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    Mein Name ist Eugen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Mein Name ist Eugen
    Von Christoph Petersen

    Der Lausbubenklassiker „Mein Name ist Eugen“ von Klaus Schädelin wanderte seit seinem Erscheinen im Jahre 1955 nun insgesamt schon ca. 200.000 Mal über die Ladentheke und gehört damit neben Heidi zu den erfolgreichsten Schweizer Kinderbüchern überhaupt. Die lustigen Episoden rund um die Streiche von Eugen und seinen Freunden Wrigley, Eduard und Bäschteli, die ein wenig wie eine Schweizer Variante von Astrid Lindgrens „Michel aus Lönneberger“ anmuten, entwickelten sich über die Jahre schnell zum Kult. Da war es freilich nur eine Frage der Zeit, bis man sich an eine Verfilmung dieses Nationalguts heranmachen würde. Mit einem Budget von sechs Mio CHF, das höchste einer Schweizer Kinoproduktion seit acht Jahren, stellte sich nun Regisseur Michael Steiner – von einer ganzen Nation aufmerksam beäugt – dieser schwierigen Aufgabe – und zwar mit Erfolg! „Mein Name ist Eugen“ ist temporeiche, nostalgische Unterhaltung, ebenso spannend wie lustig erzählt, die nur auf der emotionalen Ebene und bei der hochdeutschen Synchronisation den einen oder anderen kleineren Abstrich in Kauf nehmen muss.

    Weil sie auf einem Schulausflug ins Museum mit einer wertvollen Ritterrüstung Schabernack getrieben haben, dürfen Eugen (Manuel Häberli) und Wrigley (Janic Halioua) in den Sommerferien nicht mit ihren Freunden ins Pfadfinderlager, sondern sollen stattdessen mit nervigen Jobs ihre Schulden abstottern. Aber Eugen und Wrigley wären keine echten Lausbuben, wenn sie sich ihrem Schicksal einfach so und ohne Gegenwehr ergeben würden. Als sie auf dem Dachboden eine Schatzkarte des sagenumwobenen Lausbuben-Königs Fritzli Bühler (Beat Schlatter) finden, machen sie sich sofort auf nach Zürich. Ihr Plan: Den mittlerweile erwachsenen Bühler einsammeln und mit ihm gemeinsam zum Titicacasee aufbrechen, wo der Schatz vergraben sein soll. Doch schon im Zug wendet sich das Blatt und die beiden Ausreißer landen ungewollt doch wieder bei ihrer Pfadfindertruppe. Als die besorgten Eltern das Verschwinden ihrer Sprösslinge endlich entdecken, machen sie sich sofort auf den Weg ins Lager. Um ihren drohenden lebenslangen Hausarrest doch noch zu entgehen, schnappen sich Eugen und Wrigley ihre Kumpels, den nicht ganz so schlauen Kraftprotz Eduard (Alex Niederhäuser) und das weinerliche Muttersöhnchen Bäschteli (Dominic Hänni), und fliehen noch ein weiters mal. Eine aufregende Verfolgungsjagd durch die halbe Schweiz nimmt ihren aberwitzigen Lauf…

    Weil die originalen „Mein Name ist Eugen“-Lausbubengeschichten nur aus einzelnen Episoden bestehen, galt Schädelins Klassiker lange Zeit als unverfilmbar. Die Drehbuchautoren hatten also zunächst einmal die schwierige Aufgabe zu meistern, die einzelnen Streiche in eine größere, einen Spielfilm dramaturgisch tragende Rahmenhandlung zu integrieren. Mit der abenteuerlichen Schatzjagd wurde dieses Problem aber nun zufrieden stellend gemeistert: Es kommt nie das Gefühl auf, einer zerstückelten Geschichte zu folgen. Auch raubt der Rahmen den absurden Späßen kaum Tempo, erzeugt im Gegenteil selbst sogar noch zusätzliche Spannung. Wodurch hingegen aber ein Teil des Charmes verloren geht, ist ganz klar die hochdeutsche Synchronisation. Selbstverständlich geht mit dem Schweizerdeutsch zum einen auch ein Stück atmosphärisches Lokalkolorit, aber auch die zahlreichen Helvetismen und Wortschöpfungen der Voralge werden in der Synchro nicht immer qualitativ gleichwertig getroffen.

    Was die Inszenierung angeht, geht Steiner weg von der Nüchternheit seiner Vorlage, nimmt sich kein Beispiel an etwa den deutschen Erich-Kästner-Verfilmungen Das fliegende Klassenzimmer oder „Pünktchen und Anton“, bei denen immer großer Wert auf Realitätsnähe gelegt wurde, sondern inszeniert „Mein Name ist Eugen“ viel eher als surreales Märchen, dessen Bildersprache nicht nur manchmal an Jeunets Die fabelhafte Welt der Amelie erinnert. Ein – gerade weil so viele wachsame Schweizer Augen auf diesem Projekt ruhten – ausgesprochen mutiges Unterfangen, das aber voll aufgeht. Die nahezu ununterbrochenen visuellen Spielereien wirken nie aufgesetzt oder prätentiös, sondern zeugen im Gegenteil von einer erfrischenden Phantasie, die in erster Linie vor allem jede Menge Spaß macht.

    Womit „Mein Name ist Eugen“ hingegen wirkliche Schwierigkeiten hat, ist, dass man den Lausbuben ihre Freundschaft eigentlich kaum abnimmt. Wo so viele Sommerferienfilme, von der Stephen-King-Verfilmung „Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers“ bis zum Kinderabenteuer Der Schatz der weißen Falken, vor allem auf der emotionalen Ebene gepunktet haben, kann Steiner nicht im Ansatz überzeugen. Wo die Inszenierung als abwechslungsreiche Bebilderung eines Lausbubenmärchens noch funktioniert, ist sie an anderer Stelle dann doch zu künstlich, um Gefühle glaubhaft rüberzubringen. Na ja, man kann halt nicht alles haben. Trotzdem bleibt „Mein Name ist Eugen“ ein klar sehenswerter Kinderfilm, der auch in Erwachsenen genügend nostalgische Erinnerungen wecken sollte, und dessen größtes Geheimnis bleibt, warum die 60er-Jahre-Schweiz eigentlich die ganze Zeit aussieht, als wäre sie einem mediterranen Italien-Werbefilm entsprungen.

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