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    Harry Potter und die Kammer des Schreckens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Harry Potter und die Kammer des Schreckens
    Von Carsten Baumgardt

    Ein knappes Jahr mussten sie warten, die Anhänger von Joanne K. Rowlings Welterfolg „Harry Potter“. 120 Millionen verkaufte Bücher machten die ehemalige Lehrerin zur drittreichsten Frau Großbritanniens. Die Verfilmung von Teil 1, "Harry Potter und der Stein der Weisen", avancierte mit einem weltweiten Einspiel von 970 Millionen Dollar zum zweiterfolgreichsten Film aller Zeiten. Künstlerisch erfüllte die Adaption zwar nicht alle Erwartungen, aber das störte nur die Kritiker, nicht die Fans. Bei Teil 2, „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“, hat sich in der Hinsicht nicht viel geändert. Regie-Handwerker Chris Columbus („Kevin - Allein zu Haus“, „Mrs. Doubtfire“) gelang eine phantasievolle, werkgetreue, aber brave Abfilmung des Romans. Beste Familienunterhaltung ohne Tiefgang, nicht mehr und nicht weniger.

    Nachdem Harry Potter (Daniel Radcliffe), der berühmteste Zauberlehrling der zivilisierten Welt, alle Abenteuer des ersten Jahres auf der renommierten Schule für Zauberei und Hexerei in Hogwarts gemeistert hat, holt ihn in den Sommerferien zuhause bei den Dursleys (Richard Griffiths, Fiona Shaw, Harry Melling) der Alltag wieder ein. Seine Ziehfamilie ist so fies wie eh und je. Wenigstens darf Harry ein eigenes Zimmer bewohnen und muss nicht weiter unter der Treppe schlafen. Aufgeschreckt wird der 12-Jährige, als er merkwürdigen Besuch bekommt. Der mysteriöse - und furchtbar hässliche - Haus-Elf Dobby (Toby Jones) warnt den Zauberschüler davor, zum zweiten Schuljahr nach Hogwarts zurückzukehren. Etwas Grauenhaftes werde geschehen. Harry lässt sich davon aber nicht abschrecken und mit Hilfe der Weasley-Brüder (Rupert Grint, Oliver Phelps, James Phelps) gelingt ihm die Flucht aus der Privet Street. Denn Onkel Vernon hatte sein Fenster vernagelt, um ihn einzusperren.

    Nach einer turbulenten Anreise im fliegenden Auto der Weasleys warten bereits erste Überraschungen auf die Zauberlehrlinge. Eine Reihe von rätselhaften Angriffen versetzt alle in Angst und Schrecken. Zuerst wird die Katze des übellaunigen Hausmeisters Angus Finch (David Bradley) versteinert, dann muss Erstklässler Colin Creevey (Hugh Mitchell) und später sogar Harrys beste Freundin Hermine (Emma Watson) dran glauben. Die einzige Chance, sie wiederzubeleben, ist eine spezielle Pflanze, dessen Extrakt Heilung verspricht. Allerdings muss die Alraune erst noch auswachsen. Es bestätigen sich Gerüchte, dass die sagenumwobene „Kammer des Schreckens“, die vor 50 Jahren schon einmal Unheil verursachte, wieder geöffnet wurde. Harry und seine Freunde machen sich daran, der Verschwörung auf die Spur zu kommen.

    „War der erste Teil noch eine Art Einleitung, in der die Personen und Schauplätze vorgestellt wurden, tauchen wir im zweiten Teil voll ins Abenteuer ein. Der Ton ist nun dunkler, es gibt mehr handfeste Action und Harry befindet sich auf der Suche nach dem eigenen Ich.“ So charakterisiert Regisseur Chris Columbus sein Fantasy-Opus treffend. Etwas weniger wahrheitsgetreu ist die Aussage von Produzent David Heyman: „Dieselben Kinder, dieselben Kostüme, dasselbe Quidditch, das selbe Hogwarts - keine Fortsetzung, sondern ein eigenständiges Werk.“ In letztem Punkt schwindelt Heyman wohlweislich. Denn „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ ist natürlich eine klassische Fortsetzung und keineswegs ein eigenständiger Film. Wer keines der Bücher gelesen oder den ersten Teil nicht gesehen hat, bleibt lieber gleich zuhause - sonst fehlen einfach Zusammenhang und Verständnis. Ohne Vorwissen macht Teil zwei keinen Sinn. Wie Columbus schon betonte: Es geht ohne Einführung direkt in die zweieinhalbstündige Handlung.

    Schauspielerisch bewegt sich das Sequel ähnlich wie der Vorgänger auf grundsolidem Niveau. Das who is who der britischen Elite gibt sich die Ehre, auch wenn der Platz für einige bekannte Namen doch sehr klein ausfällt. Der große Richard Harris spielt als Professor Dumbledore seine letzte Rolle, zur Stammcrew stießen mit dem eitlen Lehrer Gilderoy Lockhart (Kenneth Branagh) und Jason Isaacs als Draco Malfoys (Tom Felton) Vater zwei echte Bereicherungen dazu. Shakespeare-Star Branagh nutzt sein ihm angeborenes Overacting genüsslich aus und überzeichnet die Rolle des selbstverliebten Pfaus herrlich. Etwas weniger Raum bekommt Jason Isaacs, der sich durch seine brillante Bösewichtrolle in Roland Emmerichs „Der Patriot“ qualifizierte. Trotzdem kann er mit bedrohlicher Präsenz aufwarten. Daneben gefallen noch Alan Rickman als misstrauischer Professor Snape und Robbie Coltrane als tölpelhafter, aber gutmütiger Wildhüter Hagrid.

    Bei den Hauptdarstellern haben sich einige Nuancen verschoben. Die Macher haben sehr wohl das Dilemma des ersten Teils erkannt. Dem guten, aber braven Daniel Radcliffe wurde von Sidekick Rupert Grint, aber vor allem von der neunmalklugen Emma Watson klar die Schau gestohlen. Grint ist zwar weiterhin für die launigen Oneliner zuständig und punktet damit, aber die Kreise von Emma Watson wurden leider ein wenig eingeengt - das letzte Drittel muss sie gar versteinert verbringen. Dafür rückt Harry/Radcliffe allein ins Handlungszentrum.

    Tricktechnisch ist „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ auf dem neuesten Stand der Dinge. Das Quidditch-Match fällt um einiges rasanter aus, die Action ist hektischer und straffer, die Ausstattung gewohnt bombastisch - also alles wie gehabt, nur ein bisschen mehr von allem. Besser als Teil eins ist der Nachfolger trotzdem nicht. Der Charme, den vor allem die Exposition des Steins der Weisen auszeichnete, geht ein wenig verloren, weil das Augenmerk auf eine richtige Handlung, die im ersten Teil kaum vorhanden war, gelegt wurde. Inhaltlich hält sich Columbus wieder sklavisch an die Vorlage. Dazu ist er vertraglich verpflichtet. Die allmächtige Joanne K. Rowling, die nach langem Warten gerade ihr fünftes Potter-Buch zu Ende geschrieben hat, ließ sich umfangreiches Mitspracherecht einräumen. Dafür gab sie die Filmrechte für die ersten beiden Potter-Bände für spöttische 700.000 Dollar aus der Hand. Die Buchfans wird es freuen, dass Columbus sich sehr eng an der Vorlage entlanghangelte. Das hat aber auch den faden Beigeschmack, dass nicht der Eindruck einer eigenständigen Adaption entsteht, sondern lediglich das Abfilmen eines engagierten Lohn-Regisseurs, der keine eigene Vision hat. Wie man so etwas richtig macht, zeigte schließlich Peter Jackson mit seinem grandiosen Meilenstein "Der Herr der Ringe: Die Gefährten".

    Dem Erfolg wird das aber gewiss keinen Abbruch tun. Ein ähnliches Ergebnis wie bei Teil eins ist praktisch sicher. Immerhin bietet Columbus den Fans bestens gemachtes Family Entertainment. Die kleinen Schwächen werden die meisten einfach ignorieren - wie beim "Stein der Weisen". Und ein Ende der Pottermania ist nicht abzusehen. 2004 kommt der dritte Teil, "Harry Potter und der Gefangene von Askaban", in die Kinos. Insgesamt ist die Reihe auf sieben Teile ausgelegt. Doch nicht mehr unter der Führung von Chris Columbus. Der macht den Regiestuhl frei. Zu viel Stress. Alfonso Curaon („Y Tu Mama Tambien“) nimmt seinen Platz ein - und die Herausforderung an. Denn die Romane werden immer umfangreicher und die Spielzeit von 158 Minuten ist für Kinder bereits hart an der Grenze...

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