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    Sequel-Pläne & "Pen & Paper"-Runden mit Chris Pine: Die "Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben"-Regisseure im Interview
    Stefan Geisler
    Stefan Geisler
    -Redakteur
    Stefan ist ist passionierter Magic- und D&D-Spieler und liebt das fantastische Kino. Tolkiens Mittelerde liebt er ebenso wie die furchteinflößenden Kreaturen von Ray Harryhausen.

    Wir haben die „Dungeons & Dragons“-Regisseure John Francis Daley, Jonathan Goldstein und den Produzenten Jeremy Latcham zu einem Interview getroffen und mit ihnen über die Zukunft des Franchise und ihre persönliche Beziehung zu "D&D" gesprochen.

    Am 30. März 2023 ist das Fantasy-Spektakel „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ in den deutschen Kinos gestartet und konnte am ersten Wochenende in den USA gute 38,5 Millionen US-Dollar einspielen und damit sogar „John Wick: Kapitel 4“ von der Spitze verdrängen.

    FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler konnte mit den Regisseuren John Francis Daley und Jonathan Goldstein und dem Produzenten Jeremy Latcham über „Pen & Paper“ als Werkzeug des Teufels, den Einfluss von Fantasyfilmen der 80er-Jahre und die Zukunft von „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ sprechen.

    Paramount Pictures
    John Francis Daley & Jonathan Goldstein bei der Premiere in Berlin

    FILMSTARTS: Zuerst muss ich einmal sagen, dass ich den Film unglaublich feiere. Für mich ist „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ der spaßigste Kino-Blockbuster der letzten Jahre. Warum hat es so lange gedauert, bis aus der „D&D“-Marke ein vernünftiger Film gemacht wurde?

    John Francis Daley: Das ist eine sehr gute Frage. Ich denke, es gibt eine Reihe von Gründen. Einer davon ist, dass der Film technisch anspruchsvoll ist ist und modernste Technologie erfordert, sowohl auf der praktischen als auch auf der digitalen Seite des Filmemachens. Ein Film wie „Dungeons & Dragons“ hätte vor 15 Jahren nicht annähernd so gut ausgesehen.

    Jonathan Goldstein: Ich glaube auch, dass die bisherigen „Dungeons & Dragons“-Filme gescheitert sind, weil die Leute den Sinn des Spiels nicht verstanden haben. Es geht nicht vorrangig um die große Welt und spektakuläre Monster, es geht vielmehr um den Geist des Spiels – um den Spaß, die Spontanität. Man muss immer wieder aus dem Schlamassel herausfinden, das man sich selbst eingebrockt hat – das ist es, was das Spiel ausmacht. Und das ist auch der Grund, warum das Spiel 50 Jahre überdauert hat.

    John Francis Daley: „D&D“ ist nicht einzigartig, weil es in einem High-Fantasy-Setting angesiedelt ist – wahrscheinlich ist es sogar das am wenigsten Besondere am Franchise – es ist der Geist, es ist der Ton, es ist der Spaß, den man beim gemeinsamen Spielen hat. Und in der Lage zu sein, diesen Spaß im Film widerzuspiegeln, ist das, was ihn von allem anderen im Genre abhebt, ohne ihn zu einer Parodie werden zu lassen.

    Jeremy Latcham: Ich denke, dass es selbst vor 10 Jahren sehr schwer war, einen Film wie diesen zu machen. Die Leute werden nervös, wenn es in einem Blockbuster dieser Größe komödiantische Elemente gibt. Ich denke, dass wir jetzt im Kino an einem Punkt sind, an dem es möglich ist, einen Film wie „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ zu machen, er akzeptiert wird und sich frisch und originell anfühlt – auch weil wir viele der großen Komödien und Fantasy-Filme, die den Film inspiriert haben, wie „Die Braut des Prinzen“ oder die Filme der Monty Pythons inzwischen nicht mehr so präsent sind.

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    Produzent Jeremy Latcham auf der "D&D"-Premiere in Berlin

    FILMSTARTS: Ich würde gerne etwas über euren ersten Kontakt mit „Dungeons & Dragons“ hören. Wie seid ihr zu dem Franchise gekommen?

    John Francis Daley: Ich war ein Kinderschauspieler in der Serie „Voll daneben, voll im Leben“ und meine Figur sollte ein großer Fan von „Dungeons & Dragons“ sein. Ich kannte es zwar, hatte aber noch nie direkte Berührungspunkte mit dem Spiel und so haben ich und der Rest der Besetzung eine Kampagne angefangen. Zwei, drei Jahre bevor wir dann mit dem Film angefangen haben, habe ich meine Leidenschaft für das Hobby wiederentdeckt und wieder eine Kampagne gestartet. Das hat mir die Augen dafür geöffnet, wie High Fantasy in einem völlig anderen Licht dargestellt werden kann.

    Jonathan Goldstein: Ich war ungefähr 12 Jahre alt, als mein älterer Bruder das Handbuch der ersten Edition mit nach Hause brachte und mich ein paar Mal mit ihm und seinen Freunden spielen ließ. Ich erinnere mich nur daran, wie sehr mich das beeindruckt hat, weil ich bis dahin nur Spiele kannte, bei denen es im Grunde genommen ein Brett und klare Regeln gibt. Und bei „Dungeons & Dragons“ war alles eine Eigenkreation. Diese Freiheit war unglaublich.

    Jeremy Latcham: Ich war wahrscheinlich sieben Jahre alt und lebte in Oklahoma. Ich erinnere mich noch gut, dass es damals eine Veranstaltung in meiner Kirche an einem Sonntag gab, bei der es darum ging, dass „Dungeons & Dragons“ satanisch ist und man es nicht spielen darf. Und dann habe ich nie wieder davon gehört oder darüber gesprochen, bis ich erwachsen war, weil mir als Kind gesagt wurde, dass ich in die Hölle kommen würde, wenn ich „D&D“ spiele – ja, das war mein erster Kontakt mit dem Spiel.

    Vielleicht ist das ja auch gar nicht schlecht. Durch meine Sicht als Außenstehender sprechen wir nicht nur die Fans an, sondern können uns etwas breit gefächerter aufstellen. Wenn wir uns alle super mit dem Thema auskennen, könnte ja keiner die „Jeremys“ dieser Welt ansprechen. Ich hatte auch noch nie einen Marvel-Comic gelesen, bevor ich bei Marvel anfing.

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    Gemeinsam ins Abenteuer!

    FILMSTARTS: Wie habt ihr den Schauspieler*innen den Geist einer echten „D&D“-Runde vermittelt? Habt ihr gemeinsam eine Kampagne gespielt?

    Jonathan Goldstein: Ja, ich bin nach Belfast gekommen und wir haben ungefähr vier Stunden mit ihnen in ihren Rollen gespielt.

    FILMSTARTS: War es ein One-Shot? [Anm.: Ein in sich geschlossenes Spiel, das nach einer Sitzung beendet ist.]

    Jonathan Goldstein: Ja, es war ein One-Shot. Es hat ihnen auf jeden Fall geholfen, eine Perspektive für unsere Herangehensweise an den Film zu finden.

    John Francis Daley: Einige unserer Darsteller*innen haben auch schon vorher „D&D“ gespielt. Sophia [Sophia Lillis – sie spielt im Film die Tiefling-Dame Doric] hat vorher schon gespielt und auch Michelle [Michelle Rodriguez – spielt im Film die Barbarin Holga] hatte als Kind Berührungspunkte mit „D&D“ und Regé-Jean Page [spielt den Paladin Xenk] hat eine Menge Rollenspiele gezockt. Diese Session hat es ihnen außerdem erlaubt, sich frei in ihren Rollen auszuprobieren.

    Jonathan Goldstein: Es war ein bisschen wie bei einer Impro-Session.

    Jeremy Latcham: Chris Pine ist auch ein riesiger Fan – er spielt es auch mit seiner ganzen Familie und hat eine Runde mit seinem Vater und seinem Neffen. Es ist wie eine große Improvisations-Show, die er gemeinsam mit seiner Familie veranstalten. Das ist doch fantastisch!

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    Das "D&D"-Universum hat viele Geschichten zu bieten

    FILMSTARTS: Wie habt ihr eine Geschichte aus dem „D&D“-Universum ausgewählt? Es gibt in dieser Welt doch so viele verschiedene Ansatzpunkte und Möglichkeiten, etwas zu erzählen.

    John Francis Daley: Es gab ein Skript, das existierte, bevor wir an Bord kamen. Was uns daran besonders gefiel, war die Tatsache, dass es sich um einen Raubüberfall handelte, und wir dachten, das wäre ein lustiger Einstieg in diese Fantasy-Welt, denn das ist ein Sub-Genre, mit dem wirklich jeder vertraut ist. Zudem ist es auch ein guter Weg, um die Gruppe zusammenzuführen.

    Jonathan Goldstein: Wir haben nicht mit der großen Welt angefangen und uns überlegt, wie wir diese am besten in ihre Einzelteile runterbrechen könnten. Wir haben mit diesen Figuren und ihren eigenen kleinen Geschichten angefangen und haben es von dort aus erweitert, um die Vielfalt dieser Welt zu nutzen.

    FILMSTARTS an Jeremy Latcham: Wie viel Freiheit haben die Regisseure bei der Umsetzung ihrer Vision erhalten? War alles möglich?

    Jeremy Latcham: Alles war möglich. Ich glaube, dass wir von Anfang an wussten, dass das Studio uns das nötige Budget zur Verfügung stellen würde, um einen Film zu machen, der sich groß anfühlt. Als ich in das Projekt gekommen bin, habe ich sehr klar gemacht, dass wir das Budget eines Marvel-Films brauchen, um unsere Vision umzusetzen und um mit anderen modernen Blockbustern in Sachen visuelle Effekte mithalten zu können. Das Studio hat verstanden, dass der Versuch ein 50-jähriges Franchise wie „D&D“ auf die große Leinwand zu bringen, nicht halbherzig passieren kann.

    John Francis Daley: Ich war sehr davon überrascht, dass das Studio bereit war, uns viele praktische Effekte in den Film einbauen zu lassen. Praktische Effekte sieht man heutzutage nicht mehr so oft in großen Hollywood-Produktionen, da diese mehr Vorbereitung benötigen und oftmals auch teurer sind. Ich denke, es hat uns definitiv geholfen, dem Film diese authentische, taktile Ästhetik zu geben, die uns wirklich von anderen Big-Budget-Filmen abhebt und die sich auch sehr nach den Abenteuerfilmen der 80er- und 90er-Jahre anfühlt, die wir als Kinder gesehen und geliebt haben.

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    Rückkehr zum 80er-Jahre Fantasy-Charme

    FILMSTARTS: Wo ihr es gerade ansprecht: der Film fühlt sich also fast wie ein Fantasy-Film aus den 80er-Jahren an, auf die bestmögliche Art und Weise. Warum ist dieses Genre der lustigen Fantasy-Abenteuerfilme heutzutage fast ausgestorben?

    Jonathan Goldstein: Ich denke, zum Teil liegt das an der übermäßigen Abhängigkeit von Computereffekten. Auf eine seltsame Weise hat die unbegrenzte Freiheit, etwas am Computer zu erschaffen, dazu geführt, dass sich die Filme weniger geerdet, weniger real und schwerer nachempfindbar anfühlen. Wir reagieren nostalgisch auf die Filme aus den 80ern und 90ern, weil man das Gefühl hatte, dass man das Filmemachen stärker spüren konnte. Man wird zwar in eine andere Welt versetzt, aber gleichzeitig bereitet es auch Freude, wenn man sieht, wie die Effekte gemacht wurden – im Gegensatz zur kompletten Abstraktion der Spezialeffekte durch den Einsatz von Computern.

    John Francis Daley: Das soll nicht die unglaubliche Arbeit schmälern, die wir geleistet haben. Ich habe das Gefühl, dass ich das immer sagen muss, denn offensichtlich gibt es eine Menge visueller Effekte in unserem Film. Das Special-Effects-Team hat eine unglaubliche Arbeit geleistet, um die Welt aufzubauen.

    Jonathan Goldstein: Abseits der Effekte gibt es noch eine andere Sache, die unser Film mit den Fantasy-Filmen der 80er gemeinsam hat: Er ist nicht zynischer. Es gibt diese Art von Unschuld in diesen 80er-Filmen. Fast so, als wäre man in einem Kinderbuch. Und das ist auch die Stimmung, die wir erzeugen wollten – obwohl unsere Figuren erwachsen sind. Der Film scheißt nicht auf das Genre und unsere Figuren haben auch keine zynische Weltanschauung.

    Jeremy Latcham: Das Kino der 80er-Jahre in Amerika hatte etwas Hoffnungsvolles, das die Welt wirklich optimistisch sah, und ich glaube, je schwieriger die Welt geworden ist, desto zynischer und abgestumpfter werden die Leute. Das moderne Blockbuster-Kino ist oft eine reine Zerstörungsorgie, in welchen es nur noch darum geht, so viele Gebäude wie möglich zu zerstören und so viele Menschen wie möglich zu töten – da ist es doch mal schön eine Helden-Gruppe zu haben, die auf eine Reise geht, voneinander lernt und gemeinsam versucht, etwas zu erreichen.

    John Francis Daley: Es gibt noch eine Sache, die ich zu deiner Frage sagen möchte: Natürlich existieren einige wahnsinnig gute Fantasy-Filme und -Fernsehsendungen, aber leider gibt es auch viele wirklich beschissene, und ich denke, das hat das Publikum skeptisch gegenüber neuen Produktionen aus dem Fantasy-Bereich werden lassen.

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    Wie geht es mit dem "D&D"-Franchise weiter?

    FILMSTARTS: Wie sieht es mit Plänen zu einem Sequel aus?

    Jonathan Goldstein: Natürlich will jeder wissen, ob es eine Fortsetzung geben wird. Ich kann nur sagen, dass wir alles in diesen Film gesteckt haben. Wir haben uns wirklich keine Gedanken über Sequel-Pläne gemacht, denn das hätte bedeutet, das Pferd von hinten aufzuzäumen.

    John Francis Daley: Natürlich heißt das nicht, dass es nicht noch eine Million anderer Dinge geben könnte, die neu und aufregend sind und die wir erzählen könnten, wenn wir das Glück hätten, eine Fortsetzung zu machen.

    Jeremy Latcham: Ich denke, dass der Zwang in Hollywood falsch ist, immer gleich mit einem Universum zu planen und dem Publikum immer gleich 19 Filmen und 10 Fernsehserien vorzusetzen. Nach dem Motto: Ihr werdet es jetzt einfach mögen müssen.

    John Francis Daley: Die Zuschauer müssen mit Respekt behandelt werden. Oft scheinen die Studios zu glauben, dass das Publikum willenloses Vieh ist, das einfach nur stumpf konsumiert. Das sind sie nicht, das Publikum schätzt Sachen, die neu und aufregend und frisch sind. Wir haben einen guten Film gemacht und sehen, ob er den Leuten gefällt und falls das der Fall sein sollte, können wir weiterplanen.

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