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    Die Bären sind los
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Bären sind los
    Von Christoph Petersen

    Ähnlich wie sein Kollege Steven Soderbergh ist auch Regisseur Richard Linklater ein Wanderer zwischen den Genres, Budgets und Zielgruppen. Bekannt geworden mit dem Seventies-Kultfilm „Dazed And Confused“, erinnerten seine erfrischenden Liebesfilme Before Sunrise und dessen Fortsetzung Before Sunset an Klassiker der Nouvelle Vague, während sein nachträglich durch Computeranimation verfremdeter Waking Life mit Keanu Reeves die Kunstfilm-Ecke streift und sein bisher finanziell erfolgreichstes Werk School Of Rock mit Jack Black ganz starkes, wenn auch recht konventionelles Kinderkino ist. Mit „Die Bären sind los“, einem Remake der gleichnamigen Baseball-Comedy mit Walter Matthau aus dem Jahre 1976, hat sich Linklater nun zum zweiten Mal an einem Film für das junge Publikum versucht. Aber schon an der Besetzung von „Bad Boy“ Billy Bob Thornton als „Vorbild“-Trainer kann man erkennen, dass es diesmal ein bisschen weniger konventionell zugehen soll. Leider hat Linklater dabei ein wenig übertrieben. Das dauernde Fluchen, Thorntons nicht gerade kindgerechtes Auftreten und die politisch inkorrekten Witze sind nur in der ersten Hälfte wirklich lustig, später wirken sie dann eher ein wenig bemüht und ausgelutscht.

    Der ehemalige Baseball-Profi Morris Buttermaker (Billy Bob Thornton, Tatsaechlich Liebe, Ein (Un)möglicher Härtefall) schlägt sich mittlerweile als Kammerjäger durch. 2/3 eines Innings hatte er einst mehr schlecht als recht in der Major League gepitcht, der Ruhm dieser wenigen Minuten reicht aber nur noch, um hier und da mal ein junges Mädchen ins Bett zu kriegen. Als die Anwältin Liz Whitewood (Marcia Gay Harden, Mystic River) ihm einen dicken Cheque anbietet, damit er das Team ihres Sohnes Toby (Ridge Canipe, Walk The Line) trainiert, das so schlecht ist, dass Liz die Teilnahmen der Mannschaft an der Junior League erst durch eine einstweilige Verfügung einklagen musste, sieht Buttermaker dies als gute Chance auf einfach verdientes Geld.

    Er lässt die Kinder mit ihrer Unfähigkeit alleine, schmeißt ihnen ab und an mal einen Baseball an den Kopf und kippt sich an der Seitenlinie ein Bier nach dem anderen hinter die Binde. So endet das erste Spiel gegen die vom extrem ehrgeizigen Coach Roy Bullock (Greg Kinnear, Unzertrennlich) trainierten Yankees auch mit einer Niederlage von historischen Ausmaßen. Nach und nach fängt Buttermaker aber an, gefallen an seinem nur aus Außenseitern bestehenden Team zu finden. Und auch, wenn die meisten seine Methoden als eher ungewöhnlich einschätzen würden, stellen sich schnell erste Erfolge ein. Sogar das Endspiel um die Jugendmeisterschaft erreichen die Bären, wo sie wieder ihrem Lieblingsgegner – den Yankees – gegenüberstehen...

    Eigentlich entspricht die Entwicklung der Bären vom unkoordinierten Loser-Haufen zum Erfolgsteam gängigen Genremustern, erinnert so stark an den Fußball-Streifen „The Big Green“ oder das Eishockey-Franchise „Mighty Ducks“. Aber die Figur des saufenden Egoisten Buttermaker macht aus der nur auf den ersten Blick herkömmlichen Sport-Geschichte eine in ihren besten Momenten bitterböse, schwarzhumorige Farce auf übertriebenes Erfolgsdenken und politisch korrekte, dafür aber gefühlskalte Kindererziehung. Billy Bob Thornton, dessen Darstellung sich zu wenig von seiner Rolle in dem ähnlich gelagerten, vom selben Drehbuch-Team erdachten Bad Santa unterscheidet, gibt den ignoranten Baseball-Trainer mit genug sympathischen Einlagen, so dass man ihn trotz, oder gerade wegen all seiner Verfehlungen als harten Kerl mit weicher Schale akzeptieren und vielleicht sogar in sein Herz schließen kann.

    Leider fällt der emotionale Zugang zu den Bären selbst erheblich schwerer. Nur Buttermakers Stieftochter Amanda Whurlitzer (Sammi Kane Kraft) erhält eine eigene Hintergrundgeschichte, bei der das Publikum mitfühlen kann. Alle anderen Spieler bleiben übertrieben eindimensional, vertreten nur genau die eine Eigenschaft, die sie zu Außenseitern macht – der eine ist dick, die anderen sind spanisch sprechende Söhne mexikanischer Einwanderer und einer sitzt im Rollstuhl. So kann man zwar über den einen oder anderen gelungen-satirischen Randgruppenwitz lachen, aber nie wirklich mit der Mannschaft mitfiebern, weshalb auch ihre Baseball-Matches eher ohne große Aufregung am Zuschauer vorbeigehen, als dass sie ihn vor lauter Spannung vom Hocker reißen würden.

    Wenn Butternaker seine Schüler wie Saufkumpanen oder billige Arbeitskräfte behandelt, ist das beim ersten Mal urkomisch. Beim zweiten bis fünften Mal ist es zumindest noch ein ernst gemeintes Lächeln wert. Aber irgendwann ist die Luft einfach raus und es hätte noch anderer Stützen bedurft, um das hohe Niveau der ersten Hälfte zu halten. Da aber weder die sportliche Entwicklung der Bären noch die Geschichten der einzelnen Team-Mitglieder wirklich funktionieren, lässt das hohe Tempo immer mehr nach und die letzte halbe Stunde lässt sich sogar als recht betulich bezeichnen. So ist „Die Bären sind los“ als nette Genre-Variation nur Sportfilm- und Thornton-Fans uneingeschränkt zu empfehlen. Für alle anderen dürfte hier nicht mehr als ein meist kurzweiliger Spaß drin sein, dem man aber die weitaus gelungenere Linklater-Comedy School Of Rock vorziehen sollte.

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