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    Das kleine Arschloch und der alte Sack
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Das kleine Arschloch und der alte Sack
    Von Christoph Petersen

    Eigentlich erwartet man, dass die Fortsetzung eines deutschen Animationsfilms, der mehr als drei Millionen Zuschauer in die Kinos zog, allerspätestens zwei, maximal drei Jahre nach dem Original über die Leinwände flimmert. Im Fall der respektlosen Comedy „Kleines Arschloch“ hat dieses Unterfangen jedoch ein wenig länger gedauert, die Produktion des zweiten Teils „Das kleine Arschloch und der alte Sack“ hat sich insgesamt über beinahe zehn Jahre hingezogen. Wer noch immer auf die alte Weisheit “Gut Ding will Weile haben!“ vertraut, wird von Michael Schaacks ("Dieter – Der Film", "Derrick – Die Pflicht ruft") ultraplatter Schlaftablette allerdings bitter enttäuscht. Natürlich war auch der erste Film alles andere als ein Meisterwerk, aber zumindest hat er mit seinen derben Scherzen, peppigen Songs und seinem verqueren Charme noch anständig unterhalten. Die Fortsetzung mit ihren ausgelutschten Gags, den verzweifelten Versuchen, politisch unkorrekt zu sein, und der unpassenden Jazzuntermalung hingegen langweilt im besten Fall einfach nur, wenn sie einem nicht sogar gehörig auf die Nerven geht.

    Der alte Sack (Stimme: Helge Schneider) kommt in die Hölle. Doch statt ewig währender Qualen erwarten ihn zunächst einmal ein ganzjährig angenehmes Klima bei konstanten 24° C, ein wieder voll einsatzbereites 30cm-Geschlechtsorgan, das aufgrund der mangelhaften körperlichen Konstitution des alten Sacks aber nur 500 statt der für das feurige Jenseits üblichen 1000 Mal am Stück abspritzen kann, und 30.000 nymphomanische Krankenschwestern. Das immerwährende Paradies scheint also greifbar nah, gäbe es da nicht gewisse Probleme mit den Aufnahmebedingungen… Unterdessen probiert das kleine Arschloch (Stimme: Ilona Schulz) jedes denkbare Mittel der modernen Klonforschung aus, um seinen Großvater wieder ins Reich der Lebenden zurückzuholen. Und zwar ganz zum Leidwesen des Mischlingsrüden Peppi, der bei den sadistischen Experimenten als Versuchsobjekt herhalten muss – von einer Diashow in Uhrwerk Orange-Manier über Hochspannungsspielereien mit einer Autobatterie bis hin zu einem hochwissenschaftlichen Gencocktail – bestehend aus Sackhaaren und getrocknetem Sperma – muss er selbst die unaussprechlichsten Prozeduren über sich ergehen lassen…

    Der Humor der „Kleines Arschloch“-Comics funktioniert in erster Linie durch die proletenhafte Direktheit, mit der dort hingegangen wird, wo man eigentlich nicht hin darf und wo es dann auch so richtig weh tut. In „Das kleine Arschloch und der alte Sack“ sieht das in etwa so aus: Zwei Schwule wollen eine Wohnung mieten, das kleine Arschloch führt sie durch die selbige und reißt dabei die ältesten und ausgelutschtesten Schwulen-Kalauer der Welt – das ist weder politisch inkorrekt, mutig oder gar lustig, sondern einfach nur unbeholfen-dämlich. Vor allem wenn man sich dabei auch noch zu 100% absichert und die beiden Schwulen ausgerechnet von Dirk Bach und Ralph Morgenstern synchronisieren lässt – so hat man sich den Stempel der politischen Korrektheit doch schon von vorneherein aufgedrückt. Das Gleiche ist auch in Sachen Weltreligionen der Fall, die hier zwar auf altbekannte Weise durcheinander gewürfelt werden, nur der Islam bleibt selbstverständlich außen vor. Obwohl „Kleines Arschloch“-Erfinder Walter Moers wieder selbst das Drehbuch beisteuerte, tut hier wirklich gar nichts weh, lediglich die Langeweile ist absolut tödlich.

    Vom Kirchenklassiker „Sündigen“ bis zum Truckstop-Dauerbrenner „Der Anti-Country-Song“ – im 96er-Original haben die abwechslungsreichen, flippig-frechen Songs noch einen Großteil des ganz speziellen Charmes des kleinen Arschlochs ausgemacht. In der Fortsetzung gibt es hingegen nur noch einen einzigen neuen Song, der dazu auch noch konsequent bieder daherkommt. Ansonsten besteht die komplette musikalische Untermalung aus Helge Schneiders jazzigen Experimentalklängen. Dazu Regisseur Schaack: “Ich habe von Helge einfach eine CD mit Musik bekommen – ohne Angaben, welches Stück für welche Szene gedacht war. Ich musste dann selbst schauen, welche Musik zu welcher Stimmung und zu welcher Szene passt.“ Schneiders ganz spezieller Sound ist auf eine absurde Weise absolut genial, keine Frage. Aber den Machern ist es dabei einfach nicht gelungen, diese Absurdität für ihre Animationen auszunutzen. So dudelt der Jazz im Hintergrund wie einfache Fahrstuhlmusik, ohne dass die Musik und die Szenen merkliche Berührungspunkte aufweisen würden. Am besten gestaltet man hier seinen Kinobesuch nach dem Motto “Augen zu und durch.“ (Wörtlich nehmen!!!)

    Zusammengehalten werden die recht beliebig aneinander gereihten Episoden von zwei Flugenten, die hier in etwa die Position von Scrat, dem Nüsse jagenden Rattenhörnchen aus Ice Age, einnehmen. Die Ausgangsidee ist dabei auch gar nicht mal unbedingt unlustig: Eine der beiden vom hessischen Comedy-Duo „Badesalz“ gesprochenen Enten hat Flugangst und geht der anderen mit dem ständigen durchexerzieren aller denkbaren Katastrophenszenarien auf den Geist. Aber schon allein durch die schiere Ausdauer, mit dem auf diesem einen Gag herumgeritten wird, verliert er jegliches spürbares Tempo und damit auch allen Witz. Wahrscheinlich war den Machern bewusst, dass dies der einzige gelungene Einfall des gesamten Films ist, und haben sich deshalb mit aller Macht an ihm festgeklammert. So geht diese brauchbare Idee, die für sich einen netten kleinen Kurzfilm abgegeben hätte, aber nur gemeinsam mit dem angestrengt-unlustigen Rest dieser überflüssigen Animationsgurke unter.

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