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    James Bond 007 - Der Hauch des Todes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    James Bond 007 - Der Hauch des Todes
    Von Martin Soyka

    Nachdem Roger Moore mit „Im Angesichts des Todes“ seine Abschiedsvorstellung in der James-Bond-Reihe gegeben hatte, wartete die Welt gespannt auf die Wachablösung. Und sie kam…und wie!

    Ein Übung auf Gibraltar endet im Desaster. Zwei von drei Doppel-Null-Agenten sehen sich überraschend einem Meuchelmörder gegenüber. Nur 007 (erstmals: Timothy Dalton) kann den Attentäter stellen und ihn in einem spektakulären Kampf töten. In Bratislava angekommen überwacht James Bond das Überlaufen des russischen Generals Koskov (herrlich ölig: Joeren Krabbé) und verhindert, dass eine Attentäterin (schnuckelig: Maryam D´Abo) aus ihm ein Sieb macht. Koskov macht seinen Vorgesetzten General Pushkin (gewohnt souverän: John Rhys-Davies) für die Morde auf Gibraltar verantwortlich. Als Koskov offenbar von den eigenen Leuten aus den Händen des MI6 zurück entführt wird, erhält Bond postwendend den Auftrag, Pushkin zu liquidieren. Aber das geht dem besten Agenten ihrer Majestät dann doch zu schnell. Er beschließt, auf eigene Faust nachzuforschen. Und zwar bei der Attentäterin aus Bratislava. Die ist nämlich eigentlich Cellistin - und sieht außerdem ganz reizend aus. Bond gibt sich ihr gegenüber als Freund von Koskov aus und schleust sie nach Österreich. Doch der MI6 beharrt auf dem Mordauftrag. Bond läuft die Zeit weg…

    Was für ein Debüt! Timothy Dalton ist nicht nur ein exzellenter Schauspieler, er verleiht der Figur auch endlich die Dynamik, die dem alternden Kettenraucher Roger Moore mit der Zeit abhanden gekommen war. Der Waliser war schon für „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ im Gespräch gewesen, fand sich damals selbst aber zu jung. Seiner Meinung nach sollte Bond in den Vierzigern sein, und er war damals erst Ende Zwanzig. Nun kam seine Zeit. Eigentlich war er diesmal gar nicht erste Wahl. Der Australier Sam Neill (Jurassic Park, Das Piano ) hatte schon überzeugende Probeaufnahmen abgeliefert, wurde aber kurz vor Drehbeginn wieder ausgemustert. Das hatte aber auch sein Gutes: Seine Partnerin bei den Probeaufnahmen war die junge Schauspielerin Maryam D´Abo. Und die wurde dann für den Film gecastet. Glück muss man haben.

    Dalton führte einen Großteil seiner Stunts persönlich aus (genau hinschauen bei der Jeep-Szene auf Gibraltar: Es ist wirklich Dalton, der dort hängt), und das tut dem Film wirklich gut. Auch der Charakter bekam ein Update. Daltons Bond ist ähnlich dem Original-Charakter aus Flemmings Büchern ein prinzipiell gebrochener, ausgebrannter Mann. Er hält sich nur widerwillig an seine Instruktionen und sieht einer unehrenhaften Entlassung aus dem Staatsdienst gelassen entgegen. Er ist rauer und insubordinativer als seine Vorgänger. Und in den Action-Szenen kommt er deutlich glaubwürdiger rüber als es Moore je getan hatte.

    Der Film ist einer der letzten, der an Flemmings schriftliches Werk angelehnt war. Die Ausgangssituation in Bratislava nebst Titel waren einer Kurzgeschichte entnommen, der Rest wurde frei hinzu erfunden. Zum ersten Mal seit langer Zeit geht es nicht um eine zentrale Bedrohung der Menschheit, vielmehr handelt es sich um eine Agentengeschichte mit Spionen, Gegenspionen und Verbrechern. Das führt dazu, dass dem Zuschauer ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit abverlangt wird, um den Plot zu verstehen. Macht aber nichts, im Gegenteil. Österreich, Nordafrika sind weitere Schauplätze. Der damals herrschende Afghanistan-Konflikt wird außerdem thematisiert. Das versuchte auch die Action-Gurke „Rambo III“, in der die realen Hintergründe von Maschinengewehrfeuer erdrückt wurden. „Der Hauch des Todes“ bedient sich ebenfalls dieses Settings, romantisiert aber die Freiheitskämpfer als edle Wilde. Aber geschenkt. Hier wird der Agentenfilm eben zum Abenteuerfilm.

    Die Action ist im Vergleich mit den unmittelbaren Vorgängern deutlich explosiver. Endlich sieht man wieder einen Aston Martin, diesmal wintertauglich mit HUD (auf die Windschutzscheibe projizierte Informationen, wie sie neuerdings aus in Luxuslimousinen Einzug halten). Und die Verfolgungsjagd mit ihm auf einem zugefrorenen See kann sich wirklich sehen lassen (sie wird in James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag zitiert werden). Der Kampf auf einem aus einem Flugzeug hängenden Frachtsack ist ohne Tricks gefilmt und wirklich aufregend. Der anschließende Einsturz der Brücke ist dagegen klasse getrickst, das Modell ist als solches nicht erkennbar. Die Schurken sind erfreulich fies, angefangen von Joe Don Bakers faschistoidem Waffenhändler Whitacker, über den Doppelagenten Koskov bis hin zum blonden, die Weltrevolution entgegenträumenden Attentäter Necros (Andreas Wiesniewski, Stirb langsam). Sie sind eine echte Herausforderung.

    Bond hat deutlich weniger Frauen zu umschmeicheln als üblich. Tatsächlich dreht sich der emotionale Kern der Geschichte um ihn und die Cellistin Kara Milovy, die zwischen Bond und Koskov hin- und hergerissen ist. Das wurde dann gleich bezogen auf die zum damaligen Zeitpunkt aufflammende AIDS-Hysterie. Eine derartige Interpretation erscheint aber übertrieben, zumal von Safer Sex nie die Rede ist (was ebenfalls ebenso regelmäßig wie kleinlich bemängelt wird). Exzellent ist auch die Musik, zum letzten Mal von John Barry. Sie unterstützt den Grundton des Films, der gleichzeitig abenteuerlich und down-to-earth ist.

    „Der Hauch des Todes“ gehört zu den unterschätzten Filmen der Reihe. Aus einem nicht nachvollziehbaren Grund akzeptierte das Publikum Dalton nie als Bond und reagierte außerdem irritiert auf den Ausbruch aus dem Erzählschema des Superschurken mit Weltuntergangsplänen. Auch an der leading lady wurde herumgemäkelt (als „verhuscht“ wird sie gelegentlich bezeichnet), völlig zu unrecht. Ihre Figur soll Bonds Beschützerinstinkt wecken, und das gelingt der Schauspielerin hervorragend. Mehr Filme von dieser Qualität würden dem Franchise gut tun.

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