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    TV-Tipp: Dieser Fantasy-Horror mit Johnny Depp und einem "Wednesday"-Star sorgte für einen FSK-Skandal
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Bevor Tim Burton und Christina Ricci gemeinsam an der Netflix-Hitserie „Wednesday“ arbeiteten, brachten sie mit Johnny Depp die Legende vom kopflosen Reiter auf die Leinwand – und die FSK an ihre Grenzen. Heute läuft „Sleepy Hollow“ im Free-TV.

    Mit dem Netflix-Serienkracher „Wednesday“ genießt Regisseur Tim Burton derzeit Erfolg, wie er ihn bei Publikum und Presse lange nicht mehr hatte. Es gäbe also kaum einen besseren Zeitpunkt als jetzt, um auf einen anderen genussvollen Fantasy-Grusel zurückzublicken, den Burton zusammen mit „Wednesday“-Nebendarstellerin Christina Ricci verantwortete: „Sleepy Hollow“, Burtons ganz eigene Interpretation der legendären Geschichte rund um den kopflosen Reiter.

    Es war Burtons Lichtblick zwischen der Alien-Farce „Mars Attacks!“, die einst als kostspieliger Misserfolg galt und nun als schriller Kult, sowie seinem viel kritisierten „Planet der Affen“: Der Fantasy-Horror, in dem Johnny Depp eine Schauergestalt jagt, begeisterte das zahlende Publikum und die Kritik. Aus gutem Grund: Der Film vereint atmosphärischen Grusel, stilvoll-krachende Gewaltspitzen, düster-ironischen Humor und hervorragendes Produktionsdesign zu einem effektiven Gesamtpaket mit kurioser FSK-Vergangenheit. Heute Abend, am 22. Dezember 2022, könnt ihr „Sleepy Hollow“ bei Kabel Eins sehen – und zwar uncut ab 22.50 Uhr.

    Alternativ könnt ihr „Sleepy Hollow“ auch streamen. Im Abo ist er aktuell zwar nirgends enthalten, aber bei quasi allen Anbietern günstig erhältlich - so auch bei Amazon Prime Video.

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    "Sleepy Hollow": Kopflastig versus kopflos

    Constable Ichabod Crane (Johnny Depp) könnte mit seinen verkopft-analytischen Ermittlungsmethoden im Jahr 1799 kaum deplatzierter sein. Doch wenigstens hat er eine hohe Erfolgsquote – bis er im kleinen Ort Sleepy Hollow an die Grenzen seiner Möglichkeiten gebracht wird. In dem Örtchen soll er eine grausame Mordserie untersuchen, die sich dadurch kennzeichnet, dass den Opfern die Köpfe abgeschlagen wurden. Die Stadtbewohner sind überzeugt, dass dies übernatürliche Hintergründe hat.

    Denn wie Bürgermeister Philips (Richard Griffiths), Notar Hardenbrook (Michael Gough), Arzt Dr. Lancaster (Ian McDiarmid) und Reverend Steenwyck (Jeffrey Jones) dem verdutzten Crane beteuern, geht in Sleepy Hollow ein Toter umher, der zu Lebzeiten hessischer Söldner (Christopher Walken und Ray Park) war. Seit seiner Enthauptung sucht er einen neuen Kopf. Crane hält das für Humbug. Doch während seiner langen Ermittlungen verliebt er sich nicht nur in die Farmerstochter Katrina Van Tassel (Christina Ricci), sondern gewöhnt sich auch an den Gedanken, dass das Paranormale existiert...

    Nicht nur auf Handlungsebene entwickelt sich Burtons mit dunkelromantischem Gothic-Charme versehener Fantasy-Horror zu einem Wettkampf zwischen dem Verkopften und dem Kopflosen. Auch die deutsche Veröffentlichungsgeschichte von „Sleepy Hollow“ könnte man als Clash aus verkopften und kopflosen Perspektiven zusammenfassen:

    Die FSK betrachtete den Film zunächst als ironisch angehauchtes Schauermärchen und gab ihm eine Freigabe ab zwölf Jahren. Dieses Urteil wurde allerdings in nahezu letzter Sekunde revidiert – und zwar zu einem denkwürdigen Zeitpunkt: Kurz vor dem deutschen „Sleepy Hollow“-Kinostart fiel der Beschluss, dass der Film für eine Freigabe ab zwölf Jahren zu hart sei.

    Man muss bedenken, dass „Sleepy Hollow“ noch vor Digitalisierung des Kinobetriebs erschien – damals wurden Filme als analoge Kopie an die Lichtspielhäuser versendet. Und viele Kinos hatten „Sleepy Hollow“ bereits uncut vorliegen, als die FSK ihr endgültiges Urteil fällte. Diese Spielstätten bekamen daher drei Tage vor Filmstart vom Verleih die dringende Mitteilung, sie müssten Hand an die bereits ausgelieferten Kopien legen:

    Eine Tötungssequenz im letzten Filmdrittel musste nach genauen Angaben des Verleihs an zwei Stellen gestutzt werden. Zudem wollte der Verleih sicherstellen, dass kein Kino aufbegehrt, indem es seinem Publikum aus Trotz den kompletten Film zeigt: Kinobetriebe wurden aufgefordert, zum Beweis die gekürzten Filmschnipsel an den Verleih zurückzuschicken. Diese Kürzungen waren vielen Eltern allerdings nicht genug: Anfang 2000 schlugen Proteste besorgter, aufgebrachter Eltern hohe Wellen, woraufhin die Frage, ob der Film selbst in gekürzter Form zu hart sei, medienwirksam debattiert wurde.

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    Die Debatte brachte ein langes Echo mit sich. So nahm sich das kommunikationswissenschaftliche Institut der Universität Augsburg die um 20.15 Uhr platzierte Free-TV-Ausstrahlung anno 2003 zum Anlass für eine Studie. Darin sollten Jugendliche selbst ein FSK-Urteil fällen. Angesichts dessen, wie sehr Teenagern der Ruf anhaftet, gegen Regeln zu rebellieren und sich selbst zu viel zuzumuten, ist das Ergebnis der Studie überraschend: 61 Prozent der Studienteilnehmenden votierten dafür, „Sleepy Hollow“ erst ab 16 Jahren freizugeben, neun Prozent hätten ihm sogar das 18er-Siegel gegeben.

    Im Heimkino erschien „Sleepy Hollow“ übrigens ungekürzt mit einer FSK-Freigabe ab 16 Jahren – doch seinen filmhistorischen Sonderstatus hatte Tim Burtons Fantasygrusel bereits anhaften: „Sleepy Hollow“ ist zwar nicht der einzige Film in der deutschen Kinogeschichte, der kurzfristig und pressewirksam von der FSK umgestuft wurde. Doch er ist einer der letzten seiner Art. Die Entscheidung, wer in dieser kuriosen Anekdote filmischer Selbstzensur kopflos und wer verkopft urteilte, überlassen wir an dieser Stelle euch...

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