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    The Warlords
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Warlords
    Von Björn Becher

    In Asien, vor allem in Hongkong und China, sind Schlachtenepen der große Renner. Immer mehr Filme dieses Genres überschwemmen den Markt und selbst der nach Hollywood ausgewanderte John Woo kehrte für den Schlachten-Zweiteiler Red Cliff in seine Heimat zurück. Meistens stehen dabei Heldengeschichten im Mittelpunkt, die häufig vor der Zeit der Vereinigung Chinas, das aus drei sich bekriegenden Königreichen hervorging, spielen. Die aufwändigen Martial-Arts-Szenen des asiatischen Wuxia-Kinos sind meist unglaublich elegant, auch wenn die Schwerelosigkeit eines Tiger und Dragon oder Hero zuletzt oft blutigen Schlachten gewichen ist, in denen dem Sterben meist dennoch eine poetische Note anhängt. Der Regisseur Peter Chan treibt diese Entwicklung hin zum Düsteren noch weiter. In seinem brutalen und nihilistischen „The Warlords“ gibt es weder Helden noch schwingt im Kampf Eleganz mit. Der Krieg ist grausam und die Krieger sind keine Helden, sondern – wie der Filmtitel nahelegt – brutale Warlords und Mörder.

    China, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Taiping-Rebellion tobt und bringt Krieg und Armut über das ganze Land. General Pang (Jet Li) hat als einziger seiner Truppe eine Schlacht überlebt, indem er sich totgestellt und über Tage hinweg unter einem Berg von Leichen versteckt hat. In einem nahe gelegenen Dorf trifft er auf die Banditen Zao Er-Hu (Andy Lau) und Zhang Wen-Xiang (Takeshi Kaneshiro), die eine Gruppe verarmter Bauern anführen und mit Raubzügen versuchen, die Familien des Dorfes zu ernähren. Pangs militärische Erfahrung hilft der Bande weiter und schon bald rettet er Er-Hu das Leben. Aus den drei Männern werden Freunde und schließlich sogar Blutsbrüder. Doch Pang erkennt schnell, dass das Leben als Bandit auf Dauer kein Auskommen bietet. Er überredet seine Kameraden, gemeinsam mit ihren Männern der unterlegenen kaiserlichen Armee beizutreten. Pang wird wieder General und führt seine Bande erfolgreich in eigentlich aussichtlose Schlachten, was ihm den Ruf eines großen Feldherrn einbringt. Doch der Zwist ist vorprogrammiert: Pang und Er-Hu lieben dieselbe Frau (Jingley Xu). Außerdem fällt es dem geborenen Anführer Er-Hu nicht immer leicht, sich unterzuordnen, zumal sich die Vorstellungen der beiden in Bezug auf den Umgang mit Kriegsgefangenen fundamental unterscheiden. Daneben gibt es auch am kaiserlichen Hof Leute, die dem Emporkömmling Pang seinen Erfolg missgönnen und ganz eigene Pläne verfolgen…

    Regisseur Peter Chan ist ein alter Hase im Hongkonger Filmgeschäft. Als Erfolgsproduzent macht er sich schon in den 80er Jahren einen Namen. In den vergangenen Jahren brachte er Blockbuster wie die „The Eye“-Trilogie oder Protégé in die Kinos. In den Neunzigern nahm Chan immer wieder auch auf dem Regiestuhl Platz, wobei er sich aber auf Arthouse-Dramen (darunter der auch im Westen erfolgreiche „Hongkong Love Affair“) und Komödien beschränkte. Nach einer längeren Regiepause landete er 2005 ein fulminantes Comeback: Sein Musical-Drama „Perhaps Love“ räumte zahlreiche asiatische Filmpreise ab (auch wenn in den bedeutendsten Kategorien Johnnie Tos Election die Nase vorn hatte). Mit „The Warlords“ wagte sich Chan nun das erste Mal als Regisseur an einen Big-Budget-Film, wie er sie als Produzent schon zahlreich betreut hat. Es hat sich gelohnt. Das rund 40 Millionen Dollar teure Epos avancierte zum Publikumsrenner und sahnte zahlreiche Hongkong Film Awards (inklusive Beste Regie und Bester Film) ab.

    Der auf einer wahren Geschichte sowie dem Martial-Arts-Drama „Blood Brothers“ des legendären Shaw Brothers Studios basierende Film ist ein klarer Kontrapunkt zu anderen Schlachtenepen wie zum Beispiel Three Kingdoms. In diesem wird der chinesische Volksheld Zilong schamlos und pathetisch als Mann heroisiert, der seine Kriege quasi im Alleingang gewonnen hat. In „The Warlords“ sind die Feldherren hingegen nichts ohne ihre Soldaten, die sich auch mal vor die Mündung einer Kanone schmeißen, im ihren Anführer zu retten. Und die Protagonisten sind keine strahlenden Helden, sondern Männer, die der Krieg verändert und zu grausamen Taten zwingt. Überraschend ist dabei, wie im Laufe des Films die Sympathien weg von Pang (immerhin ein chinesischer Volksheld) hin zu Er-Hu verschoben werden. Doch eine weiße Weste hat auch der nicht. So hält Er-Hu es für rechtens, dass seine Männer eroberte Städte nicht nur plündern, sondern auch die Frauen vergewaltigen (Sein Schlachtruf: „Nehmt ihr Geld, ihr Essen, ihre Frauen!“). Pang verbietet dieses Vorgehen und lässt sogar zwei treue Weggefährten deswegen exekutieren. Später ist es dann Er-Hu, dem es gelingt, mehrere tausend Soldaten zum Niederlegen ihrer Waffen zu bewegen, indem er ihnen Essen und freies Geleit verspricht. Doch Pang lässt die nun unbewaffneten Männer grausam niedermeucheln. Es sind solche Momente, die früh andeuten, dass am Ende der gut zweistündigen Spielzeit keiner der Blutsbrüder als Held oder Gewinner dastehen wird.

    „The Warlords“ wird oft mit Mel Gibsons Braveheart verglichen, was inhaltlich allerdings nur In Bezug auf die erste Hälfte sowie die Brutalität und Kompromisslosigkeit der Schlachten Sinn macht. Eine Passage ist aber doch recht deutlich dem großen Hollywood-Bruder entliehen: Pang versucht – ähnlich wie Gibsons William Wallace – vergeblich, eine gut ausgerüstete Armee zu überzeugen, gemeinsam mit seinen Mannen gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind zu Felde zu ziehen. Erst als Pangs Truppe tapfer kämpfend dem Feind enorm zusetzt, entschließen sich die Verbündeten, doch mit einzugreifen. „The Warlords“ jetzt als Plagiat zu bezeichnen, wäre aber völlig verfehlt. Chans Film schlägt in der Folge nämlich eine völlig andere Richtung ein. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Chance drei Brüder haben, in einem grausamen Krieg Freunde zu bleiben, auch wenn Macht und Belobigungen eine große Rolle spielen. Chans Antwort ist eindeutig: keine! Es ist erfreulich, dass Chan das ausgelutschte Motiv der Dreiecksgeschichte nicht übermäßig in den Fokus rückt. Die Eifersüchteleien sind nur ein weiterer Tropfen auf die Rivalität der Blutsbrüder. Es wird sogar deutlich, dass der Konflikt zwischen Pang und Er-Hu ohne die Liebesgeschichte nicht anders geendet hätte, was das Finale noch tragischer erscheinen lässt.

    Wie viele Epen, deren erzählte Zeit sich über mehrere Jahre erstreckt, kämpft auch „The Warlords“ bisweilen mit dem Problem, dass die eine oder andere Passage unglaublich gehetzt wirkt, während an anderer Stelle der Eindruck entsteht, hier würde etwas Unwichtiges zu breit ausgewälzt. Aber das schadet nur wenig, denn die gut aufgelegten Darsteller machen viel wieder wett: Andy Lau (Infernal Affairs, Days Of Being Wild), der am Anfang mit einem etwas lächerlich aussehenden Bart herumläuft, ist als einer der besten Schauspieler Asiens sowieso über jeden Zweifel erhaben. Aber auch Jet Li (Fearless, Once Upon A Time In China, Unleashed), der mit 13 Millionen Dollar eine Rekordgage (für einen chinesischen Film) bekam, zeigt hier, dass er mehr ist als eine Martial-Arts-Ikone. Zu Beginn wirkt er leicht aufgedunsen und gerade im Gesicht ein klein wenig fülliger als sonst, was gut zur Rolle passt. Die Wandlung seines Charakters, der von Macht und Erfolg vergiftet und immer selbstherrlicher wird, ist stets glaubhaft. Damit stach Jet Li bei der Wahl zum besten Schauspieler bei den Hongkong Film Awards sogar Co-Star Andy Lau aus.

    Takeshi Kaneshiro (House Of Flying Daggers, Confession Of Pain), der dritte Star der Runde, steht lange Zeit etwas zurück, was daran liegt, dass seine auch als Erzähler fungierende Figur meist am Rande bleibt und nur in den Schlachten stärker in Erscheinung tritt. Erst gegen Ende bekommt er mehr emotionale Momente zugebilligt, in denen er sein Können zeigen kann. Die schöne Jinglei Xu (Shinjuku Incident) ist weitestgehend nur attraktive Staffage.

    Fazit: Es ist eine absolute Seltenheit, dass ein Film wie „The Warlords“ in Deutschland auch jenseits einschlägiger Festivals einen regulären Kinostart bekommt. Das ist nicht nur erfreulich, der Film hat es ganz einfach auch verdient. Immerhin gehört er zu den besseren Filmen aus dem bisweilen zu pathetischen und in den vergangenen Jahren auch ein wenig übersättigten Genre asiatischer Martial-Arts-Epen. Außerdem kommen die eindrucksvollen und blutigen Schlachten, die von Siu-Tung Ching (Hero, Shaolin Soccer, Der Fluch der Goldenen Blume, Schwerter des Königs) choreographiert wurden, sowieso nur auf der großen Leinwand voll zur Geltung.

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