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    "Batgirl" landet bereits abgedreht in der Tonne: Darum wird der 90 Millionen Dollar teure Film der "Bad Boys 3"-Macher gecancelt
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Als zugelassener Rechtsanwalt interessiert sich Björn Becher auch für alle Filmthemen mit Jura-Bezug – von Justizfilmen über Fragen des Jugendschutzes bis hin Hollywoods Branchenprozessen.

    Hollywood ist in Aufruhr: Warner hat zwei bereits abgedrehte Projekte nun komplett gecancelt – ein ziemlich einmaliger Vorgang in der Branche. Dass u. a. „Batgirl“ nie erscheint, liegt wohl an Steuern und vor allem der neuen Führung bei Warner.

    DC

    Selbst Führungskräfte anderer Hollywood-Studios sollen aktuell fassungslos sein und dicke Fragezeichen über ihren Köpfen spazieren tragen: Wie nun bekannt wurde, will Warner „Batgirl“ sowie ein Sequel zu „Scooby! Voll verwedelt“ nie veröffentlichen. Das Studio hat entsprechende Berichte mittlerweile mit einer Stellungnahme bestätigt. Beide Filme wurden eigentlich für den Streamingdienst HBO MAX produziert und sollten direkt dort erscheinen. Beide Filme sind eigentlich nahezu fertig und wurden sogar bereits in Testvorführungen gezeigt.

    Dass vor allem der von den „Bad Boys 3“-Regisseuren Adil El Arbi und Bilall Fallah mit „In The Heights“-Shootingstar Leslie Grace in der Titelrolle sowie Michael Keaton als Batman, J.K. Simmons als Commissioner Gordon und Brendan Fraser als Bösewicht Firefly inszenierte „Batgirl“ nicht erscheint, sorgt für besonders massives Aufsehen. Schließlich war der Film Teil einer neuen Strategie. In der offiziellen Stellungnahme begründet Warner die Entscheidung nun nur damit, dass diese „den Wechsel in der Strategie unserer Führung reflektiert“. Doch was steckt dahinter?

    Es geht wohl nicht um die Qualität

    Auch wenn es zuerst in der New York Post hieß, dass „Batgirl“ ein desaströses Testscreening hatte, ist sich mittlerweile das Gros der Berichterstattenden weitestgehend einig, dass es nicht daran liegt, dass die beiden Filme vielleicht einfach schlecht wären. Über „Batgirl“ kursierten nämlich bereits auch andere Meldungen von Testvorführungsrunden durch uns als sehr vertrauenwürdig und gut informiert bekannte Insider. Und diese Tests seien trotz noch fehlender Effekte ordentlich ausgefallen.

    Warner-Insider verrieten gegenüber Variety auch, dass es nichts mit der Qualität zu tun habe. Warner erklärte zudem, dass man von all den beteiligten Personen begeistert sei. In der offiziellen Stellungnahme heißt es so auch, dass man hoffe, wieder mit ihnen zu arbeiten. „Scooby 2“-Macher Tony Cervone verriet in einer eigenen Stellungnahme, dass sein Film „quasi fertig ist und wunderschön geworden sei“. Er sei am Boden zerstört.

    Und seien wir zudem ehrlich: Mangelnde Qualität hat noch nie ein Hollywood-Studio oder einen Streamingdienst davon abgehalten, einen so teuren Film heraus zu bringen.

    Nur Kino-Blockbuster-Events und keine kleinen Streaming-Experimente

    Quellen der diversen Branchenmagazine aus dem Umfeld Warner greifen die offizielle Verlautbarung über den Strategiewechsel auf. Vor allem „Batgirl“ passe nicht mehr in die Strategie der neuen Führung des Studios, wieder mehr auf Blockbuster-Events zu setzen. In den vergangenen Jahren versuchte man bei Warner den Streamingdienst HBO Max zu pushen, was 2021 zu der für viele Diskussionen sorgenden Maßnahme führte, alle Blockbuster wie zum Beispiel „Dune“ parallel im Kino und auf HBO Max zu veröffentlichen.

    Es führte aber auch dazu, dass die damalige Warner-Führung grünes Licht für Streaming-exklusive Filmproduktionen gab. Dort sollten Titel mit kleinerem Budget entstehen, bei denen man vielleicht auch experimentieren kann. „Batgirl“ wurde so mit einem Budget von 70 bis 80 Millionen Dollar bewilligt, welches durch Corona auf 90 Millionen Dollar angewachsen sein soll.

    Kürzlich wurde Warner aber mit der Firma Discovery, Inc. zu einem neuen Medienunternehmen namens Warner Bros. Discovery zusammengeführt. Die neue Führung um den CEO und bisherigen Discovery-Boss David Zaslav setzt andere Prioritäten. Zaslav bevorzuge Event-Spektakel, große Blockbuster im Kino.

    Angeblich sehe er die Gefahr, dass „Batgirl“ die Marke DC und die Stellung der Comicverfilmung als ein solches großes Kino-Event beschädige. Denn der Film sei ja gerade bewusst kleiner inszeniert als die großen Kino-Abenteuer. Man hatte ja keine 200 Millionen Dollar zur Verfügung. Wenn jemand nun „Batgirl“ sehe, könne er denken, dass alle DC-Filme so (sprich: kleiner) seien – und sich beim nächsten großen Kinofilm sagen: „Da warte ich lieber auf die Streamingveröffentlichung, denn das muss ich ja nicht im Kino sehen.“

    "Batgirl" und die Probleme mit dem DCEU

    In „Batgirl“ spielt zudem Michael Keaton als Batman eine Nebenrolle, was den Warner-Verantwortlichen schon länger Kopfzerbrechen bereitet. Denn Keaton wird in „The Flash“ als neuer DCEU-Batman eingeführt. Dieser Film wurde nun aber durch die diversen Probleme, vor allem mit Hauptdarsteller Ezra Miller, verschoben (was hinter den Problemen steckt und warum der Film so ein Albtraum ist, haben unsere Kolleg*innen von Moviepilot schön ausgeführt).

    Kürzlich wurde deswegen schon für „Aquaman 2“ eine Szene, in welcher eigentlich Keaton zu sehen war, neu gedreht. Hier sprang noch einmal Ben Affleck als Batman ein. So beugt man dem Problem vor, dass sich das Publikum wundert, warum nun plötzlich ein anderer Batman zu sehen ist.

    Batman-Comeback von Ben Affleck in "Aquaman 2": Das steckt wirklich dahinter

    Bei „Aquaman 2“ handelt es sich aber wohl nur um eine kurze Szene, bei „Batgirl“ wäre ein solcher Nachdreh viel umfangreicher. Keaton soll zwar nur eine Nebenrolle haben, aber in mehreren Szenen auftreten. Ein Neudreh all dieser Sequenzen wäre logistisch wohl schon kaum möglich – und hätte zudem viel Geld gekostet. Und bei Geld sind wir wohl beim wahren Grund...

    Geht es am Ende einfach nur um Steuern?

    Das fehlende Spektakel von „Batgirl“ und die Frage, wie sich der Film in das (aber eigentlich ohnehin nur noch rudimentär existierende) DCEU einfügt, mögen eine kleine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben. Sie können aber nicht die treibende Kraft gewesen sein. Denn schließlich lassen sich diese Argumente nur kaum oder gar nicht auf das Sequel zu „Scooby! Voll verwedelt“ übertragen. Nein, am Ende geht es um das liebe Geld – aber anders als ihr denkt.

    Es geht nämlich wohl nicht darum, nun kein weiteres Geld in diese Filme zu stecken, denn die Produktionskosten sind fast komplett bereits angelaufen. Und die Marketing- und sonstigen Veröffentlichungskosten könnte man beim Streamingstart auf eine so geringe Summe reduzieren, dass sie eigentlich keine Rolle für so einen Konzern spielen. Nein, es geht um Steuern bzw. um das Steuernsparen.

    Das Branchenmagazin Variety berichtet, von mehreren Quellen mit Insiderwissen bei Warner erfahren zu haben, dass der erfahrene Geschäftsmann David Zaslav und sein Team einen Weg gefunden haben, mit der kompletten Abschreibung der Filme mächtig Steuern rund um die Gründung der neuen Firma Warner Bros. Discovery zu sparen. Damit könne man sich zumindest in den Büchern große Teile der für die Filme ausgegebenen Summen zurückholen. Dabei handelt es sich wohl um eine einmalige Situation, die auch nur so geht, weil halt gerade die neue Firma entstanden ist.

    Darum werden "Batgirl" & "Scooby! 2" wohl nie erscheinen

    Nebenaspekt dieses „Steuertricks“ ist aber, dass die Filme niemals (!) erscheinen dürfen. Denn sobald nur ein Cent damit verdient wird, funktioniere das ganze Modell nicht mehr. Dass sei auch der Grund, warum man die quasi fertigen Filme nicht einfach anderen Unternehmen wie zum Beispiel Netflix zum Kauf anbiete oder sie halt nicht einfach ohne irgendwelche Werbung und Aufsehen auf den eigenen Streamingdienst packt.

    Dass diese Steuertrick-Theorie wohl der wahre Grund ist, verdeutlicht auch das Timing. Denn noch bis Mitte August hat das nun neu enstandene Unternehmen Warner Bros. Discovery die Möglichkeit, Schulden des alten Unternehmens WarnerMedia aus seinen Büchern zu tilgen (und fragt uns nicht, wie das alles genau funktioniert, wir sind keine Buchhalter).

    Massive Kritik an Warner – noch Chance auf ein Umdenken?

    In den vergangenen Stunden gab es bereits massive Kritik an Warner. Dass mit „Batgirl“ ausgerechnet ein Film von zwei marokkanisch-stämmigen Regisseuren mit einer Latina-Schauspielerin in der Hauptrolle gestrichen wurde, wirft ein schlechtes Licht auf das Studio – auch wenn schnell Kommentare an Branchenmagazine durchgesteckt wurden, dass dies wirklich nur ein blöder Zufall sei.

    Miserabel war wohl trotzdem das Timing. Die „Batgirl“-Regisseure Adil El Arbi und Bilall Fallah weilten gerade in Marokko auf einer Hochzeit – und zwar der von El Arbi. Dort sollen sie den Anruf der Warner-Verantwortlichen erhalten haben, in welchem ihnen die Entscheidung mitgeteilt wurde. Dieses „Hochzeitsgeschenk“ sorgt für zusätzliche Kritik und Spott im Netz und zeigt nach Meinung vieler die Gefühlskälte der nur auf Geschäftszahlen achtenden Führung.

     -- UPDATE von 20.30 Uhr: Inzwischen haben sich die Regisseure zu Wort gemeldet. Wie sie reagiert haben, lest ihr hier:

    Nach dem "Batgirl"-Schock: So reagieren die Macher auf die Verbannung ihres DC-Films in den Giftschrank [UPDATE]

    Hier geht's mit dem ursprünglichen Artikel weiter:

    Auch hier sorgt aber womöglich der Zufall dafür, dass es einfach nur ziemlich schlecht aussieht: Es gab den Zeitdruck, es war davon auszugehen, dass die Entscheidung direkt an die Presse durchsickert (wie es auch geschehen ist). Es wäre so wohl noch schlimmer gewesen, die Regisseure nicht direkt zu informieren, sodass sie auf der Hochzeit von Dritten die Nachricht erfahren hätten.

    Die Frage ist nun, ob massive Kritik und ein möglicher Aufschrei vielleicht Warner doch noch zum Umdenken bewegen können. Einige Kommentator*innen halten das für möglich. Es ist aber schwer einzuschätzen. Vor allem spielt dabei natürlich die Frage eine Rolle, inwieweit das steuerrechtlich dann überhaupt möglich wäre, wenn die geplante Abschreibung und Änderung der Bücher erst einmal vorgenommen wurde. Daher wollen und können wir da keine Prognose abgeben, wie groß die Chance ist, dass nach all dem Trubel „Batgirl“ und/oder „Scooby 2!“ doch noch erscheinen.

    Falls ihr wissen wollt, wie Leslie Grace als Batgirl ausgesehen hätte. Bereits Anfang des Jahres veröffentlichte die Hauptdarstellerin ein Bild von sich in der Rolle, in der wir sie nun womöglich nie sehen werden:

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