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    I Feel Pretty
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    I Feel Pretty
    Von Antje Wessels

    Spätestens seit Taryn Brumfitts gefeierter Dokumentation „Embrace – Du bist schön“ ist das Thema Bodyshaming in aller Munde. Der vor allem in den sozialen Medien grassierenden Lächerlichmachung, Diffamierung und Erniedrigung insbesondere von Frauen aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung, stellt sich unter anderem die „Body Positivity“-Bewegung entgegen und propagiert, dass jeder Mensch schön ist, auch wenn er nicht den vorherrschenden Schönheitsidealen entspricht. Keine Frau soll sich mehr unter Druck fühlen, die vermeintlichen Traummaße 90-60-90 anzustreben und sich in ihrem Körper wohlfühlen können, so wie er ist. Das Regie-Duo Abby Cohn und Marc Silverstein will mit seiner aussagekräftig betitelten Komödie „I Feel Pretty“ nun erklärtermaßen seinen Beitrag zur „Liebe deinen Körper!“-Bewegung leisten.

    Nach ihren gemeinsamen Drehbüchern zu Romantikfilmen wie „Für immer Liebe“ und „How To Be Single“ erzählen Kohn und Silverstein in ihrer ersten Langfilmregiearbeit davon, wie sich eine Frau zum Positiven verändert, nachdem sie die vorgeblichen Problemzonen an ihrem Körper plötzlich nicht mehr als solche empfindet. Das ist ein lobenswerter Ansatz, doch leider bleibt die Umsetzung in Widersprüchen stecken und letztlich geht der Schuss nach hinten los. Das liegt zum einen daran, dass die Facetten der von Amy Schumer verkörperten Hauptfigur weder erzählerisch noch darstellerisch wirklich ausgelotet werden, und zum anderen an der sehr eingeschränkten Perspektive des Films, bei der ausgerechnet die Umstände und Mechanismen, die dazu führen, dass laut verschiedenen Umfragen immer noch über 90 Prozent der Frauen unzufrieden mit ihrem Körper sind, weitgehend ausgeklammert bleiben. Und übermäßig witzig ist „I Feel Pretty“ auch unabhängig davon nicht.

    Renee Bennett (Amy Schumer) ist absoluter Durchschnitt. Sie besitzt weder Modelmaße, noch eine straffe Haut, auf ihrem Konto tummeln sich keine Millionen und in ihrem Mittelklasse-Job bei einer Kosmetikfirma ist sie unglücklich. Um endlich etwas für ihr Wohlbefinden zu tun, meldet sie sich bei einer Fitnesskette an, wo es in der ersten Stunde prompt zu einem Unfall kommt. Nachdem Renee mit dem Kopf auf den Boden geknallt ist, hat sie plötzlich ein ganz neues Selbstbewusstsein: Fortan liebt sie ihre Rundungen und findet sich schön, so wie sie ist. Mit ihrem neu gewonnen Enthusiasmus klettert sie nicht nur die Karriereleiter bei einer angesagten Modefirma ganz weit nach oben, sie lernt auch einen charmanten Mann (Rory Scovel) kennen, in den sie sich verliebt. Doch Renees neu gewonnenes Glück währt nicht lange – als es zu einem weiteren Unfall kommt, nimmt sie sich wieder so wahr wie zuvor…

    Die Farrelly-Brüder haben bereits 2001 mit „Schwer verliebt“ eine thematisch durchaus vergleichbare Komödie gedreht. Aber während sich dort für Jack Blacks Protagonist die wahre, innere Schönheit zunächst einmal dadurch offenbart, dass er die tatsächlich schwer übergewichtige Rosemary schlicht als ranke und schlanke Gwyneth Paltrow sieht, wechseln die Macher von „I Feel Pretty“ nun zur weiblichen Perspektive und gehen dabei noch einen entscheidenden Schritt weiter. Denn Renee erblickt beim Blick in den Spiegel immer noch die unverändert kurvige Amy Schumer – nur stört sie das nicht mehr. Sie ist sie auf einen Schlag mit sich im Reinen und legt dadurch ein ungeheures Selbstbewusstsein an den Tag. Auf den ersten Blick funktioniert die Anti-Bodyshaming-Botschaft hier ganz gut - schließlich zeigt Renee, dass man sich auch ohne die berüchtigte Idealfigur ganz selbstverständlich wohl in seiner Haut fühlen kann.

    Auf den zweiten Blick jedoch sind in „I Feel Pretty“ einige erzählerische Fallstricke zu entdecken. Dass die neue positive Selbstwahrnehmung hier einfach durch einen Schlag auf den Kopf ausgelöst wird, ist schon ein arg billiger Kniff und dass die Drehbuchautoren es den ganzen Film über versäumen, sich ausführlicher mit Renees Umfeld zu befassen, passt auch nicht zum aufklärerischen Anspruch. Statt sich etwas genauer der Frage zu widmen, woher die anfängliche Unzufriedenheit der Hauptfigur überhaupt kommt, wird sie gleichsam vorausgesetzt – als sei sie ganz normal. Wie wichtig auch Fremdwahrnehmungen, von außen geschürte Erwartungen und die allgemeine gesellschaftliche Fixierung aufs Äußerliche dabei sind, kommt kaum vor. Und so bleibt über kurz oder lang der paradoxe Eindruck: Die Einzige, die in der Welt des Films ein Problem mit sich und ihrem Äußeren hat, ist die Hauptfigur selbst.

    Während Renee sich in jeder freien Minute einzig und allein über ihr Aussehen definiert – zu Beginn, indem sie sich als Frau mit Kurven andauernd selbst bemitleidet und später, indem sie ihre tolle Figur permanent in Hysterie versetzt –, gehen Freunde, Bekannte und Kollegen immer nur dann auf Renees Äußeres ein, wenn deren extreme Reaktionen eine entsprechende Antwort einfordern. Dieser Eindimensionalität hat Amy Schumer, die sich hier deutlich weniger wohl in ihrer Haut zu fühlen scheint als etwa in „Dating Queen“, auch darstellerisch nichts hinzuzufügen.

    „I Feel Pretty“ wandelt sich bei all dem fast zu so etwas wie einem naiven Großstadtmärchen in alter eskapistischer Hollywood-Tradition: Renee macht durch ihr neues, ungewohnt extrovertiertes Auftreten nicht bloß Karriere bei einem Modelabel (mit Michelle Williams als mit Fistelstimme ausgestatteter Bossin, die in einer „Zoolander“-Gedächtnisrolle allen anderen die Show stiehlt), sondern verliebt sich auch endlich und findet plötzlich sogar bei den Reichen und Schönen Anklang. Diesen Höhenflug inszenieren Abby Kohn und Marc Silverstein weitgehend ohne Ironie als Inbegriff eines Kleinmädchentraums, was immerhin hier und da ganz süß ist.

    Wenn Renee voller Stolz Klamotten präsentiert, die sie vorher niemals getragen hätte, dann haben solche Szenen durchaus etwas Befreiendes. Aber als sie sich schließlich bei einem Bikini-Contest präsentiert, loten die Macher die Situation bis an die Grenze der Erträglichkeit aus, indem sie Renee eben doch der Lächerlichkeit preisgeben – und das hat absolut gar nichts mit ihrer Figur zu tun! Darüber hinaus wird Renee ab dem Moment der veränderten Körperwahrnehmung selbst immer oberflächlicher und lässt sogar ihre jahrelangen Freundinnen links liegen. Ganz so, als würde man hier sagen wollen, dass hinter gutem Aussehen automatisch ein schlechter Charakter steckt. Und das wiederum ist erst recht oberflächlich.

    Fazit: „I Feel Pretty“ soll Frauen dazu ermutigen, sich schön zu fühlen, so wie sie sind. Das oberflächliche Skript und eine weit unter ihren Möglichkeiten aufspielende Amy Schumer lassen die „Love Yourself!“-Message allerdings weitgehend verpuffen.

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