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    The Kill Room
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Kill Room

    Mord als Moderne Kunst

    Von Stefan Geisler

    Es ist ein Gag mit einem ziemlich langen Bart, dass die moderne Kunstszene wohl selbst ein Haufen Scheiße abfeiern würde, solange er nur einen entsprechend hohen Betrag erzielt. Im zweiten Spielfilm von Regisseurin Nicol Paone („Friendsgiving“) wird die altbackene Kritik am Kunstbetrieb dennoch zum Dreh- und Angelpunkt einer knapp 100-minütigen Satire, die so ermüdend geschwätzig wie erschreckend zahnlos daherkommt. Dabei bietet die Idee, Geldwäsche mithilfe eigentlich wertloser, aber dennoch für horrende Summen verschacherter Kunstwerke zu betreiben, eigentlich eine Menge Potenzial.

    Nur erweist sich „The Kill Room“ leider als handzahmer Tarantino-Verschnitt ohne nennenswerte Höhepunkte. Sehr schade, denn mit dem „Pulp Fiction“-Power-Paar Uma Thurman und Samuel L. Jackson, die hier zudem noch von „Magic Mike“-Stripper Joe Manganiello als künstlerisch begabter Auftragskiller unterstützt werden, ist der Film in den Hauptrollen durchaus überzeugend besetzt. Aber selbst ein solcher Cast kann die eklatanten Drehbuchschwächen nicht überdecken.

    Universal Pictures Germany
    Samuel L. Jackson kennt sich mit Tarantino-artigen Dialogen natürlich bestens auch – selbst wenn „The Kill Room“ seinen Vorbildern nicht das Wasser reichen kann.

    Patrice Capullo (Uma Thurman) ist am Ende: Ihre Galerie in Manhattan wirft schon lange keinen Gewinn mehr ab und ihre Künstler*innen wechseln zur Konkurrenz. Da passt es sich, dass auch Gordon alias Black Dreidel (Samuel L. Jackson) vor einem gewaltigen Problem steht: Der Gangster arrangiert Morde im Auftrag der Mafia – ein lukratives Geschäft, doch die Geldwäsche bereitet ihm Kopfzerbrechen. Doch es gibt einen Weg, wie sich beide Parteien ihrer Probleme entledigen können.

    Gordon lässt seinen besten Auftragskiller Reggie (Joe Manganiello) Gemälde malen, die dann zu überhöhten Preisen von den Auftraggeber*innen der Morde gekauft werden. Die Galeristin behält einen Teil des Gewinns und der Rest wandert legal zurück in die Unterwelt. Einen Künstlernamen bekommt Reggie, der seine Opfer am liebsten mit einer Plastiktüte erstickt, auch verpasst: The Bagman! Das Dumme ist nur, dass die reichen Kunstsammler*innen zunehmend auf The Bagman und seine verstörenden Werke zu fliegen scheinen – und der kaum noch zu zügelnde Hype droht das illegale Geschäft auffliegen zu lassen…

    Was ist Kunst?

    Natürlich lässt sich über die kreative, handwerkliche und monetäre Wertigkeit gewisser Gemälde vortrefflich streiten. Ist Kasimir Sewerinowitsch Malewitschs „Suprematistische Komposition“ wirklich 85,8 Millionen Dollar wert? Wahrscheinlich nicht. Aber am Ende definiert sich der Wert einer künstlerischen Arbeit eben allein darüber, wie viel eine einzelne Person bereit ist, dafür zu zahlen! Gerade in Zeiten der auseinandergehenden Schere zwischen Arm und Reich darf man manch astronomische Summe durchaus mal kritisch hinterfragen. Die in „The Kill Room“ angebrachte Kritik am modernen (bzw. mordenden) Kunstgeschäft lässt jedoch jede Raffinesse vermissen und setzt stattdessen auf eine naive „Das kann doch jeder“-Pointe, mit der sich die Thriller-Satire aber letztlich sogar selbst ein Bein stellt.

    Denn natürlich soll die (vermeintliche) Expertise sogenannter Fachleute durch den Kakao gezogen werden, wenn sie plötzlich Unsummen für die Werke eines Kunst-Amateurs zu zahlen bereit sind. Nur: Sie erkennen im Schaffen des Bagman durchaus eine brutale Ungeschliffenheit sowie eine befremdliche, geradezu verstörende Note – und treffen den Nagel damit eigentlich ja sogar genau auf den Kopf. Die Wirkung auf den Betrachtenden ist also definitiv vorhanden – und der Auftragskiller Reggie gibt hier, ob nun gewollt oder nicht, ein Teil seines (blutgetränkten) Innenlebens preis. Auch wenn manch prätentiöser Wichtigtuer doch mehr in dessen Œuvre sieht, als es der malende Plastiktüten-Mörder beabsichtigt hat.

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    Wer ist der geheimnisvolle The Bagman? Lange weiß niemand, wer sich hinter dem mysteriösen Alias verbirgt!

    Gerade wenn The Bagman damit beginnt, seine noch immer blutverschmierten Mordwerkzeuge in seine Werke einzubauen, strahlen dessen Arbeiten tatsächlich eine morbide Faszination aus. Wen wundert es da, dass sich die Kunstsammler*innen, die in vollkommen anderen Sphären existieren als der Auftragskiller, von dessen eigenartigen Kreationen beeindruckt zeigen? Ihnen wird ein künstlerisches Tor in ein gestörtes Empfinden ermöglicht, das Gefühle und Emotionen offenbart, die ihnen persönlich fremd sind. Gegen wen oder was „The Killing Room“ eigentlich genau mit seiner Kritik am Kunstmarkt schießen will, bleibt daher vage bis beliebig. Die Erkenntnis, dass hier teilweise mit schändlich hohen Summen hantiert wird und begehrte Werke im Besitz von moralisch fragwürdige Personen landen, ist hier weder neu noch originell verpackt.

    Neben der ziellosen Kritik gibt es auch sonst gravierende Schwächen im Drehbuch, vor allem, was das verhaltene Tempo angeht. Man sehnt sich regelrecht nach der vollständigen Eskalation des spektakulären Steuerbetrugs. Das Potenzial dazu ist da, denn immerhin legt sich die Truppe zwischenzeitlich sogar mit der Mafia an – und auch die mediale Offenlegung der Person hinter dem Bagman-Pseudonym ist eine Gefahr, die wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Figuren schwebt. Doch die erhoffte Zuspitzung des Konflikts bleibt aus. Als zwei Polizist*innen schließlich die Kunstgalerie betreten und einen intensiven Blick auf die Gemälde werfen, feixt man innerlich bereits und fragt sich, ob Patrice Capullo jetzt endlich einmal in Erklärungsnot kommen wird – doch es passiert einfach nichts. Selbst eine Szene, in der die Galeristin um Haar die Profession ihres geheimnisvollen Klienten preisgibt und in ein Kunstwerk des Bagmans kotzt, bleibt ohne Nachspiel.

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    Amateur hin oder her: Die Arbeiten des Auftragskillers strahlen definitiv eine morbide Faszination aus!

    Letztlich können nicht einmal gestandene Stars etwas gegen das lahme Drehbuch ausrichten, selbst wenn in den Wortwechseln teilweise sogar ein (minimaler) Hauch von Tarantino-Stimmung aufkommt. Neben Samuel L. Jackson, der hier als jüdischer Bäcker wie oft den Schalk im Nacken trägt, scheint insbesondere Joe Manganiello sichtlich Spaß an der Figur des mordenden Kunstszenen-Shootingstars zu haben. Erst vollkommen überfordert mit seiner neuen Aufgabe, beginnt er zunehmend, in die ihm angetragene Rolle hineinzuwachsen – und entwickelt letztlich eine eigene, düstere Stimme, die in einem absurden Finale zu voller Kraft heranwächst.

    Dass selbst die im Schlussakt vorgetragenen Twists größtenteils reibungslos über die Bühne gehen, unterstreicht ein letztes Mal das verschenkte Potenzial, das in dieser Geschichte steckt. Die dem Publikum vorgeschlagenen Lösungen für die während eines Doppelmords auftretenden Probleme sind so dämlich, dass sie fast schon wieder Spaß machen. Aber eben leider auch nur fast.

    Fazit: Die Dialoge hätten mehr Pfiff gebraucht, die Kritik am Kunstgeschäft hätte bissiger sein müssen – dann hätte es womöglich für einen zumindest soliden Tarantino-Klon gereicht. So aber ist die müde Satire bedauerlicherweise ein echter Reinfall – da können selbst die gut aufgelegten Stars nur wenig retten.

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