu aufgelegt). Nun schickt sich der knautschgesichtige, schlaksige Derbez an, mit dem Remake einer Kult-Komödie von 1987 auch das englischsprechende Publikum zu erobern.

    In Garry Marshalls RomCom „Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“ trifft Goldie Hawn als arrogante Millionenerbin auf einen von Kurt Russell verkörperten frechen, verschuldeten Handwerker. Trotz körperlicher Anziehung können sie nicht ausstehen. Als die reiche Zicke durch einen Unfall ihr Gedächtnis verliert, rächt er sich für ihren Hochmut und erzählt ihr, sie sei seine Frau und die Mutter seiner ungezogenen Söhne… Die grob gestrickte Variation von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ wurde schon Ende der 1980er von den meisten Kritikern als sexistische Albernheit abgetan, heute wirkt sie geradezu steinzeitlich in ihrer Geschlechterdarstellung. Im Remake werden die Hauptrollen zwischen Mann und Frau getauscht, und Derbez nutzt die Konstellation in seiner Darstellung des geläuterten Machos für eine herrlich charmante Hymne auf eine moderne, sensible Männlichkeit. Doch davon abgesehen ist die Amnesie-Komödie „Overboard“, mit der TV-Regisseur Rob Greenberg sein Kinodebüt gibt, eine eher pointenarme und insgesamt recht freudlose Angelegenheit.

    Leonardo Montenegro (Eugenio Derbez) ist der einzige Sohn eines schwerreichen Industriellen. Während sich seine Schwestern am Krankenbett des Patriarchen einfinden und um dessen Nachfolge buhlen, frönt der vom Papa eigentlich auserkorene Haupterbe auf seiner Yacht seinen Lastern: Frauen, Champagner und Mangos (oder hat er gerade doch mehr Lust auf Papayas, wie er den lieben Tag lang überlegt). Als Leonardo der zur Reinigung seiner Schlafgemächer engagierte Kate (Anna Faris) befiehlt, ihm Obst zu bringen, kommt es zum Streit zwischen dem verantwortungslosen Playboy und der überarbeiteten Alleinerziehenden von drei Töchtern. Er wirft sie kurzerhand über Bord. Als er in derselben Nacht durch einen Unfall selbst ins Wasser fällt, wacht er mit Gedächtnisverlust im Krankenhaus auf. Kate nutzt die Gunst der Stunde, stellt sich mit gefälschten Papieren als seine Ehefrau vor und nimmt den verwirrten Leonardo mit. Zu Hause soll er kochen, putzen und nach den Kindern schauen, während Kate für die Prüfung zur Krankenschwester büffelt…

    Wie sich der extrem egoistische Leonardo nach anfänglichem Ekel vor Putzlappen, Pfannen und Kindern zum modernen Hausmann und Vater mausert ist der unterhaltsamste Abschnitt von „Overboard“, nachdem die Komödie zu Beginn nur schwer in Fahrt kommt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass weder Kate noch Leonardo anfänglich besonders sympathische Figuren sind. Anna Faris (bekannt unter anderem aus der „Scary Movie“-Reihe und der Sitcom „Mom“) und Eugenio Derberz agieren in dieser Phase zudem ziemlich überdreht, als wollten sie über die plumpe Klischeehaftigkeit ihrer Rollen hinwegtäuschen, die trotzdem nicht zu übersehen ist.

    Doch nach dem schwachen, konstruiert wirkenden ersten Drittel passiert das Unerwartete: Die Entscheidung, die Geschlechter der Protagonisten diesmal zu tauschen, führt dazu, dass der Fokus auf Leonardo liegt, der sich erst notgedrungen und dann mit Überzeugung zu einem echten Sympathieträger entwickelt. Die Umerziehung des Machos wird durch die Mimik und Gestik von Eugenio Derbez zum echten Ereignis, mit seinem Charisma veredelt er viele Szenen. Faris hingegen wirkt unterfordert in der Rolle der Manipulatorin und wird zunehmend an den Rand gedrängt. Es ist allein Leos Wandel, der Lacher erzeugt, schließlich sogar zu Tränen rührt und der „Overboard“ dann doch ein wenig Klasse verleiht.

    Fazit: „Overboard“ ist eine arg vorhersehbare romantische Komödie, in der viele der Klischees des Originals wiederholt werden. Einen Blick wert ist das Remake aber doch und zwar wegen Hauptdarsteller Eugenio Derbez, der mehr Humor, Tragik und Menschlichkeit aus seiner Rolle herausholt, als man es vorab für möglich gehalten hätte.

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