Mein Konto
    Quentin Tarantino hat sich eines seiner Kult-Zitate in diesem verrückten Disney-Film abgeguckt - ein Streaming-Tipp
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sidneys Lieblingsfigur ist Donald Duck, sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“ und bereits in der Grundschule las er eine Walt-Disney-Biografie. Wenn er könnte, würde er ins Disneyland auswandern, aber da das nicht geht, muss ihn seine Disney-Sammlung bei Laune halten.

    Zwei Halunken haben eine Frau als Geisel und der einzige Zeuge ist ein Kater! Aus diesem Stoff spinnt „Mary Poppins“-Regisseur Robert Stevenson einen ungewöhnlichen Krimi, der Quentin Tarantino inspiriert hat und den ihr auf Disney+ streamen könnt!

    Ein Kater streunt von Jazzklängen begleitet durch die Nacht, womit er einen bulligen Hund verärgert. Das klingt wie der Auftakt einer typischen Disney-Komödie – allerdings zeigt sich bald danach, dass „Alles für die Katz“ kein Disney-Filmspaß vom Fließband ist. Denn er überrascht mit einem richtig fiesen Gangster-Duo, das sich ins Gedächtnis brennt.

    Auch in Quentin Tarantinos Gedächtnis, der sich ausgerechnet von diesem skurrilen Disney-Krimi zu einem der coolsten Sprüche seines Schaffens inspirieren ließ. Wer nun neugierig geworden ist, kann „Alles für die Katz“ bei Disney+ streamen.

    Warum ihr das tun solltet, will ich ich nun verraten...

    Das ist die Story von "Alles für die Katz"

    Die Räuber Iggy (Frank Gorshin) und Dan (Neville Brand) halten die Bankangestellte Margaret Miller (Grayson Hall) als Geisel, doch allmählich fällt sie ihnen zur Last. Margaret ahnt, dass bald ihr letztes Stündlein schlagen könnte, weshalb ihr der streunende Kater Tiger (im englischen Original: D.C.) gerade recht kommt.

    Unbeobachtet ritzt sie eine Botschaft in ihre Armbanduhr und hängt sie dem Tier um den Hals. Als Tiger wieder bei seinen Besitzerinnen aufkreuzt, wird eine von ihnen hellhörig: Die aufgeweckte Jugendliche Patricia Randall (Hayley Mills) schaltet das FBI ein. Dumm bloß, dass der zuständige Agent Zeke Kelso (Dean Jones) eine Katzenhaarallergie hat...

    Mit einem Kater unterwegs – und zwar "From Dusk Till Dawn"

    Lange, bevor wir Patricia und ihre ältere Schwester Ingrid (Dorothy Provine) kennenlernen, die zum Ärger einer erzkonservativen, empörten Nachbarin vorübergehend ohne elterliche Aufsicht leben, begegnen wir den Entführern. Und die machen unmissverständlich klar, dass „Alles für die Katz“ nicht durchweg das ist, was man bei einer Disney-Komödie von anno 1965 erwarten würde.

    Denn Drehbuchautor Bill Walsh und die sich am Skript beteiligenden Eheleute Gordon & Mildred Gordon, von denen die Romanvorlage zum Film stammt, lassen bei ihren Schurken die Samthandschuhe weg: Dan und Iggy sind kompetente Missetäter, die Frank Gorshin und Neville Brand ohne erheiterndes Augenzwinkern spielen, sondern so kernig, als seien sie geradewegs einem 30er-Jahre-Gangsterfilm entflohen.

    Mehr Simpsons-Sprecher als jeder andere Realfilm: Dieser 90er-Jahre-Blockbuster hält ungewöhnlichen Rekord

    Konsequenterweise könnten ihre Dialoge ebenso aus einem geradlinigen Thriller stammen. Mit kaltschnäuziger Selbstverständlichkeit sprechen sie darüber, dass ein weiterer Mord auch nichts mehr ändern würde, und sie diskutieren die geringe Nützlichkeit von Mülltonnen bei der Leichenentsorgung. Ein Spruch sollte sich jedoch als wegweisend für die filmische Zukunft herausstellen.

    Aus 10 wird 6: Tarantino zitiert "Alles für die Katz"

    Denn als Dan seiner Geisel rigoros aufzeigt, dass er für Fluchtversuche keinerlei Geduld hat, zeigt er ihr sein Schießeisen und mahnt mit abgeschmackter Coolness: I've got ten little lead-nosed friends in here, and they all run faster than you do, oder in der deutschen Synchro „Meine kleinen Freunde, zehn Stück stecken davon hier drin, die können alle viel schneller als Sie laufen.“

    Bei Fans des von Tarantino geschriebenen Ex-Index-Schockers „From Dusk Till Dawn“ dürften nun sämtliche Glocken läuten. Denn dort sagt der von George Clooney gespielte Killer Seth Gecko in einer ähnlichen Situation den nahezu identischen Satz: „I've got six little friends, and they can all run faster than you can“, respektive „Ich habe sechs kleine Freunde, die alle schneller laufen können als du.“

    Das ist kein Zufall, schließlich sind Seth Gecko und der von Tarantino verkörperte Richard Gecko so etwas wie die Hardcore-Evolutionsstufe von Dan und Iggy: Sie verstehen sich nahezu wortlos und sind dennoch voneinander frustriert – nicht zuletzt, weil Dan respektive Seth kompetenter und abgebrühter ist als sein impulsiv-paranoider Partner.

    Generell scheint der 1963 geborene Tarantino eine Schwäche für katzenstarke Disney-Filme zu haben, die während seiner Kindheit angelaufen sind. Schließlich inspirierte der fünf Jahre nach „Alles für die Katz“ erschienene Zeichentrickklassiker „Aristocats“ eine der berühmtesten Szenen aus „Pulp Fiction“...

    Gangster, Kater und Chaoten

    „Alles für die Katz“ lohnt sich aber nicht bloß, um Tarantinos Einflüssen nachzuspüren. Denn „Mary Poppins“-Regisseur Robert Stevenson schuf mit der skurrilen Krimi-Komödie ein Disney-Kleinod. Allein schon, wie mühelos er tonale Unterschiede ausbalanciert, ist beeindruckend!

    Denn so schroff die Gangster sind und so erbittert ihre Geisel um ihr Leben bangt, so lässig stromert Tiger durch die Nachbarschaft: Der von ihm angestoßene Slapstick ist kein greller Comedy-Tumult, sondern wird von Stevenson mit geradezu galanter Ruhe eingefangen. Dennoch werden die Lachmuskeln strapaziert, da das Timing präzise ist und das Chaos minutiös eingefädelt wird. Und dann sind da noch die Sketcheinlagen rund um die menschlichen Dickschädel:

    Dean Jones spielt seinen überforderten FBI-Agenten selbst in den peinlichsten Momenten mit stilvoller Contenance. Und es ist eine Wonne, Hayley Mills und ihre Filmschwester Dorothy Provine dabei zu sehen, wie sie an ihren unfähigen Schwärmen verzweifeln – der eine naschsüchtig (Tom Lowell), der andere ein luxuriös ausstaffiertes Muttersöhnchen (Roddy McDowall).

    Erstes Bild zum Disney-Remake: So sieht das neue "Schneewittchen" aus – aber auf den Film müssen wir nun länger warten!

    Schräge Randnotizen runden dieses außergewöhnliche Paket ab. Wie eine im Badeanzug präsentierte TV-Wettervorhersage speziell für Surfer. Oder Disney-Legende Ed Wynn als aufgescheuchter Juwelier. Und massig Seitenhiebe in Richtung der damals populären Strandparty-Filme von Exploitation-Legende Roger Corman (!), der Disney-Teenie-Star Annette Funicello abgeworben hatte.

    Kurzum: „Alles für die Katz“ liefert familienfreundliche, tierische Disney-Komik, bringt sie aber auf seine ganz eigene Weise zum Schnurren. Kein Wunder, dass Tarantino daran Gefallen findet.

    Dieser Disney-Film hat Generationen verstört, ist bei uns aber völlig unbekannt - ein Streaming-Tipp!

    *Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top