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    Die Unbestechlichen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Die Unbestechlichen
    Von Martin Soyka

    In Mafiafilmen lässt sich so ziemlich alles unterbringen, was Zuschauer gerne sehen: strahlende Helden, sinistere Schurken, viel Sex und jede Menge Gewalt. Auch historische Filme sind eine sichere Bank, mag es das Publikum in der Regel doch, sich für zwei Stunden in eine vergangene Epoche versetzen zu lassen. Schlussendlich sind auch Kinofilme zu TV-Serien eine gerne gemolkene Cash Cow. Im Bereich Marketing muss man nur ein Minimum investieren, schließlich ist der Filmtitel dem potentiellen Kinogänger bereits bekannt. Was läge also näher, als alle diese Aspekte unter einen Hut zu bringen? So geschehen in den späten Achtzigern, als Brian de Palma, der gerade zwei fiese Flops („Der Tod kommt zweimal“, „Zwei Superpflaumen in der Unterwelt“) hinter sich hatte, die Regie des Kino-Updates der Schwarz-Weiß-Serie „The Untouchables“ übernahm. Zusammen mit einer illustren Riege von damaligen und/oder künftigen Stars ließ er eine dunkle Epoche der jüngeren US-Geschichte wieder auferstehen: die Prohibition.

    Chicago, 1930. Ein Bundesgesetz verbietet nicht den Konsum, wohl aber den Verkauf von Alkohol. Doch die Bevölkerung lässt sich ungern bevormunden und auch nicht von liebgewonnenen schlechten Angewohnheiten abhalten. Schmuggler und Schwarzmarkthändler haben Hochkonjunktur. Die Stadt Chicago ist fest in den Händen der Alkohol-Mafia. Und die hat einen Namen: Alphonse Capone (Robert De Niro) wird von jedermann hofiert und gefürchtet. Als ein Bombenanschlag, den er mutmaßlich zu verantworten hat, nicht nur anderen Ganoven, sondern auch einem kleinen Mädchen das Leben kostet, wird den Verantwortlichen klar, dass etwas geschehen muss. Doch die Polizei ist durch und durch korrupt. Deshalb wird ein Frischling von außen mit der heiklen Aufgabe betraut: Eliot Ness (Kevin Costner) vom Schatzamt fällt die undankbare Aufgabe zu, eine Stadt zu säubern, die gerne schmutzig ist. Ihm wird eine Polizeitruppe zur Seite gestellt, die nicht viel taugt. Als sein erster Zugriff in einem an Lächerlichkeit kaum zu überbietenden Desaster endet, ist er am Boden zerstört. Doch der Zufall will es, dass ihm der altgediente Straßenpolizist Jim Malone (Sean Connery) begegnet und gehörig den Kopf wäscht. Ness erkennt, dass er eine kleine, schlagfertige und vor allem handverlesene Truppe benötigt, um den Job zu erledigen. Zu Ness und Malone stoßen noch der Buchhalter Oscar Wallace (Charles Martin Smith) und der zielsichere George Stone (Andy Garcia). Zusammen ziehen die Unbestechlichen los, um dem Mann das Handwerk zu legen, der die Stadt auspresst wie eine reife Frucht…

    Regisseur Brian de Palma wird gemeinhin eine starke Nähe zu seinem Idol Alfred Hitchcock nachgesagt. Nicht völlig zu Unrecht, schließlich variieren viele seiner Filme dieselben Themen, die auch der Master of Suspense regelmäßig aufgriff. „The Untouchables“ gehört jedoch nicht zu dieser Art von Werken. Es handelt sich vielmehr um eine Auftragsarbeit. De Palma nahm im Laufe seiner Karriere häufiger solche Angebote an, um bessere Chancen zu erhalten, die eigenen Projekte zu finanzieren. Meist avancierten diese in Auftrag gegebenen Arbeiten zu veritablen Hits („Mission: Impossible“). Auch „The Untouchables“ war ein enormer Erfolg. Wenn man den Film heutzutage mit einigem Abstand betrachtet, merkt man erst, wie hervorragend alles zusammenpasst. Trotzdem ist dem Film De Palmas Handschrift anzumerken. Insbesondere findet sich eine für den Regisseur typische Einstellung, die minutenlang ohne Schnitt auskommt.

    Lobend zu erwähnen ist auch die großartige Ausstattung. Häuser, Autos, Kostüme - einfach alles sieht klasse aus. Chicago selbst erweist sich ebenfalls als ungeheuer fotogen. Wer genau hinsieht, entdeckt dieselben Straßenzüge, die in The Dark Knight als Gotham-City-Double dienten. Die erlesene Garderobe der Hauptdarsteller wurde von Giorgio Armani höchstpersönlich designt. Die exzellente Fotografie und die sehr präsente Musik von Komponisten-Legende Ennio Morricone tun ihr Übriges, um der Geschichte einen angemessenen Rahmen zu geben.

    Es geht um Gut gegen Böse. Charakterliche Grauzonen sucht man vergebens. Historisch korrekte Fakten ebenfalls. Drehbuchautor David Mamet (Glengarry Glen Ross, Spartan) nahm einfach die historisch verbürgten Namen und Charaktere und warf den Rest über Bord. Dass das Team um Ness in Wahrheit viel größer war? Egal! „The Untouchables“ ist nun mal kein Dokumentarfilm, sondern ein Großstadt-Western: Da ist der fiese, großkotzige Bösewicht, der von De Niro mit ganzer Wucht verkörpert wird. Künstlich ausgepolstert und mit Narben versehen sieht er dem historischen Capone tatsächlich ähnlich. Ein vollkommener Schurke - und wenn man bedenkt, dass De Niro nur zwei Wochen Drehzeit hatte, erkennt man, dass der Mann sein Geld wert ist. Richtig war daher auch die Entscheidung, den bereits für die Rolle engagierten Bob Hoskins auszuzahlen und weiteres Geld in die Schauspiel-Legende zu investieren. Erwähnenswert ist auch der zweite Schurke des Films, Billy Drago (Masters Of Horror: Imprint), der in der Rolle des Frank Nitti eine großartige Leistung abliefert. Es ist ein wahres Vergnügen, ihn zu hassen und seinem verdienten Ende beizuwohnen.

    Blu-ray-Kritik

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    Gegen das Bösewicht-Duo tritt ein Darsteller an, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sonderlich bekannt war. Kevin Costner (Der mit dem Wolf tanzt, JFK) fiel bis dahin lediglich mit dem Lawrence-Kasdan-Western „Silverado“ auf, sollte dann aber recht schnell zum Weltstar aufsteigen. Er spielt einen aufrechten, aber naiven Grünschnabel, der unbedingt väterlicher Führung bedarf. Und die bekommt er von Sean Connery (James Bond 007 – Feuerball, Der Name der Rose), der für die beste Rolle des Films zu Recht mit dem einzigen Oscar (und der einzigen Nominierung) seiner Karriere belohnt wurde. Sein Jim Malone ist vorgerückten Alters, weise, aber auch ruppig und schlagkräftig. Folgerichtig ist er auch für den besten Oneliner des Films verantwortlich:

    „Isn't that just like a wop? Brings a knife to a gunfight.”

    Charles Martin Smith (American Graffiti) sorgt als Oscar Wallace für das Herz in der Geschichte. Anfangs trocken und ein wenig weltfremd, bekommt ihm die Tätigkeit in Ness‘ Truppe ganz hervorragend. Aus dem Brillenträger wird in der großen Action-Szene in der Mitte des Films ein richtiger Draufgänger. Etwas abseits steht der ein wenig blass geratene Andy Garcia (Der Pate III, Ocean’s Eleven), der als George Stone zwar klasse schießen kann, aber über die Rolle eines bloßen Sidekicks trotzdem nicht herauskommt.

    Wer an „The Untouchables“ zurückdenkt, dem werden zwei Szenen ins Gedächtnis kommen: In der ersten weiß der Zuschauer, dass auf Malone in dessen Wohnung ein Mordanschlag geplant ist. Der Zuschauer sieht, wie der Attentäter sich in die Wohnung schleicht, aus dessen Sicht mittels einer subjektiven Kamera. Diese Sequenz ist an Spannung nur schwer zu überbieten. Die zweite Szene ist die große Schießerei im Bahnhof. De Palma hatte eigentlich etwas ganz anderes geplant, das sich aber als viel zu teuer herausstellte. Mehr oder weniger spontan erinnerte sich der Regisseur dann an Eisensteins Klassiker Panzerkreuzer Potemkin von 1925, in der während einer Action-Sequenz ein Kinderwagen eine Treppe herunterrollt. Und wie es so schön heißt: Wenn man schon klaut, dann doch zumindest bei den Besten. Der Shootout auf den Treppen des Chicagoer Bahnhofs avancierte selbst zu einer der klassischen Szenen schlechthin - obwohl es sich eigentlich nur um ein Zitat handelt. Kombiniert mit Zeitlupeneinstellungen wird hier ein Ballett des Sterbens zelebriert, dem man sich kaum entziehen kann. Erstaunlich, denn De Palma hat diese Szene anders als den Rest des Films nicht vorab Bild für Bild geplant.

    Fazit: „The Untouchables“ gilt zu Recht als Klassiker des Gangsterfilms. Und auch wenn aktuell mehr als genug Fortsetzungen den Kinomarkt überschwemmen, wäre das Prequel The Untouchables: Capone Rising erneut unter der Regie von Brian De Palma und mit Gerard Butler als Jimmy Malone vielleicht gar keine so schlechte Idee.

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